Auftaktniederlage der Handballerinnen

Tränen nach dem Schock – wie geht’s nach dem „Arschtritt“ weiter?

Die deutschen Handballerinnen haben ihr Auftaktspiel bei den Olympischen Spielen überraschend verloren. Der Schock darüber saß tief. Wie geht es nun weiter?

Der große Wurf war’s noch nicht. Nach der Auftaktniederlage stehen die deutschen Handballerinnen bereits unter Druck.

© dpa/Marcus Brandt

Der große Wurf war’s noch nicht. Nach der Auftaktniederlage stehen die deutschen Handballerinnen bereits unter Druck.

Von Dirk Preiß

In Halle sechs der Arena Sud in Paris wussten die Handballerinnen aus Südkorea am Ende gar nicht mehr wohin mit ihrer Freude. Für ihren Betreuer galt das sowieso. Der war schon nach der Schlusssirene wie entfesselt aufs Spielfeld gestürmt, hatte im Kreis mit den Spielerinnen getanzt – und herzte auch Minuten nach dem Ende der Partie jeden und jede, der oder die ihm in den Weg kam. Den 23:22-Erfolg gegen Deutschland – das war zu sehen, stufte man im asiatischen Lager durchaus als nicht ganz selbstverständlich ein.

Wenige Meter neben dem südkoreanischen Glücksflummi: das deutsche Kontrastprogramm. Antje Döll kämpfte noch immer mit den Tränen.

Die Gefühlsregungen der Linksaußen standen für jene des gesamten Teams. Da war Ärger über die eigene Leistung, vor allem nach einer 18:14-Führung in Hälfte zwei. Da war Enttäuschung, den Start ins olympische Turnier vermasselt zu haben. Da war aber auch so ein bisschen ein Schockzustand – verbunden mit der Frage: Wie konnte passieren, womit eigentlich niemand im deutschen Handballlager gerechnet hatte?

Schnell gelangte man zur Vermutung, die Aufregung sei ein bisschen zu groß gewesen – schließlich hatte noch keine deutsche Spielerin zuvor bereits Olympische Spiele erlebt. 2008 war das deutsche Frauenteam zuletzt dabei gewesen. Doch Emily Bölk („Das ist ein enttäuschender Auftakt“) meinte, auf die Wucht der Eindrücke sei man eigentlich gut vorbereitet gewesen. Es waren denn auch eher spielerische Lösungen, die am Donnerstagabend einfach fehlten. Vor allem, nachdem die Südkoreanerinnen kurzzeitig mit sieben Feldspielerinnen agierten.

Nach der Enttäuschung kommt der Kampfgeist

Markus Gaugisch, der Trainer, kündigte eine „klare Fehleranalyse“ an – von Strafmaßnahmen wollte er aber absehen. Auf die Frage, wie es nun mit der Teilnahme an der Eröffnungsfeier am Freitagabend sei, meinte der 50-Jährige, der Lehrer ist: „Ich weiß nicht, ob es pädagogisch wertvoll ist, auf eine Leistung eine Strafe folgen zu lassen.“ Man werde die Teilnahme von der Belastungssteuerung abhängig machen.

Ansonsten kam, je länger die Schlusssirene verklungen war, auch Trotz und Zweckoptimismus auf im deutschen Lager. „Vielleicht“, mutmaßte Emily Bölk, „war das der allerletzte Arschtritt, um zu wissen, dass wir immer 100 Prozent brauchen.“ Meike Schmelzer ergänzte: „Es sind noch vier Spiele, in denen wir vier Siege holen können. Ich werde jetzt nicht sagen: Wir können nach Hause fahren.“ Und auch Antje Döll kramte irgendwann neues Selbstbewusstsein hervor: „Wir können auch Schweden schlagen.“

Die Skandinavierinnen sind am Sonntag (14 Uhr) der nächste Gegner der deutschen Handballerinnen, die weiter den Einzug ins Viertelfinale als Ziel haben. Allerdings, das machte Axel Kromer, der Sportvorstand des Deutschen Handball-Bundes (DHB) deutlich, wird es ab sofort „kein Spiel geben, das auf dem Papier leichter ist“ als jenes gegen Südkorea. Es folgen noch Slowenien (Dienstag), Dänemark (1. August) und Norwegen (3. August). Klar aber ist: Die „zwei verlorenen Punkte“ (Xenia Smits) muss sich das Team in einer anderen Partie gegen einen eher favorisierten Kontrahenten quasi zurückholen.

„Die Spielerinnen müssen weiter an sich glauben“, sagte Axel Kromer. Damit beim nächsten Mal sie selbst nach der Schlusssirene durch die Halle hüpfen können. Falls Fragen aufkommen sollten, wie man das möglichst euphorisch macht: einfach beim südkoreanischen Betreuer nachfragen.

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Erstellt:
26. Juli 2024, 11:46 Uhr

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