Nach dem IBES-Finale

Was bleibt vom Dschungelcamp 2025?

Der Dschungel-Jahrgang 2025 war der erfolgloseste aller Zeiten bei den Prüfungen, aber auch vergleichsweise sozial. Überraschend ist vor allem eins: „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ war so politisch, wie nie zuvor.

Schöne Momente: Pierre und Lilly werden Freunde im Dschungelcamp.

© RTL/Folge 18_017

Schöne Momente: Pierre und Lilly werden Freunde im Dschungelcamp.

Von Carolin Klinger

Was bleibt nach zwei Wochen „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ auf RTL? Zunächst natürlich eine überglückliche und verdiente Dschungelkönigin Lilly Becker, die sich darüber freut, dass „Deutschland mich gut leiden kann“. Wird ihr Name in Zukunft fallen, wird man sie allerdings nicht nur mit der Krone verbinden, sondern innerlich auch Maurice brüllen hören: „Lilleeeeey!“. Vergnügliche Momente wie bei dieser Wasser-Prüfung mit Maurice und Lilly – sie werden sicherlich in die Annalen der Dschungelgeschichte eingehen.

Das Dschungelcamp auf RTL ist eine der beliebtesten Unterhaltungssendungen im deutschen Fernsehen und funktionierte dieses Jahr zum ersten Mal auch in der Primetime gut. Und wer möchte, kann aus diesem Format durchaus etwas lernen.

Die kleinen Höhe- und Tiefpunkte des Dschungelcamps 2025 werden in der Erinnerung zwar verblassen, so wie ein Sam Dylan oder eine Yeliz Koç nach dem Auszug erstaunlich schnell vergessen waren – die Gruppe funktionierte auch ohne sie gut, oder sogar noch besser. Die ständig wiederkehrenden Streitereien um die richtige Zubereitung von schwarzen Hühnern, Opossum oder Bärenkrebsen waren schon während der Campzeit unnötig und ermüdend, doch vielleicht hat der ein oder andere dank Edith Stehfest etwas über ADHS und Dyskalkulie erfahren oder wird dank Jörg Dahlmann zur Krebsvorsorge gehen.

Dass dieser Dschungel-Jahrgang der erfolgloseste aller Zeiten in den Prüfungen war, wurde von den Moderatoren Sonja Zietlow und Jan Köppen häufig erwähnt, doch es war auch eine Gruppe, die unterschiedlicher kaum sein konnte und dennoch vergleichsweise gut miteinander umging. Natürlich gab es häufig Streit – wer kann es ihnen verdenken, wenn Müdigkeit, Hunger und Lagerkoller an den Nerven zerren. Doch unversöhnlich blieben die wenigsten, immer wieder wurde aufeinander zugegangen.

In Zeiten, in denen die Gesellschaft so zerrissen ist, tut es irgendwie gut zu sehen, dass im Mikro-Kosmos Dschungelcamp gestritten, diskutiert, aber auch wieder miteinander gesprochen und versöhnt wird. Und man fragt sich unweigerlich: Existiert im Dschungelcamp – dem einstigen Camp der Vergessenen und Verspotteten – plötzlich die bessere Gesellschaft? Und damit kommen wir zu der deutlichsten Antwort darauf, was das Dschungelcamp 2025 ausmachte: Es war das wohl politischste. Die Themen und Fragen unserer Zeit – sie schwappten auch ins Camp und machten deutlich: Längst sind es nicht mehr Maden und Spinnen, die schockieren. Auch wenn man gerne in diese Insel der Unterhaltung, fernab unserer Alltagsprobleme im australischen Dschungel eingetaucht wäre, die Realität hielt Einzug in einer ganz anderen Weise, als man es sonst von dem Reality-Format gewöhnt war.

Beispielsweise als Jörg Dahlmann mit erhobener Faust den angeschossenen Trump imitierte und mehrmals betonte, wie ihn dieses „Fight, fight, fight“ inspirierte. Dass dies bei den anderen Campbewohnern nicht gut ankam und ihm vor allem auch sein Camp-Kumpel Maurice Dziwak ruhig widersprach, war schön zu sehen. Weniger schön war dagegen, dass der vorherige Wackelkandidat Jörg Dahlmann nach diesen Aussagen zumindest für wenige Tage in der Gunst des Publikums stieg.

Pierre kann seinen Erfolg kaum glauben

Politisch wurde das Dschungelcamp aber vor allem durch den Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss, 62 Jahre alt, schwarz, schwul – und Zweitplatzierter nach Lilly Becker. Die Zuschauer bekamen in den zwei Wochen einen kleinen Einblick, mit welchen Vorurteilen Pierre sich herumschlagen muss, angefangen mit Jörgs Unterstellung, dass alle Schwulen Schlager lieben würden, bis hin zu der leidigen Diskussion, wie man denn nun Pierres Hautfarbe politisch korrekt bezeichnen solle. Auch Ediths Vorschlag, dass die beiden Schwulen Sam und Pierre sich ein Bett teilen mögen, führte zu Fassungslosigkeit. Dass allerdings gerade dieser Pierre, der das Camp mit Abstand und Sarkasmus betrachtete und sich auch in der Euphorie des Finales nicht dazu hinreißen ließ, der Dschungelerfahrung irgendetwas Vergnügliches abgewinnen zu können, den zweiten Platz belegte, ließ vor allem ihn selbst verblüfft zurück.

Und so kam es zu dem wohl emotionalsten Moment der ganzen Staffel, als Pierre im Finale mehrmals fragte: „Was ist nur mit diesem Land los?“ und im Dschungeltelefon seine Rührung darüber nicht verbergen konnte, dass viele Menschen ihn offensichtlich mögen. Mitten ins Herz traf da der Satz: „Wenn man sonst nur hässliche Kommentare liest, Leute, die einen blutig-gepeitscht durch Brandenburg treiben wollen … dann tut das hier einfach gut.“

Nein, dieses Dschungelcamp 2025 eignete sich nicht, um entspannt auf dem Sofa den Rest der Welt zu vergessen, so gerne man das getan hätte. Aber am Ende hat es nicht nur Pierre ein kleines bisschen Hoffnung geschenkt.

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Erstellt:
10. Februar 2025, 16:56 Uhr

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