Abfindungsprogramm startet im April
Wer bei Mercedes eine Abfindung erhalten kann
„Wir müssen uns anpassen, um weiter vorne mitzuspielen“, teilt der Mercedes-Chef seinen Mitarbeitern per Videobotschaft mit – und meint damit auch Personalabbau. Der Konzern muss dabei auf Freiwilligkeit setzen.

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Bei Mercedes-Benz am Standort Sindelfingen arbeiten derzeit etwa 30 500 Beschäftigte.
Von Veronika Kanzler
Ab sofort herrscht für die Mercedes-Angestellten in Deutschland Gewissheit. In einer Videobotschaft, über die unsere Redaktion exklusiv berichtete, verkündete Mercedes-Chef Ola Källenius gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden Ergun Lümali, wer von dem „umfangreichen“ Personalabbauprogramm betroffen sein wird. Wir nennen die Details.
Hintergrund ist ein bereits angekündigtes großes Sparprogramm, das unter dem Namen „Next Level Performance“ läuft. Zwar stehe Mercedes-Benz derzeit noch solide da. Doch die gesamte deutsche Automobilindustrie gerät zunehmend unter enormem Druck, „und nichts deutet zurzeit daraufhin, dass sich die Lage kurzfristig von allein verbessern wird“, schrieb der Konzern jüngst in einer Mitteilung an seine Belegschaft. Vor allem wegen des schlecht laufenden Geschäfts in China hatte Mercedes-Benz im vergangenen Jahr einen deutlichen Gewinneinbruch erlitten.
Mehr zum Sparprogramm bei Mercedes lesen Sie hier.
Der Konzern hatte angekündigt, bis 2027 die jährlichen Kosten um fünf Milliarden Euro zu senken. Ein Teil der Einsparungen erfolgt durch Personalabbau – über Fluktuation, das Nicht-Nachbesetzen von frei werdenden Stellen und über ein Abfindungsprogramm.
Für wen bei Mercedes Abfindungen infrage kommen
Das Abfindungsprogramm betrifft nach Aussage von Gesamtbetriebsratschef Lümali ausschließlich den indirekten Bereich des Konzerns. Dieser Bereich umfasst alle Tätigkeiten, die eine unterstützende Leistung für die Hauptleistung (im Falle von Mercedes: Autos zu bauen) erbringen. Der indirekte Bereich ist also nicht maßgeblich an der Produktion beteiligt.
Dazu gehören etwa diese Tätigkeitsfelder:
- Finanzen und Rechnungswesen
- Unternehmenskommunikation
- Personalwesen
- Vertrieb und Marketing
- Forschung und Entwicklung
Källenius sagte in der Videobotschaft, das Personalabbauprogramm sei „umfangreich“. Eine konkrete Personenzahl oder Summe, die durch die Abfindung eingespart werden soll, wurde den Mercedes-Mitarbeitern nicht genannt. Besonders betroffen solle aber das Management des Automobilherstellers sein. „Überproportional viele Stellen“ sollen dort abgebaut werden, stellte Källenius klar.
Mercedes will vermehrt auf Zeitarbeiter und Fremdvergabe setzen
Zugleich verkündete der Mercedes-Chef, dass das Unternehmen mehr auf Zeitarbeiter setzen wolle und auch seine Fremdvergaben („Outsourcing“) ausbauen werde. Theoretisch könnte das Unternehmen den notwendigen Abbau zwar abmildern, indem man weniger Zeitarbeiter beschäftigt und die Vergabe von Aufträgen an Fremdfirmen reduziert. Tatsächlich geht Mercedes in die entgegengesetzte Richtung. Offensichtlich ist beabsichtigt, flexibler zu werden, indem man verstärkt Dienstleistungen projektbezogen einkauft und auf Zeitarbeiter setzt, die nicht zur Stammbelegschaft zählen.
Vor allem in den indirekten Bereichen, oft zusammenfassend als Verwaltung bezeichnet, ist der Personalstand nach Auffassung des Vorstands so hoch, dass er durch Abfindungen reduziert und bei Bedarf fallweise von extern aufgestockt werden soll. Im direkten Bereich, also in der Produktion, sieht man offenbar genug Spielraum, Personal ohne Abfindungen abzubauen – etwa, indem frei werdende Stellen nicht neu besetzt werden.
Allein in Sindelfingen arbeiten rund 30 500 Menschen, davon rund 21 500 in Bereichen der Produktion. In Untertürkheim sind etwa 23 000 Mitarbeiter beschäftigt, mehr als die Hälfte (14 100) im Werk. Das bedeutet, alleine an diesen beiden Standorten wären theoretisch um die 17 900 Angestellte, die sich überlegen könnten, das Unternehmen per Abfindungszahlung zu verlassen.
„ZuSi“ von Mercedes schließt betriebsbedingte Kündigungen aus
Das Abfindungsangebot „erfolgt nur unter doppelter Freiwilligkeit“, sagte Lümali. Denn mit der intern „ZuSi“ genannten Zukunftssicherung sind betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2034 ausgeschlossen. „Wer das Unternehmen verlassen will, tut dies freiwillig und aus eigenem Wunsch“, erklärte der Betriebsratschef. Die Konditionen hierfür wurden laut Lümali „erheblich verbessert“. Doppelte Freiwilligkeit bedeutet aber auch, dass das Unternehmen der Kündigung mit Abfindung des Mitarbeiters zustimmen muss.
Das Abfindungsprogramm startet im April und wird ein Jahr lang laufen. Interessierte Mitarbeiter können bereits jetzt im Mercedes-Intranet die Details zu den Konditionen erfahren.