Klimawandel damals und heute

Warum das Südsee-Reich von Nan Madol im Meer versank

Die Ruinen der monumentalen Megalithbauten von Nan Madol zeugen vom Untergang eines einst mächtigen Reichs auf der Pazifikinsel Pohnpei. Wann und warum dieses Südsee-Reich unterging, haben nun Archäologen herausgefunden.

So könnte Nan Madol in einer Blütezeit im 15. Jahrhundert ausgesehen haben.

© © Albert Yu-Min Lin

So könnte Nan Madol in einer Blütezeit im 15. Jahrhundert ausgesehen haben.

Von Markus Brauer

Haben Sie schon mal etwas von Nan Madol gehört? Die Ruinenstadt befindet sich vor Temwen Island, einer Nebeninsel von Pohnpei im Archipel der Karolinen – heute den Föderierten Staaten von Mikronesien.

Megalithbauten aus Korallen und Felsen

Um 1180 bis 1200 n. Chr. wurden die Megalithbauten von Nan Madol aus Felsen und Korallenbruchstücken auf 92 künstlich angelegten entlang eines Korallenriffs errichtet. Die miteinander verbundenen kleinen Eilande waren durch massiven Deiche und Mauern vor dem meer geschützt.

Nan Madol war keine Stadt im heutigen Sinne, sondern ein administratives, kulturelles und religiöses Zentrum, das von der Saudeleur-Dynastie, die damals über die Insel herrschte, bewohnt wurde. Um 1650 n. Chr. brach dieses mächtige polynesische Reich zusammen. Doch warum ging Nan Madol unter?

 

 

 

 

 

 

Was Klimaschwankungen mit Nan Madols Untergang zu tun haben

Ein Forscherteam um Chuan-Chou Shen von der National Taiwan University in Taipeh hat jetzt rekonstruiert, wie die Anlagen einst aussahen, wann sie gebaut wurden und was ihnen widerfuhr. Ihre Studie ist im Fachmagazion „PNAS nexus“ erschienen.

Links between climatic histories and the rise and fall of a Pacific chiefdom - @PNASNexus via @OUPAcademichttps://t.co/9RD6xEXbJupic.twitter.com/i51Q2QOstp — Jerome OLLIER (@JeromeOLLIER) October 5, 2024

Um das Klima in der Südsee zu erforschen, modellierten sie die damaligen Schwankungen der El-Niño-Southern-Oscillation (Enso) – ein komplexes Zirkulationssystem von Erdatmosphäre und Meeresströmung im äquatorialen Pazifik –, welches die periodisch wechselnden Klimaphänomene El Niño und La Niña verursacht. Dadurch kann der Meeresspiegel regional vorübergehend um bis zu 30 Zentimeter steigen.

 

 

 

 

 

 

Anlage wurden in zwei Bauphasen errichtet

Die Analysen ergaben, dass der monumentale Komplex von Nan Madol in zwei Phasen erbaut wurde. Die erste Bauperiode dauerte vom frühen 10. bis zum frühen 12. Jahrhundert, die zweite vom späten 12. bis zum frühen 15. Jahrhundert. Die Klimamodelle zeigten zudem, dass die Insel Pohnpei abgesunken und der Meeresspiegel während dieser Zeit erheblich angestiegen ist.

Während die Pegel rund um die Insel Pohnpei um 800 noch 126 Zentimeter niedriger waren als heute, lag der Meeresspiegel im Jahr 1180 nur noch um 90 Zentimeter und im Jahr 1380 nur 70 Zentimeter unter dem heutigen Niveau.

 

 

 

 

 

 

Fluten zerstörten Deiche und Ufermauern

Damit stieg der Meeresspiegel während der Erbauung und Besiedlung von Nan Madol um einen halben Meter an, was zu häufigen Überschwemmungen führte. „Nan Madol könnte regelmäßig Welleneinbrüche und eine verstärkte Verschlammung bei Flut erlebt haben“, schreiben die Forscher.

Die Ufermauern wurden immer wieder durch Fluten und Wellen zerstört und mussten aufwendig repariert oder ersetzt werden. „Der stetige Anstieg des Meeresspiegels während der zweiten Phase erforderte zunehmend umfangreichere und häufigere Schutzmaßnahmen, was wahrscheinlich zu einem verstärkten Bau von Deichen geführt hat.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Klimawandel damals und heute

Zum Ende der zweiten Bauphase im 15. Jahrhundert kam auch der Kollaps der der Saudeleur-Dynastie aufgrund des durch den klimabedingten Meeresspiegelanstiegs und der ständigen Überflutungen. Um die Siedlungen zu schützen, mussten immer aufwendigere Deiche errichtet werden. Irgendwann standen Aufwand und Nutzen in keinem vertretbaren Verhältnis mehr.

 

 

„Dieser Fall ist ein überzeugendes Beispiel dafür, wie widrige Klimabedingungen zwar Investitionen anregen können – in diesem Fall in den Küstenschutz bei hohem Meeresspiegel –, letztlich jedoch zur Aufgabe von Ortschaften beitragen können“, schreiben die Forscher. Ein ähnliches Schicksal könnte im Zuge des Klimawandels auch Menschen treffen, die heute in Küstengebieten auf Inseln weltweit lebenresümieren sie.

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Erstellt:
14. Oktober 2024, 16:09 Uhr
Aktualisiert:
14. Oktober 2024, 16:14 Uhr

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