Umweltschonende Stromproduktion: Jeder Beitrag zählt
Die Energieagentur Rems-Murr hat in Murrhardt eine Aktionswoche mit kostenloser Beratung rund um die Installation von Fotovoltaikanlagen angeboten. In der Walterichstadt haben sich 14 Haushalte gezielt informiert und einige folgen noch.
Von Christine Schick
Murrhardt. Es ist kühl, aber es herrscht freundlich-sonniges Herbstwetter an diesem Nachmittag, der sozusagen Energie feilbietet und Solaranlagenbesitzer erfreuen müsste. Zu denen gehören Marion und Klaus Scheib mit ihrer kleinen Solarthermieanlage bereits, die in Murrhardt-Siegelsberg leben. Allerdings heizen sie noch mit Öl, und das Ehepaar denkt darüber nach, auf dem Dach eine größere Anlage zu installieren. Insofern lassen sich die beiden von Uwe Schelling beraten, der im Rahmen der Aktionswoche der Energieagentur Rems-Murr in Murrhardt etliche Termine absolviert, um sich die Verhältnisse vor Ort anzusehen und eine Einschätzung geben zu können. Im Gespräch wird klar, dass die beiden planvoll vorgehen wollen. Zum einen möchten sie dem Umweltschutz Rechnung tragen, zum anderen eine Fotovoltaikanlage gut und gezielt einsetzen. Insofern ist die Überlegung, die alte Ölheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen und dies gleichzeitig mit der Solarenergieproduktion abzustimmen. Das hält Uwe Schelling für eine gut Idee, auch wenn er darauf verweist, dass es in puncto Heizung noch mal einen gezielten spezifischen Eignungscheck gibt.
Die Grundüberlegung: Wer eine Fotovoltaikanlage betreibt, produziert Strom – tagsüber, wenn die Sonne scheint. Idealerweise kann der auch gezielt genutzt werden, beispielsweise über den Stromverbrauch einer Wärmepumpe oder ein Elektroauto, das aufgeladen wird. Denn nicht jeder kann auch noch zusätzlich in Speicher investieren. Salopp gesagt, ist mal zu viel Strom – tagsüber, mal zu wenig vorhanden – der Abend- und Nachtverbrauch ist nicht unbedingt gedeckt.
Trotzdem ist Uwe Schelling von der Projektidee angetan. „Die Ausrichtung nach Süden ist ideal“, sagt er mit Blick auf das Ziegeldach. Grob überschlagen könne er sich eine Anlage vorstellen, die einen Verbrauch von 7000 bis 8000 Kilowattstunden pro Jahr abdeckt. Das liegt zwar deutlich über dem der Familie, aber ein Teil der Stromproduktion ließe sich einspeisen, und so könne sich die Anlage mit Kosten von rund 9000 Euro in etwa zehn bis zwölf Jahren amortisieren.
Eine Förderung für die Anlagen gibt es nicht, aber die Einspeisung wird vergütet
Und die Rahmenbedingungen? „Gibt es denn zurzeit eine Förderung für Fotovoltaikanlagen?“, erkundigt sich Klaus Scheib. Schelling schüttelt den Kopf. „Im Grunde genommen ist die Einspeisevergütung Ihre Förderung.“ Angesprochen wird außerdem die Frage, ob der Netzbetreiber die Option nutzt, in Spitzen der Stromproduktion unter Umständen die Einspeisung zu unterbrechen und abzuschalten, um eine Überlastung auszuschließen. Das hält Schelling im Moment noch für unwahrscheinlich. Allerdings wirft Marion Scheib auch ein, dass in Siegelsberg ein neues Wohnbaugebiet entsteht und mit ihm die eine oder andere Familie auch über die Installation einer Solaranlage nachdenken dürfte. Der Gang durchs Haus zeigt, dass die Familie energiespartechnisch schon einiges bedacht hat. LED-Lampen, abschaltbare Steckdosenleisten, neuer Standard bei Elektrogeräten. Die alte Solarthermieanlage würde der Berater weiterlaufen lassen. Die Bedingungen bei Scheibs sind insgesamt gut und ihr Projekt bewegt sich am oberen Ende der Skala, berichtet Uwe Schelling. Die Spanne reicht von einer großen Solaranlage mit zehn bis zwölf Kilowatt Peak bis hin zu zwei Einzelsteckmodulen, die sich beispielsweise am Balkon wind- und wetterfest installieren lassen. Letztere Variante ordnet Schelling nicht als Spielerei ein, auch sie kann ein wenn auch kleinerer Beitrag zu einer umweltverträglicheren Stromproduktion sein.
Nichtsdestotrotz gibt es auch Hindernisse, an denen Projekte scheitern. Die Gründe können technischer oder umsatzstrategischer Natur sein: Das Dach ist zu klein, trägt nicht oder muss demnächst saniert werden, die Elektroinstallationen im Haus sind zu alt beziehungsweise der Umbau ist mit großen Investitionen verbunden oder bei einem Mehrfamilienhaus bedeutet eine gemeinsam genutzte Anlage einen Verwaltungsaufwand, der größer als der Nutzen ist, erläutert Schelling. Zudem muss der Denkmal- und Ensembleschutz beachtet werden.
Auch die Frage der Entsorgung thematisieren Marion und Klaus Scheib beim Beratungstermin. Aus Sicht von Uwe Schelling ist dieses Problem gelöst, die Materialien könnten größtenteils recycelt und die Stoffe später wiederverwendet werden. Wie sieht es mit Rohstoffknappheit aus? Auch hier ist der Energieberater optimistisch. Der Grundstoff Silicium, das in einem sortenreinen speziellen Sand vorkomme, und Glas, das vor allem aus Quarz und somit auch aus Sand bestehe, seien relativ gut verfügbar. Der Anteil an Kupfer und Aluminium halte sich in Grenzen.
Und wie war die Resonanz in Murrhardt? In der Aktionswoche haben sich 19 Haushalte bei der Energieagentur Rems-Murr gemeldet, um sich beraten zu lassen. 14 Termine sind absolviert, fünf weitere stehen auf der Warteliste. „Ich freu mich über jeden, der sich für das Thema und die Beratung interessiert“, so Schelling.
Schulterschluss Die Stadt hat die Aktionswoche unterstützt. Die Stadtwerke teilen zudem mit: „Auch die Stadt und die Stadtwerke Murrhardt möchten bei dem Thema in nächster Zeit deutlich mehr in die Offensive gehen. So ist bei der Stadt inzwischen die konkrete Planung einer Großflächen-PV-Anlage in der ,Froschgrube‘ zusammen mit der Süwag angelaufen. Die Stadtwerke werden sich im kommenden Jahr damit beschäftigen, Dachflächen im Umfeld ihrer Holzhackschnitzelheizwerke zusätzlich mit Solarthermieanlagen auszustatten. Damit können auch im Sommerhalbjahr große Mengen an CO2-freier Sonnenenergie in die Wärmenetze gebracht werden.“
Kontakt Mehr zu Angebot und Beratungsmöglichkeiten der Energieagentur Rems-Murr findet sich im Netz unter https://energieagentur-remsmurr.de.