US-Wahl
Was Harris politisch will
In einigen Programmpunkten kommt die Demokratin den Positionen ihres republikanischen Rivalen Trump überraschend nah.
Von Michael Weißenborn
Bei diesen US-Wahlen geht es nicht um politische Programme. Auch tritt häufig eine große Kluft zwischen den Positionen der Demokratin Kamala Harris und denjenigen des Republikaners Donald Trump zutage. In wichtigen Fragen aber vertritt Harris eine Trump-ähnliche Politik.
Nach rechts gerückt
In der Einwanderungspolitik etwa gibt es große Unterschiede zwischen beiden. Aber Trumps Insistieren hat die Tochter von Einwanderern dazu gezwungen, nach rechts zu rücken, damit sie in Sachen Grenzsicherung nicht schwach aussieht. So unterstützt sie die seit Langem konservativste überparteiliche Reforminitiative. Dazu gehören Bestimmungen, die Asylanträge ausschließen, sollte der Zustrom an irregulären Migranten hoch sein. Generell vertritt sie den Zuckerbrot-und-Peitsche-Ansatz von Präsident Joe Biden: mehr legale Wege für Migranten und gleichzeitig die Möglichkeit, Asyl an der Grenze mit Mexiko einzuschränken. Auch deutet sie an, illegale Einwanderer, die schon seit Jahren in den USA leben, vor Abschiebung zu schützen.
In der Wirtschaftspolitik will sie die Zölle, die Trump eingeführt hat, modifiziert beibehalten. Sie wünscht sich Milliardensubventionen für Amerikas Zukunftsindustrien ähnlich wie Biden beim Inflationsbekämpfungsgesetz. Zu Strafaktionen gegen China ist sie bereit, „wenn es die Regeln bricht“. Ähnlich denen, die das Weiße Haus zuletzt gegen Elektrofahrzeuge aus China und Halbleiter verhängt hat. In der Steuerpolitik verspricht sie, die Steuersenkungen Trumps weitgehend beizubehalten. Sie will nur Steuern der US-Bürger erhöhen, die mehr als umgerechnet 370 000 Euro im Jahr verdienen.
Ungleichheit verringern
Die Trumpschen Unternehmenssteuersenkungen will Harris zum Teil wieder zurücknehmen. So sollen die Steuern für Unternehmen von 21 Prozent auf 28 Prozent steigen. Und die Kapitalertragssteuer für die reichsten Amerikaner soll steigen. Zudem setzt sie auf die Steuerpolitik, um die Ungleichheit zu verringern – durch deutlich erhöhte Freibeträge etwa für Familien mit Kindern und für US-Bürger am unteren Ende der Lohnskala. Experten zufolge bedeuten ihre Pläne einen Verzicht auf gut zwei Prozent Wachstum über zehn Jahre und zusätzliche 3,2 Billionen Euro mehr an Haushaltsschulden – immerhin weniger als durch Trumps Steuersenkungspläne.
In der Klimapolitik will Harris ähnlich wie Biden saubere Energie ebenso unterstützen wie fossile Energie. Anders als früher unterstützt sie die Öl- und Gasproduktion in den USA ebenso wie Fracking und Atomenergie.
Was aus Ukraine-Hilfe wird
In der Außenpolitik setzt Harris auf Werte und Bündnisse. Mit ihr steht Amerikas Verpflichtung gegenüber der Nato nicht infrage. Doch auch außenpolitisch gibt es Überschneidungen mit Trump: So fällt ihre China-Politik kaum weniger konfrontativ aus. Und in der Nahost-Politik lässt sie sich von Trump bei den Hilfen für Israel nicht überholen. Bei der Unterstützung für die Ukraine scheint der Unterschied zwischen Harris und Trump am größten: Wie Biden würde sie die Ukraine mit Waffen und Geld unterstützen, solange der Kongress das bewilligt. Bei Trump ist dagegen nicht klar, welcher Seite er den Sieg wünscht.