Stuttgarter Kickers

Weg am Stadion auf der Waldau heißt nun „Fritz-Kerr-Weg“

Diesen Weg gehen Fans der Stuttgarter Kickers regelmäßig. Jetzt bekommt er einen ganz besonderen Namen.

Der Name Fritz Kerr ist mit dem dunkelsten Kapitel in der Vereinsgeschichte der Stuttgarter Kickers eng verbunden.

© Ferdinando Iannone©/Ferdinando Iannone

Der Name Fritz Kerr ist mit dem dunkelsten Kapitel in der Vereinsgeschichte der Stuttgarter Kickers eng verbunden.

Von red/epd

Der bei Spielen der Stuttgarter Kickers am häufigsten genutzte Weg am Stadion auf der Waldau ist jetzt nach dem ehemaligen Trainer Fritz Kerr (1892- 1974) benannt worden. Zum Jubiläum des 125-jährigen Bestehens der Stuttgarter Kickers wurde die Strecke, die am Stadion entlang die Sportanlagen auf der Waldau verbindet, als Fritz-Kerr-Weg eingeweiht, teilte die Landeshauptstadt Stuttgart am Samstag mit. Auf Initiative des Bezirksbeirats Degerloch hatte der Verwaltungsausschuss die Benennung im Mai 2024 beschlossen.

Der Name Fritz Kerr ist mit dem dunkelsten Kapitel in der Vereinsgeschichte der Stuttgarter Kickers eng verbunden: Fritz Kerr wurde am 2. April 1892 in Wien geboren. Er hatte jüdische Wurzeln, arbeitete zunächst als „kaiserlich und königlicher“ Zolldeklarant. Ab 1916 spielte er beim Wiener AC und dem jüdischen Verein Hakoah Wien. Für die österreichische Nationalmannschaft absolvierte er noch während der Kaiserzeit sieben Länderspiele.

Legende der Stuttgarter Kickers

1921 begann Kerrs internationale Karriere als Fußballtrainer. Über Wien, Polen und Estland führte sie ihn 1927 nach Stuttgart. Bis 1929 trainierte er erstmals die Stuttgarter Kickers und wurde mit den „Blauen“ 1928 Württembergischer Meister. Aus persönlichen Gründen siedelte er 1929 nach Buenos Aires über und setzte dort seine berufliche Tätigkeit fort. Doch schon 1930 kehrte Fritz Kerr als Nationaltrainer Estlands nach Europa zurück und wechselte im darauffolgenden Jahr ins Elsass zum FC Mulhouse.

1932 übernahm er erneut den Trainerposten bei den Stuttgarter Kickers. Allerdings durfte er seinen Beruf nicht lange ausüben. In der Zeit des Nationalsozialismus verpflichtete sich der Sportverein 1933 dazu, jüdische Mitglieder auszuschließen. Im Mai 1933 wurde Fritz Kerr aus Rassegründen verhaftet, ihm gelang aber die Flucht in die Schweiz.

Die Liebe zum Fußball

Dort setzte er seine Trainer-Tätigkeit zunächst beim FC Aarau fort und gewann - nach einer Zwischenstation im Elsass bei Racing Strasbourg - 1939 in der Schweiz den nationalen Vereinspokal mit dem FC Lausanne-Sport, bevor er zum FC Aarau zurückkehrte und Verantwortung für den Spielbetrieb aller Mannschaften übernahm. Der Vermerk „J“ im Pass für Jude wurde ihm jedoch erneut zum Verhängnis. Es brandmarkte ihn als Staatenloser. Im Dezember 1939 emigrierte Fritz Kerr nach Argentinien. Dort lebten bereits seine Geschwister.

Die Liebe zum Fußball ließ ihn nicht los und führte zu Kerrs Entschluss, 1951 erneut nach Europa zurückzukehren. Die „Blauen“ von Degerloch empfingen ihn mit offenen Armen und verpflichteten ihn für die Saison 1951/52 wieder als Trainer. Weitere Engagements in der Schweiz und Österreich folgten. Wie groß die Leidenschaft Fritz Kerrs für den Fußball war, belegt die Tatsache, dass er sein Trainerdiplom mit 60 Jahren neu erlangen musste - in der Nachkriegszeit wurden diese Diplome von jüdischen Emigranten in Österreich und Deutschland nicht anerkannt. 1963 kehrte er in seine Heimatstadt Wien zurück, wo er am 9. Oktober 1974 verstarb. (2135/21.09.2024)

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Erstellt:
22. September 2024, 12:02 Uhr

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