Russischer Angriffskrieg in der Ukraine

Vance droht mit Rückzug aus Ukraine-Friedensgesprächen

Die Beratungen über ein Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine kommen nicht so recht vom Fleck. Die USA scheinen nun immer ungeduldiger zu werden. Das zeigen auch Worte von US-Vize Vance.

US-Vizepräsident JD Vance

© Pool The New York Times via AP/Kenny Holston

US-Vizepräsident JD Vance

Von red/dpa

Die US-Regierung erhöht den Druck auf Russland und die Ukraine, ein Friedensabkommen zu schließen. „Wir haben sowohl den Russen als auch den Ukrainern einen eindeutigen Vorschlag unterbreitet, und es ist an der Zeit, dass sie entweder „Ja“ sagen, oder dass die Vereinigten Staaten sich aus diesem Prozess zurückziehen“, sagte US-Vize JD Vance während eines Besuchs in Indien und nahm dabei Bezug auf frühere Aussagen von US-Außenminister Marco Rubio. 

„Ich glaube, wir haben einen sehr fairen Vorschlag gemacht. Wir werden sehen, ob die Europäer, die Russen und die Ukrainer letztendlich in der Lage sind, diese Sache über die Ziellinie zu bringen“, sagte Vance weiter. Er sei aber „ziemlich optimistisch“. Alle hätten in guter Absicht verhandelt, nun sei es an der Zeit, die finalen Schritte zu gehen. Das Ziel sei ein „langfristiger Frieden“. Sowohl die Ukrainer als auch die Russen müssten einen Teil des Territoriums, das sie derzeit kontrollieren, aufgeben, betonte der US-Vize. „Wir hoffen, dass uns die Russen und Ukrainer auf halbem Weg entgegenkommen.“

Rubio nicht bei Gesprächsrunde in London

Eigentlich wurde Rubio heute zu einer weiteren Gesprächsrunde in London erwartet - sagte seine Teilnahme allerdings kurzfristig ab. Gesprochen wurde am Mittwoch in der britischen Hauptstadt dann nur noch auf Beraterebene, nicht unter Außenministern. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums gab logistische Gründe für Rubios Abwesenheit an - die Erwartungen an schnelle Fortschritte in London für einen Frieden in der Ukraine wurden deshalb gedämpft.

Vor einer Woche hatte der US-Minister noch ein ähnliches Treffen in Paris besucht. Die „New York Times“ berichtete, Rubio habe am Dienstag beschlossen, die nächste Phase der Gespräche auszulassen. Das Treffen in London sei danach herabgestuft worden, schrieb das Portal „Politico“.

Russland und Ukraine sollen Teil des Territoriums aufgeben

Vance äußerte sich dafür umso deutlicher in Indien. Die USA hätten ein „außerordentliches Maß“ an Diplomatie betrieben und versucht, „die Dinge aus der Perspektive sowohl der Ukrainer als auch der Russen zu verstehen“, sagte der Vize von US-Präsident Donald Trump.

Einen genauen Zeitraum, bis wann beide Seiten „Ja“ sagen müssten, nannte er nicht. US-Medien zufolge war auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff nicht in London dabei. Er soll demnach in den kommenden Tagen erneut nach Moskau reisen, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über eine Beendigung des Angriffs zu beraten.

Verwirrung in London

Dass Rubio nicht nach London gereist war, hatte für einige Verwirrung gesorgt. Der britische Außenminister David Lammy teilte auf der Plattform X mit, er habe mit Rubio telefoniert. Großbritannien arbeite mit den USA, der Ukraine und Europa zusammen, um Frieden zu erreichen und die illegale Invasion des russischen Präsidenten zu beenden, schrieb Lammy.

In London fehlte auch der französische Außenminister Jean-Noel Barrot, stattdessen nahm Präsidentenberater Emmanuel Bonne an den Beratungen teil. Berlin entsandte - wie bereits nach Paris - den Kanzlerberater für Außen- und Sicherheitspolitik, Jens Plötner, zu den Verhandlungen.

Konflikt zwischen Kiew und Washington die Ursache?

Rubios Absage erfolgte kurz nachdem Selenskyj Gebietsabtretungen ausgeschlossen hatte. „Da gibt es nichts zu bereden. Das steht außerhalb unserer Verfassung“, sagte der Staatschef in Kiew. Selenskyjs Worte dürften eine Reaktion auf Medienberichte gewesen sein, wonach Trumps „letztes Angebot“ eine juristische Anerkennung der von Moskau annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim als russisch beinhalte. Daneben werde die Besetzung weiterer unter russischer Kontrolle stehender ukrainischer Gebiete faktisch geduldet.

Moskau solle sich im Gegenzug verpflichten, die Invasion entlang der derzeitigen Frontlinie einzufrieren, berichtete die „Financial Times“ unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das Einfrieren der Front ist laut Militärexperten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) dabei noch kein Garant für einen künftigen Frieden. Russland könne die Pause in den Kampfhandlungen für weitere Aufrüstung und eine spätere Wiederaufnahme der Aggression nutzen, vor allem wenn im Abkommen ein Moratorium auf westliche Waffenhilfe an die Ukraine festgeschrieben sei.

Zudem wollte Kremlsprecher Dmitri Peskow nicht bestätigen, dass Moskau überhaupt mit der Möglichkeit eines Stopps der Kämpfe an der aktuellen Frontlinie einverstanden sei. Es kursierten derzeit viele Falschmeldungen in den Medien, doch mögliche Konturen einer Einigung wären nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Gleichzeitig spekulierte er selbst öffentlich darüber, dass das avisierte hochrangige Treffen in London wegen Differenzen zwischen Kiew und Washington gescheitert sei.

Konsequenzen für die Ukraine

Ein Rückzug der USA - in dem Fall womöglich auch als Unterstützer - würde für die Ukraine eine massive Schwächung in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Invasion bedeuten. Das von Präsidentenberater Andrij Jermak geführte hochrangige ukrainische Verhandlerteam in London reagierte vorerst gelassen. Außenminister Andrij Sybiha postete am frühen Mittag ein Foto mit Lammy, in dem er Großbritannien für die Unterstützung dankte. Das Team werde über Möglichkeiten zur Stärkung der Ukraine und der Erreichung eines dauerhaften Friedens reden, schrieb er.

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Erstellt:
23. April 2025, 15:56 Uhr
Aktualisiert:
23. April 2025, 17:38 Uhr

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