Erdüberlastungstag
Warum ab jetzt alle Ressourcen der Erde aufgebraucht sind
Unser Planet ist am Limit. Mag die Wirtschaft noch so sehr voranschreiten – unser Planet verfügt über eine begrenzte Ressourcenmenge. Die Menschheit scheint dies zu ignorieren und tut so, als gäbe es mehrere Erden.
Von Markus Brauer/dpa
Ab Donnerstag (1. August) verbraucht die Menschheit mehr Ressourcen, als die Erde in einem Jahr erneuern kann. Mit anderen Worten: Wir leben so, als ob wir 1,7 Erden zur Verfügung hätten.
Das berichtet die Organisation Germanwatch unter Berufung auf Berechnungen des Global Footprint Network mit Sitz in den USA und der Schweiz. Der Erdüberlastungstag – englisch: Earth Overshoot Day – liegt damit einen Tag früher als noch im vergangenen Jahr. Zur Erdüberlastung zählt etwa der Verbrauch an Fischen, Ackerland oder Holz aber auch die Aufnahmefähigkeit der Erde für Müll und Emissionen.
To determine the date of #EarthOvershootDay, Global Footprint Network calculates the number of days that Earth’s annual biocapacity can provide for humanity’s consumption, using the latest data. More⏬https://t.co/l1JlpI5Elypic.twitter.com/V8nCcXsa03 — Global Footprint Network (@EndOvershoot) July 29, 2024
Flugverkehr: Eine Minderheit verursacht globalen Schaden
Flugzeuge seien besonders klimaschädlich. Diese verursachten neben dem CO2-Ausstoß etwa das Dreifache des Treibhauseffekts wie wenn dieselbe Menge CO2 am Boden entstehe, betont Germanwatch. Ein Grund dafür seien Kondensstreifen. Im Gegensatz dazu biete der Schienenverkehr eine nachhaltigere Alternative, da er bis zu 28-mal klimafreundlicher als innereuropäische Flüge sei.
Ein sehr kleiner Teil der Weltbevölkerung sei mit seinem Flugverhalten für diesen wesentlichen Treiber der Klimakrise verantwortlich, erklärt Jacob Rohm von Germanwatch. Beispielsweise geben über 60 Prozent der Deutschen an, dass sie nur selten oder gar nicht fliegen, so die Organisation. Zudem habe über 80 Prozent der Weltbevölkerung nie ein Flugzeug bestiegen.
Only 23 days till the Paris 2024 #Olympics. The 13th consecutive games in Overshoot. The Olympics hold many races. #EarthOvershootDay focuses on the biggest and most consequential race of all: pic.twitter.com/qdsY3JowdW — Global Footprint Network (@EndOvershoot) July 3, 2024
Deutschland lebt seit Mai auf Pump
Nach den Berechnungen von Global Footprint Network sind die natürlichen Ressourcen in Deutschland bereits am 2. Mai verbraucht gewesen. Großen Einfluss auf den Verbrauch natürlicher Ressourcen hat laut Germanwatch der hohe Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten.
Um den Ressourcenverbrauch zu senken, fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein Gesetz mit klaren Schutzzielen. Das sei notwendig, um Verantwortlichkeiten zu schaffen und Anreize für eine nachhaltige Wirtschaft zu geben, teilt BUND-Vorsitzender Olaf Bandt mit.
Es gibt auch eine positive Nachricht
Germanwatch hat auch eine positive Nachricht: „Jahrzehntelang hat die Erdüberlastung fast jedes Jahr zugenommen, seit knapp zehn Jahren pendelt sie nun auf hohem Niveau“, betont der Politische Geschäftsführer, Christoph Bals. „Die gute Nachricht ist, dass der Wendepunkt erreicht zu sein scheint.“
Als Grund sieht er unter anderem den „weltweiten Siegeszug“ der erneuerbaren Energien, der Speichertechniken, der E-Mobilität und der Wärmepumpen. Diese und weitere Trends müssten stark beschleunigt werden, um Klima-Kipppunkte und massive weitere Artenverluste zu verhindern.
Was ist der Earth Overshoot Day?
Global Footprint Network berechnet zum einen, was die Natur ohne Verluste im Jahr produzieren und absorbieren kann. Dabei geht es unter anderem um Rohstoffe, Trinkwasser und Nahrungsmittel und um menschengemachten Müll und CO2-Emissionen.
Zum anderen analysiert sie, was die Menschen mit ihrer Lebens- und Wirtschaftsweise verbrauchen. So legt sie den Erdüberlastungstag fest, an dem alle Ressourcen des Jahres aufgezehrt sind. Ein Großteil geht auf die Treibhausgas-Emissionen zurück.
Um im Einklang mit der Natur zu leben und die Treibhausgasemissionen gemäß den Empfehlungen des Weltklimarats (IPCC) zu reduzieren, müsste der Erdüberlastungstag in den kommenden sieben Jahren jedes Jahr um 19 Tage nach hinten verschoben werden, sagte die Sprecherin des Global Footprint Network. Wenn es gelingen würde, die Lebensmittelabfälle weltweit zu halbieren, würden nach Angaben von Diep schon 13 Tage gewonnen.
Der Blaue Planet ist erschöpft
Der 2003 von Umweltaktivisten in Oakland (US-Bundesstaat Kalifornien) gegründete „Think tank“ (Denkfabrik) Organisation Global Footprint Network will mit dem „Earth Overshoot Day“ damit auf die Notwendigkeit einer ökologisch nachhaltigen, globalen Entwicklung hinweisen. Um dieses Projekt statistisch zu untermauern, berechnet die Organisation jedes Jahr den Zustand der Erde, den „ecological footprint“ (ökologischen Fußabdruck).
Der ökologische Fußabdruck der Menschen müsse schrumpfen, mahnen die Aktivisten. Das gelte insbesondere für Industrieländer wie Deutschland: Die Bundesrepublik liege mit ihrem Pro-Kopf-Verbrauch und ihren Emissionen im obersten Viertel aller Länder.
Stille Reserven der Erde schwinden
Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigt sie bis 2030 zwei Planeten, um den Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis 2050 wären es knapp drei, prognostiziert die Umwelt- und Tierschutzorganisation WWF. Zum Vergleich: 1961 benötigte die Menschheit nur zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Dass angesichts der begrenzten Ressourcen ein globales Umdenken und Umsteuern stattfinden muss, ist unbestritten. Die Frage ist, wo der Hebel zu einem ökologisch nachhaltigen Weltwirtschaftssystem ansetzen soll. Knapp 8,15 Milliarden Menschen – bis 2050 könnten es mehr als zehn Milliarden sein – mit den elementaren Dingen des Lebens zu versorgen.