Internationaler Tag der Linkshänder
Von Menschen und Tieren: Alles mit Links gemacht
Am 13. August ist Internationaler Tag der Linkshänder. Weltweit ist etwa jeder zehnte Mensch Linkshänder. Doch wie ist das bei Katze, Hund oder gar beim Oktopus? Das interessiert auch die Forschung.
Von Markus Brauer/dpa
Wer seiner Linken mehr vertraut als seiner Rechten hat es nicht immer leicht im Leben. Linkshändigkeit galt – und gilt – vielerorts als Makel. Wer morgens mit dem linken Fuß aufsteht, ist schlecht gelaunt. Wer was mit links macht, dem traut man schwierige Aufgaben nicht zu. Wer zwei linke Hände hat, den hält man für einen Vollversager. Wer mit links schreibt, wird auch sonst nicht gerade der Hellste sein.
Linkshänder haben aller Aufklärung zum Trotz bis heute mit sozialer Ablehnung, unpraktikablen Normen und hanebüchenen Vorurteilen zu kämpfen.
Links und rechts – nur vertikale Beschreibungen
Haben Sie als Rechtshänder (was die meisten sind) schon mal versucht, eine Dose mit links zu öffnen oder zur Begrüßung der rechten Hand ihres Gegenübers ihre linke entgegenzustrecken?
Dabei sind links und rechts im Grunde nichts anderes als vertikale Beschreibungen, welche die Richtung angeben. Im Laufe der Menschheitsgeschichte wurde aus der Frage der Perspektive allerdings eine ideologisch aufgeladene Debatte um richtig oder falsch, Wahrheit oder Lüge.
Sprache wirft ein schlechtes Licht auf Linkshändigkeit
Wie eine Gesellschaft tickt, drückt sich in ihrer Sprache aus. Die Etymologie (Wortherkunft) wirft ein eher schlechtes Licht auf Linkshändigkeit: Während die sprachgeschichtliche Wurzel von rechts auf das indogermannische „reg“ (aufrichten, geraderücken, recken) zurückgeht, kommt links vom mittelhochdeutschen „linc“/„lenc“. Daraus entstanden Zeit negativ besetzte Begriffe wie „linken“ (betrügen), „linkisch“ (ungeschickt) und „link“ (hinterhältig).
Links hat einen schlechten Ruf
Seit der Antike steht die linke Körperhälfte in einem denkbar schlechten Ruf:
- Das lateinische Wort für links, „sinistrum“, meint auch böse, düster, unheilvoll.
- Die davon abgeleiteten Begriffe „sinister“ (deutsch), „siniestro“ (spanisch) und „sinistre“ (französisch) betonen ebenfalls das Bedrohliche und Unheimliche.
- Demgegenüber steht das lateinische Pendant „dexter“ (rechts) für Aufrichtigkeit, Beständigkeit und Geschicklichkeit.
- In vielen indogermanischen Sprachen steht rechts für das Wahre und Gute (englisch: „right“, spanisch: „derecha“, französisch: „droit“, deutsch: „richtig“).
Kein linkes Shakehand unter Muslimen
Im Volksglauben gilt die linke Seite als die ungünstigere. Wenn man die Linke reicht, bringt das Unglück.
Auch die Religion hatte bei der Händigkeit stets ihre Finger im Spiel. Im Islam etwa gilt die linke Hand durch die rituelle Waschung nach dem Toilettengang und Berührung bestimmter Körperteile als unrein, weshalb man sie weder zum Essen noch Shakehands benutzt.
Berühmte Linkshänder/innen
Viele Tiere haben eine dominierende Pfote
Dass Linkshänder im Alltag auf so manche Herausforderung. stoßen, gilt nicht nur für Menschen. Neuere Forschungen belegen, dass auch Tiere eine bevorzugte Pfote oder Flosse haben können – bis hin zum Lieblingsarm beim Oktopus.
Früher galt Händigkeit als ein ausschließlich menschliches Phänomen. Darum ist auch der 13. August seit den 1990er Jahren weltweit den Linkshändern gewidmet. Das ist rund jeder zehnte Mensch, wie eine 2021 vorgestellte internationale Studie ausführt. Mitgeforscht hat daran der Biopsychologe Sebastian Ocklenburg von der Medical School Hamburg.
„Händigkeit ist eine Form hemisphärischer Asymmetrie, also eine Dominanz einer Hirnhälfte für bestimmte Tätigkeiten“, erläutert Ocklenburg. Diese werde durch genetische Faktoren und Umweltfaktoren beeinflusst. Das gelte ebenso für Tiere. In vielen Tierarten zeige sich eine Links-Rechts-Präferenz.
Pfotigkeit, Krallenpräferenzen, Händigkeit
Gemeinsam mit den Biopsychologen Felix Ströckens und Onur Güntürkün hat Ocklenburg in einer Studie 119 verschiedene Tierarten analysiert: von der Pfotigkeit bei Katzen über Krallenpräferenzen bei Papageien bis hin zur Händigkeit bei Affen. Auch um Amphibien, Fische und Reptilien ging es in der Studie. Dabei fanden die Forscher heraus, dass in rund einem Drittel der Arten die Tiere keine klare Vorliebe für eine Seite zeigten.
Dagegen bevorzugten die Tiere in der Mehrzahl der Arten eine bestimmte Seite. Unter ihnen war auch eine ganze Reihe von Tieren, die Aufgaben am liebsten mit links erledigen. So wie Menschen insgesamt eher dazu tendieren, rechtshändig zu sein. „Diese Ergebnisse machen deutlich, dass Gliedmaßen-Präferenzen die Regel und nicht die Ausnahme im Tierreich sind“ unterstreicht Ocklenburg.
Weitere Untersuchungen konzentrierten sich auf Haustiere. In einer Metaanalyse dazu zeigte sich, dass mehr als drei Viertel der untersuchten Katzen entweder rechtspfotig oder linkspfotig waren. Etwa jede vierte Katze nutzte beide Pfoten gleich häufig. Auch bei Hunden war ein ähnliches Muster zu beobachten: mehr als zwei Drittel bevorzugten entweder die linke oder die rechte Pfote.
Seitenpräferenz bei Tieren mit Flossen
Interessanterweise könnten auch Tiere, die keine Arme oder Beine im klassischen Sinne haben, eine Art von Händigkeit zeigen, berichtet Ocklenburg. Ein Team um die Umweltwissenschaftlerin Annette Sieg von der Universität Michigan beobachtete zum Beispiel für eine Studie Lederschildkröten und stellte eine Vorliebe für rechts fest. Das bedeutet, dass die Weibchen dieser Schildkrötenart beim Eierlegen oft die rechte hintere Flosse benutzten, um ihre Eier abzudecken.
Selbst wirbellose Tiere mit einfachen Nervensystemen können Präferenzen bei Gliedmaßen zeigen. In einer im „The Biological Bulletin“ veröffentlichten Studie beobachteten Forschende die Gazami-Krabbe, eine Art Schwimmkrabbe, die im ostasiatischen Raum viel gefischt und gegessen wird. Das Ergebnis: Bei der Nahrungssuche öffnet sie Muscheln häufiger mit der rechten als mit der linken Schere.
Nun könnte man meinen, dass nur Tiere mit zwei vorderen Gliedmaßen eine klare Seitenpräferenz zeigen. Weit gefehlt: Eine ältere Studie des Konrad-Lorenz-Instituts für Evolutions- und Kognitionsforschung in Österreich ergab, dass sogar achtarmige Lebewesen wie Tintenfische einen Lieblingsarm haben, um nach bestimmtem Futter zu greifen.
Versuche mit Haustieren
Genau wie Menschen sind viele Tierarten mit einem ihrer Gliedmaßen geschickter. Mit einfachen Tricks können Haustierhalter selber herausfinden, welche Pfote ihr Vierbeiner bevorzugt. „Im Prinzip machen es die meisten Leute mit ‚Food Reaching‘-Aufgaben“, erklärt Biopsychologe Ocklenburg.
Das sind Aufgaben, bei denen das Tier nach Futter greifen muss. So lässt sich etwa ein Leckerli in einer Röhre verstecken, die so eng ist, dass nur eine Pfote hindurchpasst. „Benutzt das Tier mehrere Male hintereinander dieselbe Pfote, um an das Futter zu kommen, dann weiß man: Das Tier ist rechts- oder eben linkspfotig.“