Politik

Warum stellt Scholz die Vertrauensfrage nicht sofort?

Die jüngste Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, im Januar die Vertrauensfrage zu stellen, sorgt für politisches Aufsehen. Doch viele Menschen, insbesondere diejenigen, die mit der Ampel-Regierung unzufrieden sind, fragen sich: Warum kommt die Vertrauensfrage erst im Januar?

Bundeskanzler Olaf Scholz im Mai 2024 (Symbolbild).

© Juergen Nowak/ Shutterstock

Bundeskanzler Olaf Scholz im Mai 2024 (Symbolbild).

Von Katrin Jokic/Michael Bosch

Bundeskanzler Olaf Scholz plant, die Vertrauensfrage erst im Januar 2025 zu stellen, um dem Bundestag die Möglichkeit zu geben, wichtige Gesetzesvorhaben noch vor Jahresende zu beschließen. Bei seiner Rede am 6. November betonte Scholz, dass die verbleibenden Sitzungswochen des Bundestages bis Weihnachten genutzt werden sollen, um entscheidende Vorhaben wie den Ausgleich der kalten Progression, die Stabilisierung der gesetzlichen Rente und Maßnahmen zur Stärkung der deutschen Industrie abzuschließen.

Er möchte, dass alle wesentlichen Gesetzesinitiativen bis zur letzten Bundesratssitzung am 20. Dezember verabschiedet sind. Mit der Vertrauensfrage Anfang Januar eröffnet Scholz den Abgeordneten die Möglichkeit, über den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen abzustimmen, die nach Vorgaben des Grundgesetzes spätestens Ende März 2025 stattfinden könnten.

Warum stellt Scholz die Vertrauensfrage nicht früher: Kritik von Merz und Co. 

Dass der Bundeskanzler die Vertrauensfrage erst im Januar stellen möchte, kritisierte vor allem die CDU. Deren Kanzlerkandidat, Friedrich Merz, forderte Scholz in den Tagen nach dem Ampel-Aus dazu auf, möglichst schnell Klarheit zu schaffen. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hält den Termin nicht nur für eine "Frage der Organisation, sondern in erster Linie eine politische Frage." Es gibt aber auch Stimmen, die den Zeitplan des Kanzler befürworten: Bundeswahlleiterin Ruth Brand, die Hauptverantwortliche für die Neuwahlen, warnte in einem Brief an Scholz, eine Verkürzung des ohnehin sehr knappen Zeitraums könne zu „unabwägbaren Risiken“ auf allen Ebenen, insbesondere in den Gemeinden, führen.

Ein weiteres Argument, das für den Zeitplan mit der Vertrauensfrage im Januar spricht: Der Wahlkampf würde sich nicht über die Weihnachtszeit ziehen. Das würde den Parteien zudem genügend Zeit geben, ihr Personal aufzustellen. Zudem entspricht der zeitliche Ablauf von der Entscheidung, die Vertrauensfrage zu stellen, bis zum Wahltermin in etwa dem, wie das Prozedere bislang auch ablief. Im Jahr 1982, als Helmut Kohl (CDU) die Vertrauensfrage stellte 156 Tage zwischen Entscheidung und neuem Wahltermin. Bei Gerhard Schröder (SPD) waren es 2005 144 Tage. Scholz hat sich inzwischen gesprächsbereit gezeigt: „Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem“, sagte er in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Formal müsse zwar er als Kanzler diesen Schritt auslösen. Doch wenn es eine Übereinkunft von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und dem Unionsfraktionschef Friedrich Merz gebe, werde er diese beachten.

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Was ist die Vertrauensfrage?

Die Vertrauensfrage ist ein verfassungsmäßiges Instrument, das im deutschen Grundgesetz verankert ist und es dem Bundeskanzler ermöglicht, die Unterstützung des Bundestages für seine Regierung zu überprüfen. Laut Artikel 68 des Grundgesetzes kann der Kanzler die Vertrauensfrage stellen, um zu prüfen, ob die Mehrheit der Abgeordneten seine Politik weiterhin unterstützt. Wird die Vertrauensfrage verneint, kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen und Neuwahlen anordnen. Diese Option bietet, ähnlich wie ein Misstrauensvotum, eine Möglichkeit, politische Blockaden aufzulösen und eine stabile Regierungsführung sicherzustellen.

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Erstellt:
7. November 2024, 08:06 Uhr
Aktualisiert:
11. November 2024, 12:54 Uhr

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