Klimawandel im Gebirge
Warum der Permafrost in Europas Bergen wärmer wird
Eine Messreihe belegt, wie stark der Permafrost sich in Europa erwärmt. Manchmal kommt die Erwärmung zum Stillstand, aber nur vorübergehend.
Von Markus Brauer/dpa
Der Permafrostboden ist normalerweise das ganze Jahr über bis in tiefe Schichten gefroren. Zu finden sind solche uralten Dauerfrostböden vor allem in Alaska, Kanada sowie im Osten und Norden Sibiriens. Darin sind große Mengen Kohlenstoff gebunden, die beim Auftauen in die Atmosphäre gelangen.
Der gefrorene Untergrund gilt als eines der größten Kohlenstofflager der Erde. Im Fall eines Auftauens könne er Treibhausgase freisetzen, die so wirksam seien wie etwa 50 bis 200 Milliarden Tonnen Kohlendioxid.
Permafrost wird immer wärmer
Fakt aber ist: Der Gebirgspermafrost in Europa von Spitzbergen im Norden Norwegens bis zur Sierra Nevada in Südspanien wird wärmer. In den vergangenen zehn Jahren habe die Temperatur in rund zehn Metern Tiefe um ein Grad zugenommen, berichtet Jeannette Nötzli vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos. Sie hat zusammen mit Wissenschaftskollegen 64 Messreihen ausgewertet.
„Die Erwärmung des Permafrosts im Gebirge ist groß“, erläutert Nötzli. „Und sie zeigt sich in allen Regionen, Tiefen und Zeiträumen, die wir analysiert haben.“ Ihre Studie ist im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht.
Mountain permafrost is warming all over Europe as shown by this comprehensive and unprecedented dataset (64 boreholes!) ️ During 2013–2022, warming rates at 10 m depth exceed 1 °C in cases, generally surpassing previous estimates! https://t.co/8DcfI8f94K@permosCHpic.twitter.com/HRv7C4oQV0 — Melaine Le Roy (@subfossilguy) December 10, 2024
Kalte Regionen besonders vom Klimawandel betroffen
Bekannt ist auch, dass kalte Regionen, in denen Permafrost vorkommt – das Hochgebirge und die Polargebiete – besonders stark auf Klimaänderungen reagieren. Die Studie zeige nun, dass die Zunahme der Permafrost-Temperaturen in den Gebirgsregionen Europas zum Teil ähnlich groß ist wie in der Arktis, heißt es seitens des Instituts. Die größte Erwärmung wurde an den höchstgelegenen und nördlichsten Standorten nachgewiesen.
„Wenn die Temperaturen im eisreichen Permafrost gegen null Grad steigen, verlangsamt sich die Erwärmung deutlich und kommt fast zum Stillstand, weil die Energie für das Schmelzen des Eises im Untergrund benötigt wird“, schreiben die Autoren. „Ist das Eis im Permafrostboden geschmolzen, steigen die Temperaturen wieder an.“
Unabsehbarer ökologischer und wirtschaftlicher Schaden
Auch der wirtschaftliche Bereich wird von diesen Umweltveränderungen massiv betroffen sein. So droht den Modellen zufolge bis 2050 auch rund die Hälfte der Flächen aufzutauen, auf denen heute Erdöl- und Erdgasförderung, Bergbau und ähnliche Aktivitäten betrieben werden. Daneben besteht den Experten zufolge die Gefahr, dass durch die Tauprozesse Schadstoffe und Krankheitserreger freigesetzt werden.
Mit Permafrost werden Fels, Schutt oder Moränen bezeichnet, die durchgehend Temperaturen unter null Grad haben, also ständig gefroren sind. Rund fünf Prozent der Fläche der Schweiz besteht nach Angaben des Instituts aus Permafrost, in der Regel in kalten und hoch gelegenen Schutthalden und Felswänden oberhalb von 2500 Metern über dem Meeresspiegel.