Baden-Württemberg

Was man zur neuen Bezahlkarte für Geflüchtete wissen muss

Sie soll Kommunen entlasten und verhindern, dass Geld an Schleuser fließt: Die landeseinheitliche Bezahlkarte für Flüchtlinge wird nun ausgegeben. Was sie kann und was sie verhindern soll.

Im Ortenaukreis wurden bereits mehrere hundert Bezahlkarten ausgegeben. (Symbolbild)

© dpa/Philipp von Ditfurth

Im Ortenaukreis wurden bereits mehrere hundert Bezahlkarten ausgegeben. (Symbolbild)

Von red/dpa

Mehr als ein Jahr ist seit dem Beschluss der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit dem Bundeskanzler vergangen, eine Bezahlkarte für Flüchtlinge einzuführen. Nun werden die ersten Karten auf Basis eines einheitlichen Systems in Baden-Württemberg verteilt. Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) hat sie als „politisches Leuchtturmprojekt“ beworben. 

„Wir tragen durch eine gezielte Steuerung und Kontrolle der Gelder aktiv zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität bei“, erklärte er vor der Ausgabe der ersten Karten an Geflüchtete in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eggenstein-Leopoldshafen bei Karlsruhe. „Zudem reduzieren wir durch die Umstellung Anreize für eine irreguläre Asylmigration nach Deutschland.“ Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Bezahlkarte: 

Die Karte soll unter anderem Geldzahlungen an Schleuser oder Familien in den Heimatländern der Menschen verhindern und somit den Anreiz für die sogenannte irreguläre Migration senken. Zudem soll sie Kommunen bei der Verwaltung entlasten. Statt staatliche Leistungen in bar oder als Scheck auszuzahlen, wird das Geld auf die Karte gebucht.

„Socialcard“ kann digital oder via Smartphone genutzt werden

Die sogenannte Socialcard ist eine Visa-Debitkarte. „Sie unterscheidet sich weder im Funktionsumfang noch vom Design von anderen Visa-Debitkarten, die von Kreditinstituten ausgegeben werden“, heißt es auf der Internetseite www.socialcard.de dazu. Die Socialcard könne man als Plastikkarte oder als digitale Karte in einem Smartphone nutzen. Die Nutzerinnen und Nutzer erhalten jeweils eine individuelle PIN für ihre Karte. 

Alle volljährigen Menschen in Baden-Württemberg, die gemäß Asylbewerberleistungsgesetz staatliche Hilfe bekommen, erhalten laut dem Migrationsministerium eine Bezahlkarte.

Los geht es jetzt in Eggenstein-Leopoldshafen. „Ab Januar 2025 wird die Bezahlkarte auch schrittweise bei den unteren Aufnahmebehörden bei den Landratsämtern und den Bürgermeisterämtern der Stadtkreise eingeführt werden“, teilt ein Ministeriumssprecher mit. 

Bezahlung wie mit Visa-Karte möglich

Mit den Karten kann man in allen Geschäften in Deutschland bezahlen, die Visa-Karten akzeptieren. Auch für den Onlinehandel ist die Karte prinzipiell zugelassen. Zudem kann man an Kassen etwa von Aldi, dm, Müller, Rossmann und Netto kostenlos Bargeld abheben. Wenn man das an Geldautomaten macht, kostet jede Abhebung 65 Cent. 

Die Karte ermöglicht laut einem Erlass des Ministeriums zudem Überweisungen an beziehungsweise Lastschriften zugunsten von IBAN, die Behörden zuvor über Positivlisten freigegeben haben. Das sei zum Beispiel für Mietzahlungen, Haushaltsenergie oder ÖPNV-Abos gedacht. IBAN von eigenen Konten der Leistungsberechtigten sowie Konten von Bekannten oder Familienangehörigen könnten auf diese Weise aber ausgeschlossen werden.

Das Land hat eine sogenannte Negativliste erstellt, auf der stehen unter anderem bestimmte Finanztransfer-Dienstleister, Krypto-Angebote und Online-Plattformen, die Geldtransfers ins Ausland anbieten. „Mit diesen Einschränkungen soll verhindert werden, dass Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ins Ausland zu Verwandten oder an Schleuser transferiert werden können“, erklärt der Sprecher dazu. 

Geldtransfers in Ausland auf monatlich 50 Euro pro Person gedeckelt

Generell ist das auf monatlich 50 Euro pro Person gedeckelt. Dabei werden Minderjährige mitberücksichtigt, für die volljährige Karteninhaber und -inhaberinnen verantwortlich sind. Das ist dem Erlass zufolge für Fälle gedacht, in denen man Bargeld braucht wie Taschengeld für Minderjährige, Einkäufe bei Tafelläden oder auf dem Flohmarkt. In begründeten Einzelfällen können die Behörden auch einen höheren Betrag festlegen. 

Auf der Seite www.socialcard.de gibt es Informationen auf vielen Sprachen. Zudem steht eine „My SocialCard“-App zur Verfügung, die zum Beispiel dann wichtig ist, wenn für Online-Zahlungen eine TAN gebraucht wird oder man mit Apple Pay oder Google Pay bezahlen möchte. Über die Angebote kann man nach dem Login zum Beispiel abfragen, ob die eigene Karte für das Bezahlen im Internet freigeschaltet ist. Auch können Nutzer und Nutzerinnen abfragen, in welchen Geschäften sie Bargeld abheben können.

Sofern Anhaltspunkte vorliegen, dass Leistungsberechtigte über ein Vermögen oberhalb eines Freibetrags verfügen, können die Behörden nach Angaben des Ministeriumssprechers verlangen, dass die Betroffenen den Kontostand wie bei einem Girokonto bisher auch im Wege der Mitwirkungspflichten offenlegen - oder dies entsprechend durchsetzen.

Sperrung bei Karten-Verlust möglich

Die Karte kann bei Verlust gesperrt werden, wie der Sprecher erklärt. „Sofern die Karte nicht wiedergefunden wird, kann die alte Karte gekündigt und eine neue Karte ausgestellt werden.“ Restguthaben der verlorenen kann auf die neue Karte übertragen werden. 

Die Bezahlkarte ist mit einer PIN gesichert. „Eine Weitergabe von Karte und PIN an andere Personen ist nicht gestattet“, erläutert der Sprecher.

Stadt- und Landkreise, die schon ein Bezahlkartensystem eingeführt haben, werden laut dem Ministerium nach und nach auf das landeseinheitliche Bezahlkartensystem umsteigen.

Rund 800 Karten bereits im Ortenaukreis ausgegeben

Der Ortenaukreis als Vorreiter im Südwesten hat einem Sprecher zufolge seit Januar rund 800 Karten ausgegeben, mit denen aber zum Beispiel keine Überweisungen möglich sind und bei der Bargeldabhebungen nicht begrenzt sind. „Die Erfahrungen sind von Anfang an durchweg positiv. Sowohl für die Leistungsbeziehenden als auch für uns in der Umsetzung.“ 

Verwaltungsvorgänge hätten sich durch unser Kartenmodell vereinfacht, erklärt der Sprecher des Landratsamts. Die Karte sei ein wichtiger Beitrag zur digitalen Verwaltung. Und die Sicherheit habe sich massiv erhöht, da kein Bargeld mehr vorgehalten werden müsse. „Über missbräuchliche Nutzungen ist uns nichts bekannt.“

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Erstellt:
2. Dezember 2024, 08:48 Uhr

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