Zweiter Anlauf ins große Fußballglück

Großaspachs Verteidiger Ken Gipson hat in seiner Karriere schon drei schwere Verletzungen überstanden und ist einfach nur froh, nun endlich wieder kontinuierlich Fußball spielen zu können.

In dieser Saison bislang so oft wie kein anderer für Aspach am Ball: Ken Gipson. Foto: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

In dieser Saison bislang so oft wie kein anderer für Aspach am Ball: Ken Gipson. Foto: T. Sellmaier

Von Uwe Flegel

Für Ken Gipson war es eine in dieser Saison bislang ungewohnte Rolle. Beim 0:0 gegen den FSV Mainz 05 II stand der Defensivmann das erste Mal in dieser Runde nicht in der Startelf des Fußball-Regionalligisten SG Sonnenhof. Trainer Hans-Jürgen Boysen hatte Großaspachs bisherigen Dauerbrenner zum Ende der englischen Woche Schonung verordnet. Vor allem vermutlich mit Blick auf die heutige Heimpartie. Denn im letzten Punktspiel des Jahres geht es für den Verein aus dem Fautenhau ab 17 Uhr gegen den VfB Stuttgart II. Für den 24-Jährigen wird es zum Duell mit dem Klub, bei dem er „mit meine schönste Zeit als Fußballer“ verbracht hat.

Der gebürtige Ludwigsburger erlebte im Trikot der Kicker vom Cannstatter Wasen allerdings nicht nur Angenehmes. Gut acht Jahre ist es her, als sich Ken Gipson im Bundesliga-Duell der VfB-B-Jugend beim FSV Mainz so schwer verletzte, dass die Begegnung bereits nach zwei Minuten abgebrochen wurde. Der Schien- und Wadenbeinbruch hatte die Akteure beider Mannschaften so sehr getroffen, dass sie den Schiedsrichter baten, nicht mehr weiterspielen zu müssen.

Schien- und Wadenbeinbruch ist der Beginn einer langen Leidenszeit.



Für den Rechtsverteidiger war jener 22. September 2012 der Anfang einer langen Leidenszeit. Erst 13 Monate später war er für den Stuttgarter Nachwuchs wieder am Ball. Zu Ende war seine Verletzungsgeschichte damit aber noch nicht. Auch bei seinen nächsten Stationen RB Leipzig und SV Sandhausen traf es ihn hart. „Insgesamt hatte ich drei schwere Verletzungen“, berichtet der 1,78 Meter große Spezialist für die defensive Außenbahn und sagt: „Zwischendurch habe ich mir schon mal gedacht, warum machst du das.“ Seine Familie und Freundin hätten ihm aber immer wieder Mut gemacht, durchzuhalten. Ganz ohne Folgen ist die schwere Zeit allerdings nicht geblieben. Seit mittlerweile drei Jahren studiert Gipson neben dem Fußball an der SRH-Fernhochschule in Riedlingen Prävention und Gesundheitspsychologie und sagt: „Das hat schon etwas mit meinen Verletzungen und dem dabei angeeigneten Wissen zu tun.“ Im Gegensatz zu dem vorherigen Versuch mit Sportmanagement macht ihm der jetzige Bereich deutlich mehr Spaß.

Derzeit passt es für ihn jedenfalls sportlich und privat. Vorbei sind die Phasen des Zweifels, als er auch wegen der vielen Ausfallzeiten weder beim damaligen Zweitligisten aus Sachsen noch bei dem aus der Kurpfalz den Durchbruch schaffte. Noch schlimmer war für den jungen Fußballer allerdings der Mangel an Spielpraxis. In den vier Jahren in Leipzig und Sandhausen kam er nur auf wenig mehr Einsätze als in den bislang 16 Monaten Großaspach. Dabei hatte er sich beim Drittligisten aus dem Fautenhau nach seinem Wechsel Ende August 2019 gut drei Monate gedulden müssen, ehe er in einem Punktspiel randurfte. Die fehlenden Wettkampfminuten hatten sich zu Beginn bemerkbar gemacht. Nun scheint sich der schnelle Verteidiger seinen Platz im Team erarbeitet und erlaufen zu haben, obwohl Sperren und kleinere Verletzungen dafür sorgten, dass auch im Fautenhau nicht immer alles glatt lief. In dieser Runde zählte Gipson, der einst als Steppke beim TV Markgröningen mit Fußball begann und über die TSF Ditzingen in die C-Jugend des VfB Stuttgart kam, in zwölf der 13 Aspacher Punktspiele zur Anfangsformation. Mal als Rechts-, mal als Innenverteidiger entwickelte er sich zum Mister Zuverlässig und freut sich: „Es fühlt sich richtig gut an, einfach mal kontinuierlich spielen zu können.“ Sein größtes Ziel sei es, einfach mal wieder eine komplette Saison konstant durchspielen zu können, sagt der 24-Jährige und fügt an: „Vielleicht gelingt mir ja gar noch einmal der Sprung zurück in die zweite Liga.“

An dem optimistischen Blick nach vorne ändert auch die Tatsache nichts, dass es für Gipson und seine Mitstreiter in dieser Runde bei Weitem noch nicht perfekt läuft. Obwohl die SG nunmehr seit sechs Spielen ohne Niederlage ist, steht die völlig neu formierte Elf als Sechstletzte auf einem Abstiegsplatz. „So langsam kommen die Automatismen und jeder weiß, was er zu tun hat“, ist der Abwehrspieler zuversichtlich, dass sich das Blatt nun zum Besseren wenden wird. Am besten vielleicht schon heute gegen den VfB, obwohl Gipson dann dem Klub ein Bein stellen muss, bei dem er mit die schönste Zeit als Fußballer erlebt hat.

Boysen hat fast alle Mann an Bord, um den dicken Brocken vom Cannstatter Wasen aus dem Weg zu räumen

Personell sieht es bei der SG Sonnenhof Großaspach fürs heutige Heimspiel gegen den VfB Stuttgart II (17 Uhr) gut aus. Bis auf Mittelfeldspieler Mohamed Diakite, der sich nach seiner Knie-OP im Aufbautraining befindet, sowie Torwart Oliver Schnitzler (Achillessehnenriss) hat Trainer Hans-Jürgen Boysen alle Mann an Bord. Deshalb ist es durchaus wahrscheinlich, dass es in der Anfangsformation die eine oder andere Änderung gibt. Vor allen Dingen auf den Außenpositionen könnte es wie schon in den vergangenen beiden Partien Wechsel geben.

Die Reserve des Bundesligisten vom Cannstatter Wasen ließ zuletzt mit einem 8:1-Kantersieg gegen den Vorletzten TSV Schott Mainz aufhorchen. Dabei war vor allem der niederländische U-17-Europameister Mohamed Sankoh, den der VfB vor der Saison vom englischen Zweitligisten Stoke City nach Stuttgart gelotst hat, nicht zu stoppen. Der 17-Jährige erzielte vier Tore. Neben dem früheren Verteidiger der TSG Backnang Matej Maglica waren beim VfB auch die vom Erstliga-Kader in die Zweite beorderten Antonis Aidonis, Naiourou Ahamada, Atakan Karazor und Lilian Egloff am Ball. Das Aufgebot war so stark besetzt, dass selbst für Ex-Nationalspieler Holger Badstuber kein Platz war.

SG-Trainer Boysen sagt zur heutigen Aufgabe: „Wir sind nun sechs Spiele ungeschlagen und haben erneut zu null gespielt. Das zeugt von Stabilität in unserer Defensivreihe, beweist gleichzeitig aber auch, dass unsere Konsequenz und Entschlossenheit vor dem gegnerischen Tor noch stark verbesserungswürdig sind. Wir treffen nun auf ein Team, das mit einem 8:1 im Rücken nach Aspach fährt. Es kommt ein harter Brocken auf uns zu, das bringt uns aber nicht davon ab, nochmals alles zu investieren und zu Hause zum Abschluss ein Erfolgserlebnis zu feiern.“

Zum letzten SG-Punktspiel in diesem Jahr sind keine Zuschauer zugelassen. Wer trotzdem aktuell am Ball sein will, kann das ab 17 Uhr dank unseres Internetlivetickers unter www.bkz.de/sg-sonnenhof tun. Zudem bietet Großaspach einen kommentierten Livestream, der unter www.theleagues.com/sgs für acht Euro direkt gebucht werden kann.

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Erstellt:
22. Dezember 2020, 06:00 Uhr

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