Geheimnisvolle Ozeane

Woher stammen die rätselhaften Laute im Marianengraben?

Im Marianengraben wurden seltsam metallisch klingende Laute aufgezeichnet. Nach jahrelangen und aufwendigen Horchexperimenten haben Meeresbiologen die Quelle dieser sogenannten Biotwangs ausfindig gemacht.

Der rund 2400 Kilometer lange Tiefseegraben liegt im westlichen Pazifischen Ozean und hat eine  maximale Tiefe von rund 11 000 Metern (3D-Illustration).

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Der rund 2400 Kilometer lange Tiefseegraben liegt im westlichen Pazifischen Ozean und hat eine maximale Tiefe von rund 11 000 Metern (3D-Illustration).

Von Markus Brauer

Am tiefsten Ort der Weltmeere, im Marianengraben, lastet auf jedem Quadratzentimeter eine Tonne Gewicht. Wie kann in dieser lebensfeindlichen Umgebung etwas existieren? Der rund 2400 Kilometer lange Tiefseegraben liegt im westlichen Pazifischen Ozean und hat eine maximale Tiefe von rund 11.000 Metern.

Rätselhafte Laute aus dem Marianengraben

Im Jahr 2014 zeichnete ein selbstfahrender Unterwassergleiter rätselhafte Laute aus dem Marianengraben und dem Meer rund um die Marianen-Inseln auf. Nie zuvor wurden solche Geräusche wahrgenommen, welche die Forscher Biotwangs tauften.

Sie bestanden aus einem rund 3,5 Sekunden langen Laut mit fünf verschiedenen Komponenten. Die fünfteilige Lautfolge begann mit tiefen Tönen um 30 Hertz und endete mit einem hohen metallischen Geräusch von rund 8000 Hertz.

Horchexperimente in der Tiefsee

Um dem Rätsel auf den Grund zu gehen, haben Ann Allen vom NOAA Pacific Islands Fisheries Science Center in Honolulu auf Hawaii und ihr Team Horchexperimente durchgeführt. Ihre Studie ist Fachmagazin „Frontiers in Marine Science“ erschienen.

Marianengraben: Mysteriöse Laute aufgeklärt https://t.co/rTs0CVZ7hN Wie von Aliens erzeugt: Im Marianengraben wurden mehrfach seltsam metallisch klingende Laute aufgezeichnet – doch woher kommen sie? Jetzt haben Meeresbiologen die Quelle dieser „Biotwangs“ gefunden #Wale — BrightsBlog #FBPE (@brightsblog) September 23, 2024

In den Jahren 2018 und 2021 positionierten sie Driftbojen mit Unterwassermikrofonen rund um die Marianen aus und kartierten parallel dazu die in der Gegend vorkommenden Wale. Außerdem sie 13 am Meeresgrund verankerte Langzeit-Lauschbojen an anderen Stellen des tropischen Pazifik.

Für die Auswertung der Langzeit-Horchdaten nutzte das Team neben den eigenen Analysen und Beobachtungen auch eine künstliche Intelligenz: Sie trainierten das neuronale Netzwerk zunächst darauf, die charakteristische Lautfolge der Biotwangs zu erkennen. Dann setzten die KI dafür ein, diese Laute in den Aufzeichnungen aus den verschiedenen Meeresgebieten zu identifizieren.

 

 

Kamen die Laute von Brydewalen?

Schon bei der ersten Expedition 2018 stießen die Forscher auf eine auffallende Koinzidenz: In 13 Fällen konnten sie große Wale in unmittelbarer Nähe sehen, als die Driftboje Biotwangs notierte. In neun dieser Fälle waren es Brydewale (Balaenoptera edeni). Diese bis zu 14 Meter lange Bartenwal-Spezies kommt im äquatorialen und südlichen Pazifik vor und damit auch rund um den Marianengraben.

„Die neun bestätigten Sichtungen von Brydewalen in einem direkten zeitlichen Zusammenhang mit den Bojenaufzeichnungen demonstrieren, dass die Biotwang-Klaute von diesen Walen stammen“, schreiben die Meeresbiologen. Ihre Vermutung: Die Meeressäuger stoßen diese Laute immer dann aus, wenn sie innerhalb der Gruppe kommunizieren.

 

 

Warum kommen diese Laute nur bei den Mariannen vor?

„Brydewale unterscheiden sich von anderen Bartenwalen darin, dass sie keine langen saisonalen Wanderungen unternehmen“, erklären die Wissenschaftler. Die Brydewale bleiben meist innerhalb einer Meeresregion und bilden lokale Populationen.

Die verschiedenen Populationen der Meeressäuger entwickeln jeweils eigene „Dialekte“. Neben den für alle Wale dieser Art typischen Rufen äußern sie spezifische, rein regionale Laute, wie schon frühere Studien gezeigt haben.

„Über die Vokalisationen der Brydewale des westlichen und zentralen Nordpazifik ist bisher fast nichts bekannt“, berichten die Forschenden. Bisher gab es nur drei Tonaufnahmen aus diesem Gebiet, zwei aus Japan und einen aus Hawaii. Aber keine von diesen enthielt die hohe, metallisch klingende Schlusskomponente der Biotwangs.

 

 

Regionale Brydewal-Biotwangs im Mariannengraben

Die Forscher vermutten, dass es sich bei den Lauten um Biotwangs einer rund um die Marianen vorkommenden Brydewal-Population handelt. Diese Wale wanderten zwischen verschiedenen Gebieten im zentralen Nordpazifik und hätten ihren Schwerpunkt rund um die Marianeninseln.

Das bestätigen auch die Analysen der Langzeit-Lauschbojen: Sie zeichneten die meisten Biotwangs im Mariana-Archipel und östlich von Wake Island auf. „Vereinzelt traten sie auch in der Nähe der Howard-Insel am Äquator und im Nordwesten von Hawaii auf“, berichten Allen und ihr Team. Das passe zu einer jahreszeitlichen Wanderung dieser Brydewal-Population zwischen den niedrigen und gemäßigten Breiten dieser Meeresregion.

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Erstellt:
23. September 2024, 17:06 Uhr

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