„Hera“-Mission zur Planetenverteidigung

Wie Forscher Asteroiden abwehren wollen

Der Einschlag eines Asteroiden könnte der Erde verheerende Zerstörung bringen. Ließe sich der Brocken abwehren? Demnächst startet der zweite Teil einer Doppel-Mission dazu.

Mission „Hera“ mit Raumsonde (li.) und begleitenden CubeSats (oben Milani und unten Juventas) am Doppel-Asteroiden Dimorphos/Didymos.

© Esa/dpa

Mission „Hera“ mit Raumsonde (li.) und begleitenden CubeSats (oben Milani und unten Juventas) am Doppel-Asteroiden Dimorphos/Didymos.

Von Markus Brauer/dpa

Sie heißen 2023 DW, 2004 BL86, 2014 JO25 oder 2009 JF1. Kaum jemand kennt ihre Namen. Kein Wunder, die meisten Asteroiden rauschen weit entfernt von der Erde durchs Weltall. Doch manche kommen unserem blauen Planeten gefährlich nahe.

Für die Menschheit ging das bislang glimpflich aus. Aber was, wenn aus den apokalyptischen Science-Fiction-Visionen a la Hollywood wie in den Katastrophenfilmen „Armageddon“ (1998) oder „Deep Impact“ (1998) irgendwann Realität werden sollte?

„Hera“ nimmt Kurs auf Dimorphos

Mittlerweile ist eine Asteroiden-Abwehr keine Science Fiction mehr. Rechtzeitig erkannte und potenziell für die Erde gefährliche Asteroiden können mit einiger Wahrscheinlichkeit von ihrer Bahn abgelenkt werden, sind die Experten überzeugt.

Asteroiden aus dem All ist die Menschheit nicht mehr ganz so hilflos ausgeliefert wie noch vor Jahrzehnten. Die nach einer griechischen Göttin benannte Mission „Hera“ der europäischen Raumfahrtagentur Esa soll dazu beitragen. Starten soll die Raumsonde im Oktober.

 

 

 

 

 

 

„Hera“ soll prüfen, was der Einschlag der Sonde „Dart“ der US-Raumfahrtagentur Nasa auf Dimorphos, dem kleineren Teil eines Doppel-Asteroiden, angerichtet hat. Wie schaut der rund 160 Meter lange Brocken jetzt aus? Hat er einen Krater, wurde er verformt? Wie schwer ist er?

„Diese Fragen wird ‚Hera‘ beantworten“, erklärt der Asteroidenexperte Detlef Koschny, Professor für Lunare und Planetare Exploration an der Technischen Universität München. Die Mission sei damit ein wichtiger Beitrag zum Thema Planetenverteidigung.

Info: Was sind Asteroiden?

  • Asteroiden sind Kleinplaneten – sogenannte Planetoide – mit einem Durchmesser von wenigen Metern bis zu mehreren hundert Kilometern, die sich um die Sonne bewegen, größer als Meteoroide und kleiner als Zwergplaneten sind.
  • Sie sind bei der Entstehung unseres Sonnensystems übrig gebliebene Brocken, die noch heute täglich in die Erdatmosphäre rasen und als Sternschnuppen am Nachthimmel verglühen.
  • Asteroiden aus der Dunkelheit und den unendlichen Weiten des Weltalls sind aber auch potenzielle Killer für alles Leben auf der Erde. Schon ab einigen Metern Größe können sie immense Schäden anrichten.

Einschlag veränderte die Bahn

Als Teil einer Mission der US-Raumfahrtbehörde Nasa und der europäischen Raumfahrtorganisation Esa schlug im September 2022 die Nasa-Sonde „Dart“ (Double Asteroid Redirection Test/Doppel-Asteroiden Umleitungs-Test) gezielt mit einer Geschwindigkeit von rund 6,6 Kilometern pro Sekunde in den kleineren Teil eines Doppel-Asteroiden Didymos/Dimorphos ein.

 

 

Der Einschlag veränderte messbar die Umlaufbahn von Dimorphos – eine Art Mond des größeren Asteroiden Didymos. „Damit wurde gezeigt, dass wir die Bahn eines eventuell auf Kollisionskurs befindlichen Asteroiden verändern können“, betont Koschny.

„Wir brechen jetzt in eine neue Ära der Menschheit auf, in der wir die Möglichkeit haben könnten, uns gegen den Einschlag eines Asteroiden zu schützen“, hieß nach dem Einschlag von der Nasa.

Verheerende Einschläge aus dem All

Wie verheerend größere Asteroiden sein können, haben Einschläge mehrfach in der Geschichte unseres Planeten gezeigt. Größere Asteroiden könnten eine Gefahr darstellen für das Leben auf der Erde, so wie wir es kennen.

So war es ein etwa 10 bis 15 Kilometer großer Asteroid, der zum Aussterben der Dinosaurier vor rund 65 Millionen Jahren führte. Aber auch schon bei einigen Metern Größe können die Brocken aus dem All immense Schäden anrichten.

 

 

Vermutlich war es ein Asteroid von einer Größe zwischen 40 und 50 Metern, der am 30. Juni 1908 in der Tunguska-Region in Sibirien rund 2000 Quadratkilometer unbewohntes Gebiet verwüstete. Die Druckwelle der Explosion knickte Millionen Bäume in Tunguska um, auf einer Fläche fast so groß wie das Saarland.

Wappnen gegen die große Gefahr

Gegen solche Gefahren wollen Nasa und Esa künftig besser gewappnet sein. „Hera“ soll, frühestens am 7. Oktober, vom Kennedy Space Centre in Florida an Bord einer Falcon-9-Rakete des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX starten. 26 Monate später soll die Raumsonde mit der wissenschaftlichen Untersuchung beginnen.

„Wir bereiten uns seit Monaten vor“, teilt der Leiter des Esa-Kontrollzentrums, Simon Plum, zum anstehenden Start mit. „Wir sind auf einem guten Weg und zuversichtlich, dass wir so gut wie möglich vorbereitet sein werden.“ Vom Kontrollzentrum in Darmstadt aus wird wie die meisten Esa-Missionen auch „Hera“ gesteuert.

 

 

„Hera“ hat verschiedene Kameras sowie laser- und radarbasierte Messsysteme an Bord, teils an kleinen Satelliten, CubeSats genannt, von denen einer auch landen soll. Damit sollen die Ausmaße des Einschlagskraters sowie Masse und Dichte, Oberfläche, mineralische Zusammensetzung und Struktur von Dimorphos untersucht werden.

Es werden immer mehr der Brocken entdeckt

„Rund 1,3 Millionen Asteroiden sind mit guten Bahninformationen bekannt. Das werden jährlich und kontinuierlich mehr“, berichtet der Esa-Chef-Koordinator für die Asteroidenabwehr, Richard Moissl. Die Raumfahrtbehörden entdecken ständig neue, darunter auch ungewöhnliche Konstellationen wie den Asteroiden Dinkinesh mit einem Doppelmond. Die meisten dieser Asteroiden sind im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter zu finden.

„Für uns sind die Erdbahn kreuzenden Asteroiden von besonderem Interesse“, erläutert Moissl über sogenannte Neo (Near-Earth Objects). Bei den allermeisten spreche man aber über eine Kollisionswahrscheinlichkeit von eins zu einer Million oder sogar noch weniger.

Nächste Mission schon in Vorbereitung

Das Weltraumsicherheit-Programm der Esa in Darmstadt bereitet bereits eine weitere Asteroidenmission vor: „Ramses“ (Rapid Apophis Mission for Space Safety) soll 2029 den Asteroiden Apophis bei seinem Vorbeiflug an der Erde untersuchen.

 

 

Der Brocken mit einer Größe von rund 375 Metern wird nach Esa-Angaben am 13. April 2029 in einer Entfernung von nur 32 000 Kilometern an der Erde vorbeifliegen. Das ist in Weltall-Maßstäben sehr nah. Der Mond ist im Mittel etwa 380 000 Kilometer von der Erde entfernt.

Der Einschlag eines Asteroiden dieser Größe auf der Erde hätte Experten zufolge wohl katastrophale Folgen. Zum Vergleich: Im Februar 2013 explodierte ein nur etwa 20 Meter großer Asteroid über der Millionenstadt Tscheljabinsk. Durch die Druckwelle wurden rund 1500 Menschen verletzt, meist durch splitterndes Fensterglas.

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Erstellt:
23. September 2024, 09:46 Uhr
Aktualisiert:
1. Oktober 2024, 10:55 Uhr

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