Ökosystem Great Barrier Reef
Warum Larven von Korallenräubern Bakterien fressen
Ausgewachsene Dornenkronen-Seesterne sind Korallenräuber. Als Larven fressen sie Mikroalgen, aber nicht nur. Eine Studie wirft neue Fragen zur Gefährdung des Great Barrier Reef auf.
Von Markus Brauer/Doreen Garud (dpa)
Biologen dachten bislang, dass kaum ein Tier die Meeresmikrobe Trichodesmium anrührt. Schließlich gelten diese Bakterien als giftig und nährstoffarm. Doch nun beschreiben Forscher im Fachblatt „Science Advances“, dass die Larven der Dornenkronen-Seesterne (Acanthaster) diese oft massenhaft auftretenden Cyanobakterien vertilgen können.
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Dornenkronen sind vor allem bekannt dafür, dass sie als adulte Tiere Steinkorallen fressen. Kommt es zu Massenvermehrungen, können die bis zu einem Meter großen und giftigen Dornenkronen Korallenriffe großflächig zerstören. Unter anderem am australischen Great Barrier Reef werden sie deswegen seit Jahrzehnten als Plage wahrgenommen.
Larven sind Teil des Zooplanktons
Als Larven sind die Dornenkronen-Seesterne ein Teil des Zooplanktons. Einer gängigen Hypothese zufolge hängt es von der Verfügbarkeit der Phytoplankton-Nahrung der Larven ab, ob Dornenkronen massenhaft auftreten und Schäden anrichten oder nicht. Bisher dachte man, dass die Larven vor allem Mikroalgen fressen.
Um zu testen, welche Rolle Trichodesmium in der Ernährung spielen könnte, gab ein Forscherteam der University of Queensland und Southern Cross University in Australien den Larven im Labor ausschließlich diese Cyanobakterien zum Fressen, was die jungen Dornenkronen wunderbar gedeihen ließ.
Die Schlussfolgerung: Der beobachtete Anstieg von Trichodesmium rund um das Great Barrier Reef könnte entscheidend sein für die Zunahme an Dornenkronen-Plagen.
Blick in Magen und Gewebe
Trichodesmium ist ein häufiges Bakterium, das eine wichtige Rolle in den marinen Ökosystemen der Tropen und Subtropen spielt. Als Stickstoff-fixierendes Kleinstlebewesen düngt es nährstoffarme Ozeane und ermöglicht so höheres Leben.
Teilweise vermehren sich diese Bakterien sehr stark und bilden an der Meeresoberfläche gelb-braune bis rötliche Blüten, die sich über tausende oder gar zehntausende Quadratkilometer erstrecken, was ihnen den Beinamen Sägemehl der Meere einbrachte.
„Bislang war nicht viel über das Sägemehl der Meere als Nahrungsquelle bekannt, daher waren wir gelinde gesagt überrascht“, erklärt Erstautor Benjamin Mos von der University of Queensland über die Ergebnisse der Studie. Mit dem Wissen darüber, wovon sich Dornenkronen-Larven ernähren, könne man diese sehr schädlichen Korallenräuber möglicherweise besser bekämpfen.
Für die Studie schauten die Forscher mit Floreszenzmikroskopie in die Mägen der Larven. Dort fanden sie stäbchenförmiges Trichodesmium erythraeum CCMP1985, das sie den acht Tage alten Larven zuvor gegeben hatten.
Ökosystem Korallenriff verstehen und schützen
Aber können die Larven das auch verdauen? Dazu kultivierten die Forschenden die Bakterien in einer Nährlösung mit markierten Stickstoff-Atomen. Diese Atome konnten sie dann tatsächlich im Gewebe der Larven entdecken.
Bisher wurde vermutet, dass Düngemittel und Abwasser im Meer zur Vermehrung der Dornenkronen beitragen, weil sich durch die eingeschwemmten Nährstoffe die Mikroalgen vermehren, welche Nahrung für die Larven sein können. Die neue Studie legt nahe, dass der Erfolg der Dornenkronen-Larven zudem auch vom Vorkommen von Trichodesmium abhängen könnte.
Wird es in Zukunft noch Korallen geben? Sicher sei das aber noch nicht, betont Mos. „Es ist wichtig, dass wir die Auswirkungen menschlicher Eingriffe in einem Ökosystem auf andere, scheinbar nicht miteinander verbundene Ökosysteme verstehen.“ Die Forscher hoffen, dass ihre Arbeit dazu beiträgt, Korallenriffe länger zu erhalten.