Wilderer im linken und rechten Revier

Kretschmer oder Woidke – Ministerpräsidenten rücken im Landtagswahlkampf von der Waffenhilfe an Kiew ab.

Von Eidos Import

Sie biedern sich an und schleimen sich ein. Denn am 1. September wird in Sachsen und Thüringen ein Landtag gewählt. In Brandenburg drei Wochen später. Man könnte denen, die jetzt versuchen, auf den letzten Metern auf mehr Aufmerksamkeit zu stoßen, zu gute halten, so sei Wahlkampf eben. Laut und plump. Und danach vergessen.

Wie der von der FDP. Parole: mehr Parodie statt Politik. Die konsequente Haltung ihres Bundesfinanzministers in Sachen Schuldenbremse scheint den Liberalen nicht zu reichen, um Zuversicht zu verbreiten, sich in allen drei Ländern den Einzug in die künftigen Landtage sichern zu können. Ob Brandenburg, Sachsen oder Thüringen: Alle Umfragen sehen die FDP zwischen zwei und zweieinhalb Prozent im parlamentarischen Niemandsland. Sie will mit Flatrate-Parken in den Städten dem „Kulturkampf gegen das Auto“ trotzen. Dabei sollte ihr Bundesverkehrsminister erst einmal die Technologie-Zukunft der Deutschen Bahn sicherstellen. Dazu gesellt sich der Ruf nach weniger Bürgergeld und der aberwitzige Plan, Außenamt und Entwicklungsministerium zusammenzulegen. Fertig ist die Laube. Wahlkampf eben. Folgen- und erfolglos.

Da wiegt die durchsichtige Attacke des sächsischen Ministerpräsidenten viel schwerer. Michael Kretschmer versucht sich als biederer Wilderer im rechten und linken Putin-Freundeskreis, um mit seiner CDU am Wahlabend doch den ersten Platz und seine Wiederwahl zu schaffen. Dass er mit seiner Provokation, die Waffenlieferungen an die Ukraine mit Blick auf den Bundeshaushalt zu beenden, nicht nur den Verteidigern der Freiheit in Kiew in den Rücken fällt, sondern auch seiner Bundespartei ist ihm egal. Gut, dass deutsche Außenpolitik nicht in Dresden vorgedacht wird.

Seit’ an Seit’ mit ultrarechts und extremlinks, mit Leuten wie Bodo Ramelow, Sahra Wagenknecht und Björn Höcke – Kretschmer fischt selbstherrlich im Trüben. Es ist verständlich, dass Kretschmer das Thema Krieg und Frieden nicht dem politischen Gegner überlassen will. Aber dabei dessen Parolen zu übernehmen, ist der verheerend falsche Weg. Sein Ruf nach Verhandlungen ist solange nicht mehr als ein Zeichen von Naivität, bis der Kreml eine andere Ukraine-Politik einschlägt. Frieden fängt in Moskau an. Mittlerweile beansprucht der Christdemokrat für sich, als erster deutscher Politiker Kritik an der deutschen Ukraine-Politik geübt zu haben. Im widerlichen Wettstreit mit Wagenknecht und der AfD. Wie erbärmlich.

Auch Dietmar Woidke windet sich. Brandenburgs Ministerpräsident will die SPD gegen alle Trends weiter als stärkste Regierungspartei führen – oder abtreten. Sein Hinweis, es müsse möglich sein, darüber zu reden, wie dieser Krieg endet, vermeidet zwar Kretschmers Tonfall, setzt aber auf eine gefährliche Mär: dass es vom Westen und der Bundesregierung abhänge, Frieden zu schaffen. Was für die Ukraine heißen würde: zu kapitulieren.

Da kommt die Zustimmung der SPD-Spitze zur Stationierung weitreichender US-Raketenabschreckung ab 2026 in Deutschland manchen Ost-Genossen ungelegen. Der Beschluss mache den Wahlkampf nicht einfacher, mosert Thüringens SPD-Innenminister Georg Maier. Doch er ist richtig, obwohl der SPD-interne Widerspruch von Fraktionschef Rolf Mützenich und dem linken Flügel um Ralf Stegner nach den erwarteten Wahlpleiten aufleben dürfte. Auch im Bundestag. Dann aber sollten alle Demokraten aus rechten wie linken Zugewinnen im Osten keine falschen Schlüsse ziehen. Weil Landtagswahlen keine Abstimmung sind, ob man mit windigen Hoffnungen auf Stimmenfang an den Rändern die Ukraine verraten darf oder nicht.

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Erstellt:
20. August 2024, 22:04 Uhr
Aktualisiert:
21. August 2024, 22:02 Uhr

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