Trump gegen Harris

Warum das Thema Abtreibung die Wahl entscheiden könnte

Das Thema Abtreibung steht in den USA in diesem Jahr ganz besonders im Fokus. Persönliche Schicksale sollen Wähler davon überzeugen ihre Stimme Kamala Harris zu geben. Denn als Präsidentin will sie Schwangerschaftsabbrüche bundesweit gesetzlich verankern.

Kamala Harris setzt sich schon lange für das Recht auf Abtreibung ein. Im Wahlkampf könnte dieses Thema entscheidend sein.

© AFP/SAUL LOEB

Kamala Harris setzt sich schon lange für das Recht auf Abtreibung ein. Im Wahlkampf könnte dieses Thema entscheidend sein.

Von Jessica Müller

Mit zwölf Jahren machte ich meinen ersten Schwangerschaftstest“, sagt Hadley Duvall. „Er war positiv.“ Die mittlerweile 22-Jährige bricht bei einer Wahlveranstaltung der Demokraten nach zehn Jahren erstmals ihr Schweigen, um sich für Kamala Harris auszusprechen. „Damals sagte man mir, dass ich verschiedene Möglichkeiten hätte. Ich kann mir nicht vorstellen, was gewesen wäre, wenn ich keine Wahl gehabt hätte“, sagt die junge Frau, die bereits im Alter von fünf Jahren von ihrem Stiefvater missbraucht wurde. Wäre es nicht gleich zu Anfang der Schwangerschaft zu einer Fehlgeburt gekommen, hätte sich die Zwölfjährige damals für eine Abtreibung entschieden.

Heute sind Abtreibungen in ihrem Heimatstaat Kentucky mit wenigen Ausnahmen verboten. Nur wenn sich das Leben der schwangeren Person in Gefahr befindet oder ein erhöhtes Gesundheitsrisiko besteht, ist eine Abtreibung noch möglich. Diese Regelung trat im Jahr 2022 in Kraft, nachdem der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten das seit 50 Jahren bestehende Recht auf Abtreibung gekippt hatte (Fall „Roe vs. Wade“). Jeder Bundesstaat kann seitdem wieder selbst über die Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen und die damit verbundenen Voraussetzungen entscheiden.

Trump behindert Abtreibungen

Für Frauen und Mädchen wie Hadley Duvall in ganz Amerika heißt das: Sie haben in manchen Staaten keine Wahl mehr darüber, was mit ihrem eigenen Körper passiert, wenn sie – gewollt oder ungewollt – schwanger werden. Neben Kentucky waren in 21 weiteren Staaten bereits vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes Gesetze in die Wege geleitet worden, die Schwangerschaftsabbrüche umgehend strafbar machen sollten, sobald die Grundsatzentscheidung gekippt wurde. Als diese Entscheidung dann im Juli 2022 fiel, traten die Abtreibungsverbote sofort in Kraft.

Abtreibungsgesetze in den Einzelstaaten

Neben Kentucky gelten seitdem unter anderem auch in Texas, Idaho, Arkansas, Tennessee, Alabama und Mississippi besonders restriktive Abtreibungsgesetze. Hier sind Abtreibungen ebenfalls nur in Ausnahmefällen und innerhalb weniger Wochen möglich. In zwölf Bundesstaaten hängt die endgültige Entscheidung noch in der Schwebe, da Klagen angestrengt wurden, die die Gesetze anfechten.

Abtreibung in Kalifornien, Oregon, Washington

In den restlichen Bundesstaaten bleibt das Recht auf Abtreibung vorläufig bestehen. In Kalifornien, Oregon und Washington sind Schwangerschaftsabbrüche fest verankert und besonders geschützt. Wer also eine Schwangerschaft abbrechen möchte, muss in einen dieser Staaten reisen. Denn dort, wo Abtreibung verboten ist, gibt es folglich auch keine Möglichkeiten, diese Art der medizinischen Versorgung in Anspruch zu nehmen. Pech für alle diejenigen, die sich eine solche Reise nicht leisten können oder ihren Job verlieren, wenn sie sich – möglicherweise gleich mehrere Tage – frei nehmen müssen.

Trump gegen Schwangerschaftsabbruch

Diese Entwicklung war seit Langem absehbar. Noch bevor Donald Trump 2016 erstmals zum US-Präsidenten gewählt wurde, hatte er seiner Wählerschaft versprochen, dafür zu sorgen, dass Schwangerschaftsabbrüche wieder illegal werden. Unter anderem deshalb nominierte er nach seiner Wahl gleich mehrere erzkonservative Richter, um die scheidenden Mitglieder des Obersten Gerichtshofs zu ersetzen. In der neuen Konstellation waren Abtreibungsgegner in der Überzahl. Sein Wahlversprechen, welches ihm damals einige Stimmen gesichert hatte, gehört zu den wenigen, die Trump während seiner vierjährigen Amtszeit tatsächlich realisieren konnte. Es war für viele konservative Wähler ein Grund, ihre Stimme bei den Präsidentschaftswahlen 2016 Donald Trump zu geben.

Frauen gegen Trump?

Doch nun könnte sich das Blatt wenden. Denn insbesondere unter den weiblichen Wählern ist das Recht auf Abtreibung mittlerweile einer der entscheidenden Faktoren hinsichtlich ihrer Wahlentscheidung. Während es grundsätzlich nicht unüblich ist, dass sich Frauen überwiegend hinter den demokratischen und Männer eher hinter den republikanischen Kandidaten stellen, könnte diese Spaltung der Geschlechter in diesem Jahr den wahlentscheidenden Unterschied machen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Frauen eher zur Wahlurne gehen als Männer – auch wenn diese noch so überzeugt von Trump sind.

Harris besucht Abtreibungseinrichtung

Als erste Vizepräsidentin, die eine Abtreibungseinrichtung besucht hat, macht sich jedenfalls nur Kamala Harris glaubhaft für dieses Thema stark. „Ich vertraue Frauen, selbst zu entscheiden, was mit ihrem Körper passieren soll, ohne dass die Regierung sich einmischt“, sagt die Demokratin bei einer Veranstaltung in Wisconsin bereits vor ihrer Kandidatur. Immer wieder hebt sie die tragischen Schicksale von Frauen wie Hadley Duvall hervor, die aufgrund der neuen Abtreibungsregelungen großes Leid ertragen mussten, schwere Beeinträchtigungen erlitten haben oder aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung sogar verstorben sind.

Trump-Lügen zur Abtreibung

Trump hingegen wolle Wählern durch das Verbreiten falscher Fakten – etwa, dass Harris Schwangerschaftsabbrüche noch im neunten Monat möglich machen wolle – nur Angst machen, so Harris. Dieser hat seine Einstellung zum Thema Abtreibung mehrfach geändert. Er beteuert, dass mit der derzeitigen Regelung alle das haben, was sie wollen. Besonders restriktive Regelungen, die Abtreibungen ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbieten, halte auch er für zu extrem. Im Fall, dass er wiedergewählt wird, würde er ein bundesweites Abtreibungsgesetz jedoch in jedem Fall unterzeichnen, ist sich Harris sicher.

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Erstellt:
1. November 2024, 12:36 Uhr
Aktualisiert:
5. November 2024, 11:47 Uhr

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