Markus Söder bei Caren Miosga

„Wir müssen jetzt alles tun, um Deutschland zu schützen“

Der CSU-Chef appelliert im ARD-Talk an die Grünen, über ihren Schatten zu springen und den höheren Verteidigungsausgaben zuzustimmen.

CSU-Chef Markus Söder war am Sonntag bei Caren Miosga zu Gast. (Archivbild)

© imago/Bernd Elmenthaler

CSU-Chef Markus Söder war am Sonntag bei Caren Miosga zu Gast. (Archivbild)

Von Christoph Link

Im Austeilen war CSU-Chef Markus Söder schon immer gut und seine Schmähungen vom Politischen Aschermittwoch über Robert Habeck („Good bye, auf Nimmerwiedersehen“) haben in der Öko-Partei nachhaltig für Verdruss gesorgt und waren auch Thema bei Caren Miosgas Talkrunde am Sonntagabend in der ARD.

Aber wie zum Beweis seines ehrlichen Austeilens in alle Richtungen schenkte der bayerische Ministerpräsident bei Misoga auch seinem „Unionsfreund“ Daniel Günther, CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, am Ende der Sendung auch gehörig einen ein: Der hatte gesagt, Friedrich Merz werde ein „großer Kanzler“ und da müsse er doch mal anmerken, so Söder, mit Günther sei es wie mit einer still stehenden Uhr: „Zweimal am Tag zeigt sie das Richtige an.“

„Von Papa und Mama rausgeworfen“

Was die Grünen anbelangte, die nicht nur wegen der persönlichen Anwürfe Söders, sondern auch aus inhaltlichen Gründen zögern, der Lockerung der Schuldenbremse für die Verteidigung und dem Sondermögen Infrastruktur noch im alten Bundestag zu einer zwei Drittelmehrheit zu verhelfen, so bat Söder um deren Verständnis und appellierte an deren Gesamtverantwortung: „Wir müssen jetzt alles tun, um Deutschland zu schützen und zu stärken.“ Das Land sei in einer außergewöhnlichen Lage und erlebe eine tiefe Erschütterung, seit die USA gezeigt hätten, wie sie mit Verbündeten umgingen, was daran zu sehen sei, was mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Oval Office „gemacht“ worden sei. „Es ist so, als ob Papa und Mama einen über Nacht aus dem Haus werfen“, sagte Söder.

Seine Worte vom Aschermittwoch dürfe man „nicht auf die Goldwaage legen“, im übrigen sei er von den Grünen auch als „Totalversager“ verunglimpft worden und sie hätten der CSU vorgeworfen, sie mache sich den Staat zur Beute. Er appelliere an die Grünen, „über ihren Schatten zu springen“, sagte Söder, denn es seien doch auch die Grünen gewesen, die bisher dafür gewesen wären, mehr für die Verteidigung zu tun.

Merz führt die Verhandlungen

Auf die Frage von Miosga, was man denn den Grünen „anbieten“ werde für eine Zustimmung, sagte Söder, dass dies Sache von Friedrich Merz sei, der führe ja die Verhandlungen. Dass er seinen eigenen Laden – die Koalition mit den schuldenkritischen Freien Wählern – im Griff hat, davon ist der CSU-Chef überzeugt. Eine Blockade der Zustimmung der Finanzbeschlüsse im Bundesrat durch die Freien Wähler kann sich Söder nicht vorstellen: „An Bayern wird es nicht scheitern. Wir werden da zu einem guten Ergebnis kommen.“

Auch ein anderes innerbayrisches Thema hakte Söder rasch ab: die Kritik des ehemaligen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer an Söder, der ihm in einem „Bild“-Interview die vier schlechtesten CSU-Wahlergebnisse in der Geschichte der Partei angelastet hat sowie der Union Wortbruch gegenüber den Wählern wegen des Schuldenmachens über ein 500-Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur vorgeworfen hat. Er habe Seehofer seit sechs Jahren nicht mehr gesehen, merkte Söder an, „aber ich freue mich, dass er offenbar noch ganz munter ist“.

Zufrieden äußerte der CSU-Chef sich über den Verlauf der ersten Sondierungen der Union mit der SPD, und auf die Frage von Miosga, ob es Steuererhöhungen geben werde, kam ein verhaltenes Nein: „Ich kann es mir nicht vorstellen. Ganz im Gegenteil: Wir haben ja jetzt beschlossen, die Wirtschaft zu stärken.“

Kriegsgefahr im Herbst?

Zur Wiedereinsetzung der allgemeinen Wehrpflicht äußerte sich Söder positiv, er merkte nur an, dass dies „nicht über Nacht geschehen“ könne. Die Gesellschaft müsse aber auf den Ernstfall vorbereitet sein und der könne schneller eintreten, als man denke.

Die Journalistin Sabine Adler („Deutschlandfunk“) sagte, es gehe auf keinen Fall an, dass die Bundeswehr wie bisher mit einem „Igittigitt“-Gefühl belegt werde, Geld verteidige kein Land und sowohl die Souveränität Deutschlands als auch Europas seien wegen der Expansionspolitik Russlands in Gefahr. Zu den Plänen Russlands, im Herbst eine umfassende Militärübung gemeinsam mit Belarus an der belarussisch-litauischen Grenze abzuhalten, sagte Adler: „Wir sind in einer echten Kriegsgefahr im Herbst diesen Jahres.“ Litauen sei die „Achillesferse“ des Westens.

Auch der Politikwissenschaftler Herfried Münkler sieht im Baltikum eine Gefahrenzone, allen voran in Estland, wo eine starke russische Minderheit lebe und Moskau sich als „Schutzmacht“ zum Eingreifen berufen fühlen könnte. Falls Russland in der Ukraine aus seiner Sicht erfolgreich sei, könnte es dies auch als Aufforderung sehen, ein Vordringen nach Rumänien, Bulgarien oder Moldawien „auszutesten“. Münkler ist der Ansicht, dass Deutschland und Europa seit vielen Jahren den Erhalt ihrer Wehrfähigkeit vernachlässigt hätten, so habe er schon vor zehn Jahren an die Bundesregierung appelliert, sie müsse Kampfdrohnen für die Bundeswehr anschaffen, aber das sei damals als „Teufelszeug“ angesehen worden.

Mit den Vereinbarungen von Union und SPD zu den höheren Verteidigungsausgaben sieht Münkler den designierten Bundeskanzler Friedrich Merz in einer stärkeren Position als zuvor Kanzler Olaf Scholz: Der könne jetzt in den USA anders auftreten als sein Vorgänger. In einer Welt, in der sich China, Russland und die USA von einer regelbasierten Ordnung verabschiedeten und zu einer machtbasierten Ordnung hinbewegten, sei es wichtig, dass Europa auch ein Machtzentrum mit einem nuklearen Abwehrschirm werde, meinte Münkler.

Ein Schutzschirm – aber nicht für alle

Das Angebot von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, französische Atomwaffen für eine gemeinsame europäische Abschreckung bereit zu stellen, fand auch Markus Söder gut. Er glaube, Merz werde positiv auf das Angebot reagieren: „Ich glaube Merz wird antworten: Ja, wir prüfen und nehmen das Angebot an.“

Münkler merkte allerdings an, dass Macron zunächst einmal nur vorgeschlagen hatte, den Nuklearschutzschirm auf Deutschland zu erweitern – die baltischen Staaten und Polen wären also nicht dabei – und da drohe dann ein Flickenteppich von Ländern die unter dem Schutzschirm sind oder auch nicht.

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Erstellt:
10. März 2025, 07:00 Uhr

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