Die großen Rätsel des Kosmos
Wann das erste Wasser im Weltall entstand
Die ersten Wassermoleküle des Kosmos könnten schon rund 100 bis 200 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sein, wie Astronomen ermittelt haben. Demnach erzeugte schon die allererste, kurzlebige Sternengeneration genug Sauerstoff sowie günstige Reaktionsbedingungen, um Wasser zu bilden.

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Ob und wie viel Wasser schon die erste Sternengeneration wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall erzeugt haben könnte, haben Astronomen jetzt berechnet.
Von Markus Brauer
Über 5500 Planeten bei anderen Sternen haben Himmelsforscher bislang aufgespürt. Etwa ein Drittel davon sind Super-Erden. Bei vielen Planeten können die Wissenschaftler zwar die Masse und die Größe bestimmen und damit auch ihre durchschnittliche Dichte. Doch Aussagen über den inneren Aufbau und insbesondere darüber, wie viel Wasser es auf ihnen gibt, sind schwierig.
Wasserwelten im Weltall
Viele Super-Erden, so die Vermutung, sind Wasserwelten, die vollständig von Ozeanen bedeckt sind, die Hunderte von Kilometern tief sein können. Da Wasser eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Leben ist, rückt das zunächst Super-Erden als Kandidaten für die Suche nach Lebensspuren in den Fokus der Forscher.
Wie Forscher von der Universität Heidelberg berichten , erhielt die Erde ihr Wasser von Kleinplaneten, die relativ spät bei niedrigen Temperaturen im äußeren Sonnensystem entstanden. Auf diesen sogenannten Planetesimalen war Wassereis als Festkörper verfügbar.
Sie lieferten kontinuierlich Baumaterial für Planeten, auch für die Erde, deren Ur-Material wasserarm war. Früher entstandene Kleinplaneten verloren ihr Wasser hingegen.
Seit wann gibt es Wasser auf Planeten wie der Erde?
Als wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren die ersten Sterne entstanden, begann die Morgendämmerung des frühen Kosmos.
Diese Population-III-Sterne hellten das zuvor dunkle Universum auf und produzierten durch ihre Kernfusion die ersten schweren Elemente, darunter Sauerstoff. Zusammen mit Wasserstoff und Heilum bildete dieses Element eines der wichtigsten und prägendsten Moleküle des Kosmos: Wasser.
Wann entstand das erste Wasser im Universum?
Der bisher älteste astronomische Nachweis von H2O im Kosmos stammt aus der Zeit rund 780 Millionen Jahre nach dem Urknall. Die ersten Sterne und Galaxien entstanden aber schon rund 100 Millionen Jahre nach dem Big Bang, wie Aufnahmen des James-Webb-Teleskops und kosmologische Simulationen belegen.
Das wirft die Frage auf, ob sich in den Überresten dieser kurzlebigen, massereichen Population-III-Sterne nicht auch schon die ersten Wassermoleküle bildeten.
Ob und wie viel Wasser schon die erste Sternengeneration erzeugt haben könnte, haben nun Astronomen um Daniel Whalen von der Portsmouth University in England mithilfe einer „virtuellen Zeitreise“ untersucht. In Computersimulation rekonstruierten sie, was bei und nach der Supernova von zwei Sternen der allerersten Sternengeneration – also ihrer Explosion – geschieht.
Die Studie ist im Fachjournal „Nature Astronomy“ erschienen.
#Water may have formed 100-200 million years post-#BigBang, potentially making it a key component of early galaxies. This challenges previous timelines of water's cosmic origins. @nresearchnews @NatureAstronomyhttps://t.co/oOglmdxTl0https://t.co/kX32Wq6RTB — Phys.org (@physorg_com) March 4, 2025
Virtuelle Zeitreise zu den ersten Sternen
Der erste Stern mit rund 13 Sonnenmassen explodierte rund 12,2 Millionen Jahren nach seiner Entstehung, der zweite Stern mit rund 200 Sonnenmassen rund 2,6 Millionen Jahre nach seiner Kreation. Dabei entstanden beim ersten Stern rund 0,05 Erdmassen an Sauerstoff, beim zweiten, schwereren Stern 55 Erdmassen Sauerstoff, wie die Forscher ermittelten.
- Zur Info: Die Sonnenmasse ist eine astronomische Maßeinheit, die über die Masse der Sonne definiert wird. Sie entspricht 1,99 Quintillionen Kilogramm g oder 332.946 Erdmassen. Die Erdmasse ist eine astronomische Maßeinheit und beträgt 5,9722 Trilliarden Tonnen.
„Nachdem die Sterne explodieren, entsteht der Explosionszone sehr schnell H2 – eine Schlüsselkomponente für die Wasserbildung“, berichten Whalen und sein Team. In einem nächsten Schritt kühlt die bis zu 10.000 Grad heiße Explosionswolke sukzessive ab und ermöglicht die Bildung von Wasser.
Wasser Gasklumpen der Supernova-Relikte
„Sauerstoff aus den Supernova-Überresten reagiert nun mit atomarem und molekularem Wasserstoff und bildet Wassermoleküle“, erläutern die Astronomen. Das meiste Wasser entsteht dabei in Gasklumpen der Supernova-Relikte, die durch die Schockwellen stark verdichtet wurden. Im Laufe der Zeit nimmt der Wasserdampf-Anteil in diesen Gasklumpen immer mehr zu.
Dieser Theorie zufolge entstand das kosmische Wasser schon früher als bisher angenommen. „Unsere Simulationen enthüllen, dass Wasser und damit eine wichtige Zutat für Leben, schon rund 100 bis 200 Millionen Jahre nach dem Urknall im Universum vorhanden war.“
Dieses primordiale – also ursprüngliche – Wasser konzentrierte sich in dichten molekularen Wolken, die nach den ersten Sternexplosionen zurückblieben und verteilte sich anschließend in den ersten Galaxien.
Fast so hoher Wasseranteil wie in unserem Sonnensystem
Die Wissenschaftler haben auch berechnet, um welche Mengen an Wasser es sich gehandelt haben musste. Demzufolge könnten allein durch die Supernova eines Sterns der ersten Population-III-Sterne zwischen einer Millionstel Sonnenmasse und einer Tausendstel Sonnenmasse H2O entstanden sein. Dies entspricht fast dem Wasseranteil unseres Sonnensystems.
Auch bei anderen frühen Galaxien soll es der Studie zufolge ähnlich ausgesehen haben. „Durch solche Supernova-Relikte könnte der Wasseranteil in den ersten Galaxien rund 0,1 Milliardstel erreicht haben. Das ist nur eine Größenordnung weniger als der Wasseranteil der heutigen Milchstraße“, schreiben die Experten.
Zwar wurde ein Teil der Wassermoleküle durch die energiereiche UV- Strahlung der frühen Sterne direkt wieder auseinandergerissen. Doch, so die Schätzung, blieb noch genügend Wasser übrig, um schon damals die Bildung von Planeten zu ermöglichen.