Beamte und Pensionäre in Baden-Württemberg
Gewerkschaft kritisiert langes Warten auf Erstattung von Arztrechnungen
Wenn Beamte zum Arzt gehen, schießen sie die Kosten dafür meist vor und bekommen einen Teil davon vom Staat erstattet. Das dauert teilweise wochenlang. Auch die Gewerkschaften äußern ihren Unmut darüber – und stellen eine zentrale Forderung.
Von red/dpa/lsw
Hunderttausende Beamtinnen und Beamte sowie Pensionäre in Baden-Württemberg müssen teilweise monatelang auf die Erstattung von Arztrechnungen oder Medikamentenkosten durch das Land warten. Gewerkschaften zufolge sind die Bearbeitungszeiten sogenannter Beihilfeanträge in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen. „Wir bekommen täglich Mails von Kolleginnen und Kollegen, die acht Wochen auf eine Erstattung warten. Das ist keine Seltenheit“, sagte Kai Rosenberger, Vorsitzender des baden-württembergischen Beamtenbunds (BBW). Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht von einem größeren Problem.
Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg laut Finanzministerium rund 350 000 Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfänger – also Pensionäre oder Hinterbliebene – die einen Anspruch auf Beihilfe haben. Bei ihnen übernimmt der Staat einen Teil der Gesundheitskosten, also etwa von Arzt- oder Krankenhausrechnungen. Dabei strecken die Beamtinnen oder Beamten die Kosten zunächst vor und reichen sie dann zur Erstattung ein. Für den restlichen Teil der Kosten schließen die meisten Beamten noch eine private Krankenversicherung ab.
„Viele Beamten gehen teils tausende Euro in Vorleistung“
Aus Sicht des Beamtenbunds sind die langen Wartezeiten bei der Beihilfe ein großes Ärgernis. „Viele Beamten gehen teils tausende Euro in Vorleistung. Das ist nichts anderes als ein zinsloses Darlehen und das kann so nicht weitergehen“, sagte Rosenberger. Wie berichtet lagen laut Auskunft des Finanzministeriums auf einen CDU-Antrag hin Mitte Juli mehr als 203 000 Anträge beim LBV zur Bearbeitung vor. Davon seien gut 28 Prozent älter als sechs Wochen gewesen. Die Auszahlung der Beihilfe erfolge zu oft nach Ablauf der Zahlungsfristen, wodurch für Bezieher niedriger Einkommen und bei größeren Beträgen eine prekäre Lage entstehe, rügt die CDU.
Das zuständige Finanzministerium führt die Wartezeiten vor allem auf eine gestiegene Zahl an Anträgen zurück. Für 2024 werde mit einem Plus von 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gerechnet, teilte ein Sprecher mit. „Und das alles bei einem im Wesentlichen unveränderten Personalbestand. Infolgedessen kommt es derzeit bei den Fällen, bei denen eine personelle Sachbearbeitung notwendig ist, zu längeren Bearbeitungszeiten“, so der Sprecher.
Ziel ist dem Sprecher zufolge, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit vier Wochen, also 20 Arbeitstage, nicht überschreiten soll. Derzeit liege die durchschnittliche Wartezeit bei 19,6 Arbeitstagen. Aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der CDU-Fraktion im Landtag geht hervor, dass Anfang Juli knapp 30 Prozent aller unbearbeiteten Anträge auf Beihilfe sechs Wochen oder älter waren.
Es braucht mehr Stellen
Laut Finanzministerium optimiert das für die Anträge zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) seine Prozesse ständig und setzt auch Künstliche Intelligenz bei der Bearbeitung ein. Zudem habe man bereits mit Samstagsarbeit, Überstunden und Umschichtung von Personal versucht, die Wartezeiten zu verkürzen. „Diese Maßnahmen sind jedoch weitgehend ausgereizt“, so der Sprecher.
Kai Rosenberger vom Beamtenbund sieht die Schuld für die langen Wartezeiten nicht bei den Bearbeitern im LBV. „Die Kolleginnen und Kollegen tun alles, was sie können, aber mit diesem Personalbestand kann das nicht erledigt werden“, sagte er. Dafür brauche es deutlich mehr Stellen.