Krieg in der Ukraine und in Israel

Wie Drohnen den Krieg verändern

Die Ukraine und Israel sind längst zu Durchlauferhitzern geworden, in denen der Krieg um und mit Drohnen rasant weiterentwickelt werden. Mit weitreichenden Folgen für westliche Länder, Kriminelle und Terroristen.

Ein ukrainischer Soldat startet in der Nähe des stark umkämpften Städtchens Tschassiv Jar bei Bachmut eine Aufklärungsdrohne.

© AP/dpa/LIBKOS

Ein ukrainischer Soldat startet in der Nähe des stark umkämpften Städtchens Tschassiv Jar bei Bachmut eine Aufklärungsdrohne.

Von Franz Feyder

Drohnen verändern die Kriegsführung des 21. Jahrhunderts grundlegend. Sie werden genutzt, um Truppenverbände und Personen aufzuklären, Ziele zu erfassen und so zu markieren, dass sie bekämpft werden können. Sie stören und hören Funkverkehr ab, schalten Radare ab, bekämpfen aber auch sehr genau Ziele. Drohnen revolutionieren in diesen Tagen die militärische Operationsführung. Das zeigen die Kriege in der Ukraine und in Israel. Weil sie billig sind, sind sie für organisierte Kriminelle ebenso erschwinglich wie für Terroristen. Sie werden damit auch für die Polizei zu einer Herausforderung. Fraglich ist, ob diese Entwicklung in den Streitkräften und Polizeien westlicher Staaten bereits hinreichend erkannt sowie technisch wie taktisch berücksichtigt wird.

Wie verändern Drohnen die Schlachtfelder des 21. Jahrhunderts?

Ihre geringe Größe, ihre Mobilität und die Möglichkeit, ohne Risiko für menschliche Piloten zu operieren, machen sie zu einem unverzichtbaren Werkzeug in modernen Konflikten. Das „Stockholm International Peace Research Institute“ (SIPRI) beobachtet, dass der Einsatz von Drohnen in den vergangenen zwei Jahrzehnten weltweit stark zunahm. Besonders auf den ukrainischen Schlachtfeldern haben sich Drohnen für die von Russland seit 2014 angegriffene Ukraine als effektives Instrument erwiesen, mit dem sie das Kräftegleichgewicht des scheinbar übermächtigen russischen Angreifers ausgleicht.

Wie werden Drohnen im Ukraine-Krieg eingesetzt?

Drohnen sind zu einem Schlüsselelement der ukrainischen und seit 2024 auch der russischen Kriegsführung geworden. Beide Seiten setzen Drohnen ein, um Informationen zu sammeln und zu beobachten, welche Truppen sich wo und in welcher Stärke gerade bewegen. Die Echtzeitinformationen sind für die Kommandeure entscheidend für ihre Befehle geworden. Zudem bekämpfen Drohnenpiloten Panzer, Geschütze, Radare und Soldaten, stören Funk- und Radarnetze, schneiden Gespräche gegnerischer Truppen mit. Russland experimentiert zudem aktuell in der Ukraine damit, über Drohnen chemische Kampfstoffe einzusetzen. Über künstliche Intelligenz gesteuerte Drohnen tricksen in der Ukraine auf beiden Seiten elektronische Störgeräte aus oder zerstören diese, um Angriffe anderer Drohnen zu ermöglichen.

Warum ist die Ukraine ein lehrendes Gefechtsfeld?

Der Ukraine-Konflikt wird somit zu einer Blaupause für zukünftige Kriege. Und auch für Terrorismus und Kriminalität: Terrororganisationen und organisierte Kriminalität analysieren den Krieg, um Einsatzmöglichkeiten für Drohnen zu prüfen. Anders als andere NATO-Staaten hat die Bundesregierung keine Beobachtergruppe in die Ukraine entsandt, um die Entwicklungen auf dem Gefechtsfeld zu erfassen und zu analysieren.

Was sind Mutterschiffe und warum sind sie eine besondere Herausforderung?

Im September 2024 setzten russische Drohnenstreitkräfte erstmals sogenannte Mutterschiffe bei einem Bombenangriff auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw ein: Die Drohne dient als Trägerplattform, die eine Vielzahl kleinerer Drohnen transportiert und von der diese starten können. Diese Mutterschiffe sind unbemannte Flugzeuge, Schiffe oder sogar U-Boote, die als Startplattform für Schwärme kleinerer Drohnen fungieren. Die kehren nach dem Einsatz zum Mutterschiff zurück. Das Konzept ermöglicht es, Drohnen näher an das Einsatzgebiet heranzubringen, die Reichweite der Drohnen zu erweitern und ihre Einsatzmöglichkeiten zu erhöhen. Sie auf dem Radar zu identifizieren und dann zu bekämpfen ist eine der zentralen Herausforderung der ukrainischen Luftabwehr. Im Oktober setzte auch die Ukraine erstmals ein Mutterschiff ein.

Wie werden Drohnen im israelisch-palästinensischen Konflikt eingesetzt?

Israel ist weltweiter Vorreiter in der Drohnentechnologie und setzt Drohnen seit Jahrzehnten vor allem zur Überwachung und für gezielte Tötungen ein. Sie operieren über den palästinensischen Gebieten und liefern Echtzeitbilder, die es ermöglichen, schnell auf Lageentwicklungen zu reagieren. Zudem setzt die Armee auf moderne Drohnen wie die „Hermes 900“ für präzise Luftangriffe.

Warum spielen Drohnen für Israel eine Schlüsselrolle?

Die gezielte Tötung von Hamas-Kommandeuren durch israelische Drohnen spielt eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Terrororganisation. Allerdings werfen diese Angriffe auch ethische Fragen auf, insbesondere im Hinblick darauf, dass bei solchen Attacken auch unbeteiligte Menschen verletzt und getötet werden. Zudem ist die Legalität gezielter Tötungen in internationalen Konflikten völkerrechtlich hoch umstritten.

Was machen Terroristen mit Drohnen?

Auch nicht-staatliche Akteure, insbesondere die Hamas, setzen Drohnen bei ihren Terroranschlägen ein: Hauptsächlich kleine, kommerziell erhältliche Drohnen für Überwachungsmissionen und improvisierte Angriffe auf israelische Ziele. Diese Drohnen verfügen zwar nicht über die technische Raffinesse israelischer Drohnen, ihr Einsatz zeigt jedoch die zunehmende Verfügbarkeit von Drohnentechnologie auch für nicht-staatliche Akteure. Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ warf bereits 2017 Handgranaten und Mörsergranaten von handelsüblichen Drohnen in Syrien und dem Irak ab.

Wie verändern Drohnen das Gefechtsfeld?

Drohnen verhindern in der Ukraine derzeit, dass sich in einem Streifen von etwa sieben bis acht Kilometern beiderseits der Front Fahrzeuge oder Soldaten unentdeckt bewegen können. Diese sind zudem ununterbrochen Angriffen durch Drohnen ausgesetzt. Ihr Surren gehört zur Geräuschkulisse, die Soldaten wahrnehmen. Das verändert auch die operativen und taktischen Leitlinien der Bundeswehr, nach denen Feuer und Bewegung von Truppenteilen zu koordinieren sind: Oftmals ist keine Bewegung an der Front möglich. Drohnen verändern nicht nur das taktische Gefechtsfeld, sondern beeinflussen auch größere geopolitische Dynamiken. Der Einsatz von Drohnen verschiebt die Machtbalance zwischen Staaten und nicht-staatlichen Akteuren und ermöglicht kleineren Staaten und Gruppen, asymmetrisch gegen größere Mächte Krieg zu führen.

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Erstellt:
28. Oktober 2024, 07:10 Uhr

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