Anschläge auf Weihnachtsmarkt geplant

Was wir über die Mannheimer Terrorverdächtigen wissen

Drei Männer planen einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Mannheim oder Frankfurt am Main. Das SEK nimmt die Verdächtigen in Mannheim und im Hochtaunus fest. Was zu den Verdächtigen und den Hintergründen bislang bekannt ist.

Beamte des SEK nahmen die drei Terrorverdächtigen fest. (Symbolbild)

© dpa/Christoph Reichwein

Beamte des SEK nahmen die drei Terrorverdächtigen fest. (Symbolbild)

Von Franz Feyder

Wochenlang habe die Polizei nach einem Hinweis aus Hessen verdeckt ermittelt, heißt es aus Sicherheitskreisen. Das heißt: Telefone und Computer überwachen, Verdächtige von Spezialisten mobiler Einsatzkommandos (MEK) observieren. Am vergangenen Wochenende dann spitzte sich die Lage offenbar zu: Ein 22-jähriger Deutsch-Türke aus Wehrheim im Hochtaunuskreis sowie ein Mannheimer Brüderpaar planten offenbar, mit einem Sturmgewehr auf dem Weihnachtsmarkt in Mannheim oder in Frankfurt am Main einen terroristischen Anschlag durchzuführen.

Bei den Brüdern soll es sich um einen 15 Jahre alten deutschen Staatsbürger mit libanesischen Wurzeln handeln, seit 20-jähriger Bruder hat sowohl die deutsche als auch die libanesische Staatsbürgerschaft. Die Eltern der beiden leben bereits seit Jahrzehnten in Deutschland, die beiden Söhne sollen in Deutschland geboren worden sein, sagen Ermittler. Es sei jetzt eine vorrangige Aufgabe, herauszufinden, „wo und wie sich die drei so radikalisierten, dass sie sich dem ‚Islamischen Staat’ (IS) verbunden fühlen und sich dessen Ideologie bei ihnen verfestigte.“

Zugriff der Fahnder am Sonntag

Am Sonntag entschieden sich die Fahnder zuzugreifen: Spezialkräfte der Polizei nahmen das mutmaßliche Trio gleichzeitig in Baden-Württemberg und Hessen fest. In der Wohnung des Deutsch-Türken, der für die Polizei als der Waffenhändler gilt, fanden Ermittler ein beim Schweizer Militär verwendetes Sturmgewehr samt Munition. Beides sollte offenbar den beiden Brüdern verkauft und übergeben werden.

Diese planten offenbar einen Anschlag nach dem sogenannten Mumbai-Vorbild: 2008 hatten zehn Täter in der indischen Metropole, in Kleingruppen aufgeteilt, gezielt jüdische und touristische Ziele angegriffen, um sich geschossen und sich schließlich in einem Hotel verschanzt. Erst nach drei Tagen Feuergefecht mit Polizei und Militär konnten diese neun Täter festnehmen. Bei dem Attentat wurden 166 Menschen getötet und 304 verletzt. Der Anschlag gilt gerade der Terrororganisation „Islamischer Staat“ als Blaupause für mögliche Angriffe von Kleingruppen oder als „einsamen Wölfen“ bezeichneten Einzeltätern. In einschlägigen Internetforen wird möglichen Nachahmern empfohlen, zur selben Zeit belebte Orte mit Messer und Schusswaffen anzugreifen.

Das Ziel dieser Vorgehensweise: Durch parallele, multiple Anschläge sollen die Sicherheitskräfte verwirrt und aufgesplittet werden, ihr Widerstand so reduziert und die Zahl der Opfer erhöht werden. Gerade die Terrororganisation IS bietet in den vergangenen Monaten in Foren im sogenannten Darknet verstärkt militärische Handreichungen an Sympathisanten an.

Das hessische Landeskriminalamt kam dem Trio offenbar nach einem Hinweis aus dem privaten und religiösen Umfeld der beiden Mannheimer Terrorverdächtigen auf die Spur. Die Hessen informierten ihre Kollegen in Stuttgart, wo das LKA die Ermittlungen übernahm und verantwortlich führte.

SPD-Innenexperte lobt Ermittlungsarbeit der Polizisten

Unklar ist bislang, ob diese im Zusammenhang mit der in den 2010er Jahren vor allem im Großraum Frankfurt aktiven, salafistischen Missionierungsgruppe „da’wa FFM“ (da’wa: arabisch für Aufruf, Einladung) stehen, zu der neben radikalisierenden Predigern auch ein früherer Frankfurter Polizist gehörte. Die 2008 gegründete Gruppe stand im Verdacht, gezielt Kämpfer für den IS zu rekrutieren. So brachen mehrere Muslime aus diesem Umfeld nach Syrien auf, um sich dort dem IS anzuschließen. 2011 erschoss der Kosovo-Albaner Arid Uka zwei US-Soldaten am Frankfurter Flughafen. Er hatte sich bei den „da’wa FFM“-Missionaren radikalisiert. 2013 wurde die Gruppe verboten.

Der SPD-Innenexperte Sascha Binder lobt die Ermittlungsarbeit baden-württembergischer und hessischer Polizisten: „Das ist ein großer Erfolg für die Polizei und ein wichtiges Signal für die Sicherheit in unserem Land. Es zeigt aber auch, dass wir die Terrorgefahr nicht unterschätzen dürfen.“ Gerade deshalb müss die Polizei mit den technischen und personellen Mitteln ausgestattet werden, die für die Bekämpfung dringend erforderlich seien.

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Erstellt:
10. Dezember 2024, 15:12 Uhr
Aktualisiert:
11. Dezember 2024, 10:22 Uhr

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