Bundestagswahl

Zwischen Lügenvorwürfen und „Tünkram“

Union und SPD stellen das Thema Wirtschaft in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass dieser mit harten Bandagen geführt wird.

Betont geschlossen: CDU-Chef Friedrich Merz (li.) und der CSU-Vorsitzende Markus Söder

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Betont geschlossen: CDU-Chef Friedrich Merz (li.) und der CSU-Vorsitzende Markus Söder

Von Tobias Heimbach

Wahlkampf ist eine Zeit der Wiederholungen. Eine Zeit, in der bestimmte Sätze immer wieder gesagt werden, damit die Botschaften beim Wähler hängen bleiben. CSU-Chef Markus Söder sagte am Dienstag bei seinem Auftritt mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz ganze drei Mal, dass dieser für die gegenwärtige Zeit der richtige Kanzlerkandidat sei. Es soll die Geschlossenheit der Union betonen. Die beiden Vorsitzenden der Schwesterparteien haben sich vorgenommen, an diesem Tag auch besonders schwesterlich miteinander umzugehen.

Ich verspreche nicht, dass alles sofort besser wird

Nicht nur die Union, sondern auch die SPD hat am Dienstag in Berlin ihr Wahlprogramm vorgestellt. In beiden steht das Thema Wirtschaft im Mittelpunkt. „Ohne eine starke Wirtschaft läuft nichts“, sagte Merz bei der Präsentation des Unionsprogramms mit Söder im „Telegraphenamt“ in Berlin-Mitte. Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit will er steigern, indem etwa die Steuern für Unternehmen schrittweise sinken. Kritik, wonach die Wahlversprechen der Union 100 Milliarden Euro pro Jahr kosten würden und nicht gegenfinanziert seien, wies der CDU-Chef zurück. Er hoffe, dass die Kosten für das Bürgergeld sinken, wenn mehr Menschen in Arbeit gebracht würden, so Merz. Mit Blick auf die Wirtschaft bereitete der Unionskandidat die Bürger aber auch auf schwierige Zeiten vor: „Ich verspreche nicht, dass alles sofort besser wird“, sagte er.

Söder unterstrich, dass die Union im Wahlprogramm einen restriktiven Kurs bei der inneren Sicherheit und Migration verfolgen wolle und versprach „Law-and-Order mit harter Linie“.

Geschlossenheit zeigten CDU und CSU auch bei ihrem größten Konfliktthema der vergangenen Wochen: einer möglichen Zusammenarbeit mit den Grünen nach der Wahl. „Mit wem man hinterher eine Koalition bildet, ist eine Frage der Schnittmengen in der Sache“, sagte Merz. Doch mit ihrem gegenwärtigen Kurs würden sich die Grünen, die an diesem Tag ebenfalls in Berlin ihr Programm präsentierten, von der Union entfernen: „Die Grünen rücken stramm nach links“, sagte Merz. Er betonte: „Wir haben im Grundsatz völlig unterschiedliche Vorstellungen über die Wirtschaftspolitik in Deutschland.“ Dennoch stellte er klar: „Die demokratischen Parteien der politischen Mitte müssen miteinander kooperationsfähig bleiben. Und das sieht Markus Söder genauso wie ich.“ Dann rang Merz dem CSU-Chef, der zuletzt immer wieder eine Zusammenarbeit mit den Grünen ausgeschlossen hatte, auf offener Bühne dessen Zustimmung ab. An Söder gewandt, sagt Merz: „Wir sind uns einig in dieser Frage. Stimmt’s?“ Und Söder hatte gar keine andere Wahl als ein paar zustimmende Worte zu murmeln.

Kurze Zeit später stellte Bundeskanzler Olaf Scholz – eingerahmt von den SPD-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken – das Wahlprogramm der SPD im Willy-Brand-Haus vor. Die Themen, die Scholz hier in den Vordergrund gerückt hat, werden in den kommenden Wochen immer wieder zu hören sein. Auch Scholz betonte, es gehe um wirtschaftlichen Aufschwung und sichere Arbeitsplätze. Die SPD dringt auf zusätzliche Investitionen, die durch Steuererstattung gefördert werden sollen. Sie nennt das einen „Made in Germany“-Bonus. Notwendig sei eine maßvolle Reform der Schuldenbremse.

Scholz hob seine Versprechen eines höheren Mindestlohns und stabiler Renten hervor. Friedrich Merz hatte am Montag im Bundestag betont, wer sage, die Union wolle Renten kürzen, lüge. Scholz bekräftige jedoch, wer das Rentenniveau nicht gesetzlich garantieren wolle, nehme geringere Renten in Kauf. Die Auseinandersetzung wird an dieser Stelle hart bleiben.

„Fritze Merz erzählt gern Tünkram“

Das gilt – nicht zuletzt aufgrund der gegenseitigen Abneigung von Scholz und Merz – auch generell. Merz hatte am Montag im Bundestag kritisiert, Scholz sitze auf EU-Gipfeln zu viel dabei, statt sich politisch einzuschalten. Scholz konterte daraufhin am Abend im ZDF: „Fritze Merz erzählt gern Tünkram.“

Tünkram ist Plattdeutsch und heißt so viel wie dummes Zeug. Söder wiederum nannte Scholz am Dienstag den „peinlichsten Bundeskanzler, den unser Land je hatte“. Ein brüderlicher, schwesterlicher oder auch nur freundlicher gegenseitiger Umgang zwischen Union und SPD ist wohl frühestens wieder nach der Wahl zu erwarten.

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Erstellt:
17. Dezember 2024, 17:46 Uhr

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