Zehntes Jahr in Folge neuer Rekord
Weltweite Militärausgaben steigen: Wird die Welt dadurch sicherer?
Angesichts der angespannten Weltlage sind die Militärausgaben auch 2024 gestiegen. Deutschland gab zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung mehr als die anderen Länder Zentral- und Westeuropas aus.

© Imago/Xinhua
Die schmutzige Seite des Krieges: Vor sich hin rostender zerstörter Panzer im Südsudan.
Von Markus Brauer/dpa
Mehr Waffen schaffen mehr Frieden? Nein! Definitiv Nein! Das Gegenteil ist der Fall!
Die Fakten: Die weltweiten Militärausgaben sind 2024 zum zehnten Mal in Folge gestiegen. Rund 2,72 Billionen US-Dollar (etwa 2,38 Billionen Euro) wandten alle Staaten zusammen für das Militär auf, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri in seinem neuen Bericht mitgeteilt hat. Das waren inflationsbereinigt 9,4 Prozent mehr als 2023 – der größte Anstieg von einem aufs nächste Jahr seit dem Ende des Kalten Krieges.
Who were the 10 largest military spenders in 2024? Dive deeper into the new SIPRI data ➡️ https://t.co/L7ZEDq0Mto#GDAMS2025#MilitaryExpenditure#DefenseBudget#MilitaryBudget#SIPRI#Milexpic.twitter.com/QnDTDpepF1 — SIPRI (@SIPRIorg) April 28, 2025
Besonders stark war der Anstieg dem Institut zufolge in Europa und im Nahen Osten, was mit den Kriegen in der Ukraine und im Gazastreifen sowie dem Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon begründet werden könne.
Deutschland weltweit auf Platz vier bei Militärausgaben
- Deutschland verbrauchte 2024 laut Sipri 88,5 Milliarden US-Dollar (77,6 Milliarden Euro) für das Militär – 28 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit lag die Bundesrepublik zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung vor allen anderen Ländern Zentral- und Westeuropas. Weltweit kam Deutschland demnach auf Platz vier, hinter dem Spitzenreiter USA sowie China und Russland auf den Plätzen zwei und drei.
- Der Sipri-Bericht zeigt, dass alle europäischen Staaten – mit Ausnahme von Malta – ihre Militärausgaben 2024 erhöhten. Russland war dabei mit 149 Milliarden Dollar (knapp 131 Milliarden Euro) das Land in Europa, das mit Abstand am meisten für sein Militär ausgab.
- Die von Russland angegriffene Ukraine verwandte 64,7 Milliarden Dollar (rund 56,7 Milliarden Euro) darauf.
- Mit 34 Prozent war die Ukraine weltweit das Land, das den größten Anteil seines Bruttoinlandsprodukts für seinen Militärapparat ausgab.
USA machten mehr als ein Drittel der Militärausgaben aus
- Die USA, seit Jahren die unangefochtene Nummer eins bei den Militärausgaben, machten dem Bericht zufolge mit 997 Milliarden Dollar (874 Milliarden Euro) 37 Prozent der weltweiten Militärausgaben aus.
- China, auf Platz zwei der Liste, steigerte seine Aufwendungen um sieben Prozent auf 314 Milliarden Dollar (etwa 275 Milliarden Euro) und verzeichnete somit drei Jahrzehnte ununterbrochenen Anstiegs seiner Militärausgaben.
- Im Nahen Osten stiegen die Militärausgaben laut Sipri zwar insgesamt, aber eine markante Erhöhung verzeichneten nur Israel und der Libanon. Israels Ausgaben stiegen demnach mit 65 Prozent so stark wie seit dem Sechstagekrieg 1967 nicht mehr, auf 46,5 Milliarden Dollar (gut 40 Milliarden Euro).
- Der jährlich erscheinende Sipri-Bericht zu den Militärausgaben in aller Welt gilt als umfassendste Datensammlung dieser Art. Zu den Ausgaben zählen die Friedensforscher auch Aufwände für Personal, Militärhilfen sowie militärische Forschung und Entwicklung.
„Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor“
„Si vis pacem para bellum“, lautet ein lateinisches Sprichwort – „Wenn du (den) Frieden willst, bereite (den) Krieg vor.“ Es geht zurück auf den römischen Politiker und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero, der den Ausspruch im Januar 43 v. Chr. vor dem römischen Senat gesagt habe soll.
Eine weitere Quelle dieser Sentenz ist der römische Militärschriftsteller Vegetius (um 400 n. Chr.) im Vorwort zu Buch III seines Werkes „De re militari“: „Qui desiderat pacem, bellum praeparet“ – „Wer (den) Frieden wünscht, bereite (den) Krieg vor.“
Damals wie heute waren es unruhige Zeiten. Im Jahr 43 v. Chr. herrschte im Römischen Reich Bürgerkrieg. Cicero hielt seine berühmten „orationes philippicae“ (Philippische Reden) gegen Marcus Antonius, den General des ermordeten Julius Cäsar. Im Jahr 400 n. Chr. versank das einst so stolze „Imperium romanum“ im Chaos von Thronwirren und Völkerwanderungen.
Was Verteidigung kostet
Und heute? Chaos, Konflikte, Kriege, wohin man nur schaut. Ukraine, Sudan, Kaschmir, Myanmar, Republik Kongo. Die Welt brennt an vielen Ecken und Enden.
- Teure Sicherheit: Die Welt sei in ein „höchst unbeständiges Sicherheitsumfeld“ eingetreten, das anhalten werde, heißt es im Jahresbericht zum militärischen Gleichgewicht („The Military Balance 2024“) britischen Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS). In der Folge könnten die weltweiten Militärausgaben in diesem Jahr auf einen Rekordwert steigen.
- Nato: Insgesamt betrugen die Militärausgaben der Nato im Jahr 2022 rund 1,175 Billionen Dollar (1,09 Billionen Euro). Davon entfielen gut 822 Milliarden Dollar (762 Milliarden Euro) auf die USA und 353 Milliarden Dollar (327 Milliarden Euro) auf die übrigen 29 NATO-Staaten entfallen.
- USA: Der Verteidigungsetat der USA beträgt 2024 insgesamt 886 Milliarden Dollar (knapp 825 Milliarden Euro). Deutschland gibt 2024 rund 71 Milliarden Euro für Verteidigung aus.
- Russland/China: Russland und China investieren den Experten zufolge mittlerweile mehr als 30 Prozent ihrer Staatsausgaben in die Verteidigung, während der Westen die Produktion von Raketen und Munition nur langsam erhöht.
- Kriegskosten: Was kriegerische Konflikte generell kosten, haben Forscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel und der Universität Tübingen ermittelt. Dafür haben sie die Daten von mehr als 150 Kriege seit 1870 ausgewertet.
- Betroffenes Land: Am meisten zu leiden hat der Analyse zufolge das Land, in dem ein Waffengang ausgetragen wird. So würden enorme Sachwerte (der sogenannte volkswirtschaftliche Kapitalstock) zerstört, die Wirtschaftsleistung breche um durchschnittlich 30 Prozent ein, die Inflation steige um rund 15 Prozentpunkte über fünf Jahre.
- Nachbarländer: Auch die Nachbar- sowie Drittländer zahlen laut „Kiel Policy Brief“ „The Price of War“ aufgrund höherer Inflation und niedrigeren Wachstums einen hohen Preis. Demnach fällt das Bruttoinlandprodukt (BIP: die gesamtwirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft) nach fünf Jahren durchschnittlich um zehn Prozent, während die Inflation um fünf Prozentpunkte steigt.
- Entferntere Länder: Für weiter entfernte Länder könnten die Effekte allerdings positiv sein: „Es gibt auch in der Weltwirtschaft Gewinner und Verlierer von Kriegen“. heißt es in der Analyse.
- Zwischenstaatliche Kriege: „Die Berechnungen beruhen auf den Kosten ‚typischer‘ zwischenstaatlicher Kriege in der Vergangenheit. Je nach Dauer und Intensität des Krieges sind weniger oder mehr schwerwiegende Szenarien denkbar“, erklärt Jonathan Federle vom IfW Kiel. „Die von uns berechneten Übertragungseffekte auf andere Länder berücksichtigen vor allem die durch geografische Nähe bedingten Handelsverflechtungen und die Größe der jeweiligen Volkswirtschaft, in der ein Krieg ausbricht.”
Die Welt ist aus den Fugen geraten
Mit dem Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas, der andauernden russischen Invasion in der Ukraine sowie Spannungen in Asien und Konflikten in Afrika zeichnet sich nach Einschätzung von Experten ein „noch gefährlicheres Jahrzehnt“ für die Menschheit ab.
Die Welt sei in ein „höchst unbeständiges Sicherheitsumfeld“ eingetreten, das anhalten werde, heißt es in dem jetzt veröffentlichten Jahresbericht zum militärischen Gleichgewicht (The Military Balance 2024) britischen Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS).