Migrationspolitik im Koalitionsvertrag
Wieso die Migrationswende vielleicht anders kommt als gedacht
Vor allem in der Migrationspolitik will die neue Koalition vieles anders machen. Doch der nun angekündigte Ansatz trifft die Falschen, kommentiert Hauptstadtkorrespondentin Rebekka Wiese.

© dpa/Patrick Pleul
Vor allem für schutzsuchende Frauen und Kinder wird es künftig schwieriger, nach Deutschland zu kommen.
Von Rebekka Wiese
Kommt jetzt die Migrationswende? Das hatte der wahrscheinlich künftige Kanzler Friedrich Merz (CDU) im Wahlkampf immer wieder versprochen. Im Koalitionsvertrag zeigt sich nun: Gegen die irreguläre Migration hat das neue Regierungsbündnis trotzdem nur ein halbgares Konzept. Stattdessen streicht sie vor allem die legalen Zugangswege für Geflüchtete – und trifft damit nun diejenigen, die besonders schutzbedürftig sind.
Merz setzt vor allem darauf, Asylbewerber an deutschen Grenzen zurückweisen zu wollen. Das würde die Zahl der Schutzanträge sicher deutlich senken. Der Plan ist allerdings rechtlich so umstritten und riskant, dass die Koalition beschlossen hat, ihn nur „in Abstimmung mit den Nachbarländern“ vorzunehmen. Was Schwarz-Rot darunter versteht, ist nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags allerdings noch genauso offen wie davor.
Zahl der Asylbewerber geht zurück
Man kann allerdings argumentieren, dass die Migrationswende ohnehin schon begonnen hat. Die Zahl der Asylbewerber ist im Vergleich zum Vorjahr um gut 40 Prozent zurückgegangen. Ob sich das verstetigt, muss man abwarten. Doch der Trend ist klar erkennbar.
Trotzdem will die neue Koalition nun besonders hart gegen alle Schutzsuchenden vorgehen, die bisher legal nach Deutschland kommen konnten. Die humanitären Aufnahmeprogramme soll es künftig nicht mehr geben. Und subsidiär Schutzberechtigte, die bisher ihre Ehepartner und minderjährigen Kinder nach Deutschland nachholen konnten, dürfen das vorerst auch nicht mehr.
Dabei erfüllten diese Programme genau das, was sonst immer in der Migrationspolitik gefordert wird: Es war nachprüfbar, wer da kam. Es war zahlenmäßig reglementiert. Und es half vor allem denjenigen, die besonders schwach und schutzbedürftig sind. Als Ideal in der Migrationspolitik galt eigentlich immer ein Zweiklang: Ordnung – und Humanität. Dass das nun nicht mehr zählt, ist wohl wirklich eine Wende.