„Wir sind an allen Aufgaben dran“
Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha zeigt in Murrhardt Erfolge und Projekte der Landesregierung auf
Einen Überblick über „das neue Baden-Württemberg“, was die grüngeführte Landesregierung bereits erreicht hat, aber auch das breite Spektrum der noch zu meisternden Herausforderungen und in Arbeit befindlichen Projekte gab der grüne Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha bei seinem Besuch in der Walterichstadt.
Von Elisabeth Klaper
MURRHARDT. Vor Beginn der Haushaltsberatungen wolle er wichtige Anliegen der Bürger aufnehmen, um etwas dafür tun zu können, betonte der gebürtige Oberbayer, der nach Oberschwaben auswanderte, vor zahlreichen Zuhörern im Heinrich-von-Zügel-Saal der Stadtbücherei. Zunächst präsentierte das Gründungsmitglied der Grünen jedoch die wichtigsten Erfolge der Landesregierung. Er hob die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft hervor, die sich mitten im Transformationsprozess zu Zukunftstechnologien befinde, die ökologische Nachhaltigkeit und die soziale Innovativkraft „mit einer sozialen Balance, die keinen im Stich lässt“. Ministerpräsident Winfried Kretschmann „ist mein großes Vorbild, in der Form seines Lebens, und verkörpert den Heimatbegriff“, betonte Lucha.
Im Bereich Gesundheitspolitik
gibt es noch viel zu tun
Heimat stehe für Werte wie Demokratie, Gleichberechtigung und Wertschätzung, Toleranz, Respekt vor Vielfalt und Wir-Gefühl. Dazu „haben wir obendrüber unsere Verfassung, die uns Kraft gibt, den Heimatbegriff zu leben“, zudem „müssen wir die Freiheit schützen“. Eine große Herausforderung sei es, die sozio-ökonomischen Chancen zu gestalten: „Ich träume von der Überwindung des Niedriglohnsektors“, sagte der Minister, der selbst 30 Jahre im sozialen Bereich arbeitete. Um die Chancengleichheit für alle zu ermöglichen, seien Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jeder sich nach seinen Fähigkeiten entwickeln könne und niemand vergessen werden dürfe. So diene das Umbauförderprogramm des Landes dazu, gemeinwohlorientierten Wohnraum und Wohngruppenformen für besondere Ansprüche zu schaffen. Auf gutem Weg sei die Integration der Flüchtlinge: „Wir sind das Bundesland mit der höchsten Quote sozialversicherungspflichtig Beschäftigter unter den Geflüchteten“, hob Lucha hervor.
Dann ging der Minister ein auf Bereiche mit dringendem Handlungsbedarf wie die Pflege. „Die Landesregierung setzt sich ein und wird alles dafür tun, um Verbesserungen zu erreichen“, versprach er. So soll der eklatante Mangel an Kurzzeitpflegeplätzen durch ein Förderprogramm und Bündnis mit allen Trägern verringert werden. Auf Nachfragen aus dem Publikum präzisierte Lucha: Damit „wollen wir eine Anschubfinanzierung geben, damit sich die Einrichtung dieser Plätze für die Pflegeheime rentiert“. Die Behandlungspflege soll aus den Kostensätzen der Pflegekassen herausgenommen werden, um eine individuelle Vorsorgeplanung zu ermöglichen. Und der Teufelskreis der unzureichenden Nachsorge für Klinikpatienten soll durchbrochen werden durch die Einrichtung von Entlass-Nachsorgezentren.
Umgesetzt würden das Pflegestrukturgesetz für helfende Hände und das Pflegebedarfsgesetz, auch gelte es, wohnortnahe Lösungen zu ermöglichen. Viele Pflegebedürftige wünschten, selbstbestimmt in der häuslichen Umgebung bleiben und ihre Unterstützung mitgestalten zu können, wofür personenzentrierte Hilfen zu organisieren seien. Im Bereich Gesundheitspolitik „gibt es noch viel zu tun“, so plane man, verstärkt Primärversorgungszentren einzurichten. Mit Blick auf die Sorge vieler, ihre Rente werde nicht ausreichen, um den Lebensstandard aufrechtzuerhalten, habe man auch die soziale Versorgung im Blick: „Wir arbeiten an einer Grundrente, die den Namen verdient.“ Seine Devise laute „Gib niemals auf“, und „wir sind an allem dran“, unterstrich Manfred Lucha.
In einer Frage- und Diskussionsrunde brachten einige Zuhörer verschiedene aktuelle Themen zur Sprache und äußerten auch Kritik an der Politik der Landesregierung.
„Ich bin enttäuscht vom Ministerpräsidenten und hätte mir von ihm eine klarere Kante gegenüber der Autoindustrie erhofft“, so Andreas Maurer, Vorstand der Paulinenpflege Winnenden. Die Autobauer hätten „viel falsch gemacht, mit dem Dieselabgasskandal großen Schaden angerichtet und die Elektromobilität verschlafen“. Es sei genau andersherum, entgegnete Lucha: „Hätte Ministerpräsident Kretschmann den Mobilitätsdialog nicht angestoßen, würde es diesen gar nicht geben.“ Er „steckt tief im Transformationsprozess drin“, habe jede Woche ein Meeting zu den Herausforderungen durch völlig neue Technologien wie E-Mobilität und autonomes Fahren und viele Visionen für die Wirtschaft der Zukunft.
„Hätte die grüne Politik nicht stärker darauf achten müssen, dass die Verantwortlichen für den Dieselskandal, den größten Massenbetrug an der Bevölkerung, strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden?“, hakte der frühere Hochschulprofessor und Autor Titus Simon nach. Die Gerichte seien dabei, den Betrug aufzuarbeiten, auch seien einige Manager schon bestraft worden, doch „die Unschuldsvermutung gilt für jeden“, so Lucha. „Es fehlt hinten und vorne an Geld“ für die Wohnungslosenhilfe, kritisierte Wolfgang Sartorius, Vorsitzender der Erlacher Höhe. Ihm sagte der Minister zu, den Ansatz für die Förderung der Träger sowie für die Schaffung von Wohnraum bei der Haushaltsaufstellung nochmals zu überprüfen.
Auf Titus Simons Vorwurf, die provozierende AfD bekäme zu viel Resonanz im Landtag, räumte der Minister ein, diese Partei mache keine konstruktiven Vorschläge, attackiere stattdessen die Regularien und nutze die Freiheitsrechte, um sie mit Füßen zu treten.
„Jeder Euro Förderung in Murrhardt und im Kreis ist gut angelegtes Geld“ für Digitalisierung, Denkmalschutz, medizinische Versorgung und diene dazu, den ländlichen Raum zu erhalten und weiterzuentwickeln, verdeutlichte Landtagsabgeordneter Willi Halder. Kreisrat Bernd Messinger informierte über Manfred Luchas Werdegang: Erst absolvierte er eine Ausbildung zum Chemiewerker, dann zum Krankenpfleger, später studierte er Sozialarbeit und Management im Sozial- und Gesundheitswesen. Seine politische Karriere startete er als Ravensburger Gemeinde- und Kreisrat, seit 2011 ist er Landtagsabgeordneter und seit Mai 2016 Minister für Soziales und Integration.
Die sozialen Handlungsfelder der Walterichstadt erläuterte Bürgermeister Armin Mößner. So den Schwerpunkt Pflegeheime, die Auszeichnung als familienbewusste Kommune plus und das vielfältige Kinderbetreuungsangebot. Zudem die Integration von Flüchtlingen mit viel ehrenamtlichem Engagement des großen Arbeitskreises Asyl: Dafür bat er den Minister darum, das Förderprogramm „Pakt für Integration“ des Landes mit den Kommunen fortzusetzen. Dieses habe man um weitere 12 auf nun 36 Monate Laufzeit erweitert, betonte Lucha, kritisierte aber die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) angekündigten Kürzungen, „sie stellen uns vor große Probleme“.
Unter dem Motto „Das neue Baden-Württemberg“ präsentierten die Grünen ausgewählte Erfolge von Manfred Luchas Ministerium fürs Land als kleine Plakatausstellung. Diese verglichen mit sinnfälligen Bildern und Symbolen, wie es früher im Ländle aussah und was sich heute verändert hat.