Wenig Aussicht auf Einzelunterbringung
Containerunterkünfte in Murrhardt werden auch in Coronazeiten genutzt – Stadtverwaltung: Keine erhöhte Gefahr
Abstand halten, für sich bleiben – diese Verhaltensregeln, die momentan aufgrund der Coronapandemie gefordert sind, sind nicht überall gleich gut einzuhalten. Die Situation in Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften in Murrhardt sei aber noch nicht bedenklich, teilt Bürgermeister Armin Mößner mit. Es gebe genügend Kapazitäten. Der Freundeskreis Asyl fordert mehr Engagement bei der Suche nach Wohnraum.

„Wohnungen für alle!“, fordert der Unabhängige Freundeskreis Asyl in Murrhardt unter anderem an der Containeranlage in der Fritz-SchweizerStraße. Doch das gestaltet sich derzeit alles andere als einfach. Foto: Freundeskreis Asyl Murrhardt
Von Lorena Greppo
MURRHARDT. Wohnraum ist in der Region knapp, da macht auch Murrhardt keine Ausnahme. Asylsuchende und Wohnungslose dezentral unterzubringen, gestaltet sich daher schwierig. Allerdings, teilt Bürgermeister Armin Mößner auf Nachfrage mit, sind die Unterkünfte in der Walterichstadt alles andere als voll besetzt. „Derzeit gibt es in den Containeranlagen genügend freie Kapazitäten, sodass die Bewohner nicht so dicht aufeinander sind und genügend Freiraum haben. Wenn die Hygienemaßnahmen eingehalten werden, stellt Corona aktuell nicht wirklich eine Gefahr in den Unterkünften dar.“ Peter Hauck ist im Freundeskreis Asyl tätig und hat regelmäßig mit den Bewohnern der Unterkünfte in der Fritz-Schweizer-Straße wie auch in der Obdachlosenunterkunft WilhelmSoehnle-Straße zu tun. In Letzterer, stimmt er zu, seinen die Gegebenheiten entsprechend ausgestaltet, dass die Bewohner – derzeit leben dort zwei Männer und drei Frauen – stets Abstand zueinander halten können. In der Containeranlage in der Fritz-Schweizer-Straße hingegen – hier leben derzeit 13 Menschen auf zwei Stockwerke verteilt – sei das nicht so. „Es gibt dort gemeinsame Küchen und Sanitärräume. Das ist problematisch, so können sich die Bewohner nicht einfach aus dem Weg gehen“, schildert Hauck.
Der Wohnraum ist auch in Murrhardt knapp
Auch Monika Miller, die zuständige Fachleiterin der Caritas, weiß: „Die Situation in einer Gemeinschaftsunterkunft ist an sich schon nicht einfach, auch ohne Corona.“ Gerade im Container in der Fritz-Schweizer-Straße sei es nicht möglich, jederzeit Abstand zu halten. Man habe die Bewohner von Anfang an sehr umfangreich informiert, habe dazu auch Dolmetscher eingespannt, außerdem gibt es Aushänge in verschiedenen Sprachen. Darin ging es zum einen um hygienische Maßnahmen zur Minimierung einer Infizierung, aber auch praktische Tipps kamen zur Sprache. Etwa, dass nicht alle Bewohner gleichzeitig ihr Essen kochen. Das funktioniere aber alles nur bedingt. Desinfektionsmittel kann die Stadt Murrhardt nicht zur Verfügung stellen, da es derzeit kaum erhältlich ist, gibt Mößner zu bedenken. Man habe sich schon bezüglich eines Ersatzes in Form von Spiritus Gedanken gemacht.
Immerhin: „Die Stimmung in der Unterkunft ist noch relativ gut“, das hätten die Mitarbeiterinnen der Caritas berichtet, so Miller. Die Bewohner kennen sich zum Teil schon seit Jahren und haben untereinander Freundschaften geknüpft. Nach dem Tod einer älteren Frau vor wenigen Tagen seien die anderen Bewohner beunruhigt gewesen, berichtete Hauck. Laut Bürgermeister Mößner sei jedoch von ärztlicher Seite nichts übermittelt worden, was auf einen Coronaverdacht bei der Verstorbenen schließen lasse.
Um die eigenen Mitarbeiter zu schützen, hat die Caritas ihre Unterstützung zum Teil auf telefonische Beratung verlagert. Die werde auch gut angenommen. So können die Geflüchteten beispielsweise ein Foto eines Schreiben per WhatsApp an eine Beraterin schicken. Diese teilt ihnen dann mit, ob es sich um ein wichtiges Dokument handelt oder womöglich nur um ein Werbeanschreiben. Auch werde das Ausfüllen von Anträgen telefonisch begleitet. „Da diktieren die Mitarbeiterinnen zum Teil Buchstabe für Buchstabe“, erklärt Miller. Zwar gebe das eventuell einen Schub in Richtung zu mehr Selbstständigkeit. Aber die Situation sei dennoch alles andere als ideal. „Die Enge der Räumlichkeiten ist für unsere Geflüchteten ätzend.“
Am liebsten wäre allen Verantwortlichen, man könne die Bewohner der Containeranlagen dezentral unterbringen. „Theoretisch ist das immer besser“, sagt Miller. Sie weiß aber auch, das dieses Vorhaben in der Praxis nicht so einfach umsetzbar ist. „Da derzeit leer stehende Wohnungen Mangelware sind, gestaltet sich ein Aus- und Umzug in andere Wohnungen als schwierig“, so Mößner. Das Projekt Türöffner der Caritas etwa laufe im Rems-Murr-Kreis vergleichsweise stockend an. Ein Grund dafür war in Murrhardt, dass „die Mietgrenzen bei bisherigen Angeboten immer zu hoch waren und deshalb nicht akzeptiert werden konnten“, teilt die Stadtverwaltung mit. „Hier in der Region gibt es kaum günstigen Wohnraum“, weiß auch Miller. „Die Kommune ist sehr interessiert und macht auch Werbung für das Projekt“, hebt sie lobend hervor. Auch die Kirchengemeinden seien emsig. Die Ergebnisse waren dennoch bisher dürftig. „Immerhin lief es in Murrhardt mit privater Unterbringung sehr gut“, sagt die Caritas-Fachleiterin. Das liege besonders an den Engagierten des Freundeskreises Asyl.
Der wiederum fordert mehr Elan in der Sache und hat kürzlich deshalb an mehreren Orten in der Stadt ein Banner mit dem Schriftzug „Wohnungen für alle! Jetzt!“ gezeigt. „Mit einer letzten Anstrengung könnte man es schaffen, die Containeranlagen aufzulösen“, ist sich Peter Hauck sicher. Schließlich habe sich auch in den vergangenen Jahren schon einiges getan. Die Stadt mache es sich aber zu einfach damit, auch Wohnungslose dort unterzubringen. Der Unabhängige Freundeskreis Asyl fordert deshalb, Eigentümer von leer stehendem Wohnraum in die Pflicht zu nehmen. „Die Stadt hat es im Guten versucht, die Wohnungseigentümer zu erreichen“, weiß Hauck. Nun sei es womöglich an der Zeit, wie andere Städte die Zweckentfremdung von Wohnraum zu verbieten. Ein Leerstand von mehr als sechs Monaten wäre dann nicht mehr möglich.