Streit von CDU und SPD

15 Euro Mindestlohn? Der Weg ist schon vorgezeichnet

Der plötzliche Streit zwischen CDU und SPD über einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde hat bei genauerem Hinsehen wenig Substanz. Nur die Unternehmer Baden-Württemberg sind weiterhin strikt dagegen.

Muss der Gastronom seiner Angestellten künftig mindestens 15 Euro die Stunde zahlen? Das könnte mitunter zum Problem werden.

© dpa/Axel Heimken

Muss der Gastronom seiner Angestellten künftig mindestens 15 Euro die Stunde zahlen? Das könnte mitunter zum Problem werden.

Von Matthias Schiermeyer

Kommt er nun im nächsten Jahr – oder kommt er nicht? CDU und SPD scheinen sich darüber uneins zu sein, ob der gesetzliche Mindestlohn 2026 von derzeit 12,82 Euro pro Stunde tatsächlich auf 15 Euro angehoben werden soll. Der Koalitionsvertrag wird derzeit – wohl eher mit Blick auf den Rückhalt in den eigenen Reihen – unterschiedlich interpretiert.

Dort heißt es vage: „Ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 ist erreichbar.“ Und die Entscheidung darüber wird weitergereicht: „An einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission halten wir fest“, schreiben die Koalitionspartner. Dieses Gremium werde sich für die weitere Entwicklung „im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren“.

Neue Geschäftsordnung gibt den Weg vor

Die seit 2015 bestehende Mindestlohnkommission wird paritätisch von den Sozialpartnern – Arbeitgebern wie Gewerkschaften – besetzt. Entscheidend ist nun, dass sie sich erst Mitte Januar eine neue Geschäftsordnung als neue Basis für eine einvernehmliche Beschlussfassung gegeben hat. Hintergrund war ein enormer Unmut auf Arbeitnehmerseite, weil die drei Arbeitgebervertreter die jüngste, relativ geringe zweistufige Anhebung im Juni 2023 nur dank der Zustimmung der Kommissionsvorsitzenden Christiane Schönefeld durchdrücken konnten. Eine Kampfabstimmung hatte es dort zuvor noch nie gegeben, sodass sich die Gewerkschaften überrumpelt fühlten.

In dieser Geschäftsordnung ist ebenso erwähnt, dass man sich künftig nachlaufend an der Tarifentwicklung sowie am Referenzwert von 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten ausrichten wolle – zudem an den Kriterien der EU-Mindestlohnrichtlinie. Davon könne abgewichen werden, „wenn besondere ökonomische Umstände vorliegen“. Dies entspricht auch den Vorstellungen des Gewerkschaftsbundes. Der DGB stellt fest: Wenn man das 60-Prozent-Kriterium der EU für die Jahre 2025 sowie 2026 zugrunde legt, ergibt sich aufgrund der fortschreitenden Lohnentwicklung ein angemessener Mindestlohn von 14,83 Euro für 2025 sowie von bereits 15,27 Euro für 2026.

Turnusgemäß wird bis Ende Juni dieses Jahres entschieden. Die SPD-Führung wähnt sich auf der sicheren Seite. Dennoch hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz – formal betrachtet – recht, wenn er sagt, es werde „keinen gesetzlichen Automatismus“ zu den 15 Euro geben. Das muss er so sagen, um nicht die Tarifautonomie preiszugeben. Sich zu der Kommission zu bekennen und zugleich Vorgaben für die Lohnuntergrenze zu benennen, hält die Arbeitgebervereinigung BDA eh schon für „doppelzüngig“.

UBW gegen „weitere politisch motivierte Anpassungen“

„Hände weg vom Mindestlohn, Hände weg von der unabhängigen Mindestlohnkommission“, fordern sogar die Unternehmer Baden-Württemberg (UBW). „Hier darf es keine weiteren politisch motivierte Anpassungen geben“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer, Tim Wenniges. Der Zuwachs des Mindestlohns von mehr als 50 Prozent seit seiner Einführung habe den stärkeren Anstieg der Verbraucherpreise in den letzten Jahren mehr als wettgemacht. „Es gibt also weder eine Begründung noch eine Notwendigkeit für einen erneuten politischen Eingriff.“ Eine kräftige Erhöhung verteuere insbesondere personalintensive Dienstleistungen. So werde „die Inflation angeheizt und ein Teil der eben gewährten Lohnzuwächse gleich wieder aufgefressen“.

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Erstellt:
14. April 2025, 16:28 Uhr

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