Olympia-Kolumne aus Paris
Von Müller bis Antetokounmpo – die Poesie der olympischen Namen
Bei den Spielen in Paris lauern einige Zungenbrecher und Kuriositäten – die werden auch für erfahrene Reporter zur Herausforderung.
Von Jochen Klingovsky
Schon als junger Reporter lernt man, dass Namen Nachrichten sind – und folglich besser nicht falsch geschrieben werden sollten. Und noch etwas bekommt man von erfahrenen Kollegen mit auf den Weg: über Namen keine Witze zu machen. Weil Sommerspiele ein Ort sind, an dem es auch um Regeln und deren Beachtung geht, halten wir uns natürlich an diese Vorgaben. Olympische Namensforschung zu betreiben, hat uns allerdings niemand untersagt.
Im deutschen Olympia-Sport gab es einst die unvergessene Biathletin Simone Greiner-Peter-Memm, über die ein Kollege mal schrieb: „Ein Name wie eine ganze Staffel.“ Ähnliches hat das Team D in Paris nicht zu bieten. Dafür müllert es ganz ordentlich. Hannes Müller (Hockey), Jette Müller (Turmspringen), Kim Lea Müller (BMX Freestyle), Laura Raquel Müller (Weitsprung), Lisa Müller (Schießen), Mathias Müller (Hockey), Svenja Müller (Beachvolleyball) – dieser Name bürgt offenbar nicht nur im Fußball (Gerd, Dieter, Thomas) für Qualität. Und auch nicht nur in Deutschland. In Paris starten zudem die französische Schützin Oceanne Muller und der tschechische 400-Meter-Läufer Vit Müller. Allerdings ist die Müller-Clique weit davon entfernt, Rekordhalter zu sein: Im chinesischen Team gibt es allein 20 Athleten mit dem Nachnamen Chen.
Die wohl längsten Nachnamen der Spiele tragen die iranische Ruderin Fatemeh Mojallaltopraghghale und ihr Landsmann Ali Aghamirzaeijenaghrad (Kanusprint), wobei die Anzeigetafel auch beim offenbar ziemlich modebewussten kamerunischen Schwimmer Giorgio Armani Nguichie Kamseu Kamogne an ihre Grenzen stieß. Zum Glück für die Organisatoren war für den 17-Jährigen nach dem Vorlauf über 100 Meter Freistil schon wieder Schluss. Womit wir zur Namenskunst kommen.
Als die Olympischen Spiele 2024 nach Paris vergeben wurden, steigerte dies bei einigen Athletinnen die Motivation, dabei zu sein, ins Unermessliche. Drei von denen, die die französische Hauptstadt im Namen tragen, haben es geschafft: Laura Paris (italienische Sportgymnastin), Helene Parisot (französische Sprinterin) und Paris-Gail Isaacs (südafrikanische Hockeyspielerin). Manchmal sind Namen die reinste Poesie. Und manchmal das genaue Gegenteil.
Den seltsamsten Namen der Sommerspiele von Paris trägt die chinesische Breakdancerin 671. Drei Ziffern, die so auch in der offiziellen Startliste vermerkt sind. Da erfreuen wir uns doch lieber an zwei Basketballern. Der Superstar der Griechen heißt bekanntlich Antetokounmpo, Vorname Giannis. Was zu einem kuriosen Missverständnis führen könnte. Denn einer seiner Mitspieler heißt zwar Georgios Papagiannis, ist aber natürlich trotzdem nicht sein Vater. Papagiannis ist zwei Jahre jünger als Giannis. Manchmal sind Namen eben doch keine Nachrichten. Sondern ohne Bedeutung.