400 Jahre Stadtgeschichte illustriert
Carl-Schweizer-Museum verschiebt Eröffnung der neuen Abteilung – MZ-Serie präsentiert besondere Themen und Exponate
Eigentlich hätte im Carl-Schweizer-Museum (CSM) am morgigen Karfreitag die Besuchersaison wieder begonnen. Und am Internationalen Museumstag Mitte Mai sollte die neue stadtgeschichtliche Abteilung eröffnet werden. Doch wegen der aktuellen Krise infolge der Coronapandemie muss das Museum bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Der Murrhardter Zeitung wurde ein exklusiver Einblick in die neue Abteilung gewährt.

Das Carl-Schweizer-Museum wartet mit einer neuen Abteilung zur Stadtgeschichte auf – nur kann diese noch nicht besichtigt werden. Foto: E: Klaper
Von Elisabeth Klaper
MURRHARDT. Auch die zunächst angedachten Angebote für kleine Gesprächsrunden über naturkundliche oder historische Themen können nun wegen der verschärften Vorschriften angesichts der Coronapandemie leider nicht umgesetzt werden. Im Gespräch mit der Murrhardter Zeitung macht Museumsleiter Christian Schweizer deutlich, in welch schwieriger Situation sich dadurch das „Haus für Natur und Geschichte“ zurzeit befindet.
„Das CSM ist ein rein privat geführtes Haus, das zwar von der Stadt Murrhardt und vom Rems-Murr-Kreis einen öffentlichen Zuschuss bekommt, aber die Haupteinnahmen selbst generieren muss“, stellt Schweizer klar. Diese werden für gewöhnlich erzielt durch Eintrittsgelder von Einzelbesuchern und Besuchergruppen wie Schulklassen, Vereins- und Seniorenausflügen. Hinzu kommen Stadt- und Nachtwächterführungen, Veranstaltungen und Vorträge sowie Kurse für Jungjäger.
„Die Schließung des Museums kann nicht losgelöst von den touristischen Strukturen in Murrhardt betrachtet werden.“ Denn der Naherholungstourismus sei ein eng aufeinander abgestimmtes Geflecht. Da das CSM „eine herausragende Führungsrolle in der Region Schwäbisch-Fränkischer Wald einnimmt“, komme es zu zahlreichen Wechselwirkungen, da zum Beispiel Führungen mit Limes-Cicerones oft mit einem Besuch in der römischen Abteilung des CSM verbunden sind.
Kulturell brechen in Murrhardt einige Angebote weg
Besuchergruppen, die per Bus anreisen, erbringen auch einen nicht zu verachtenden Anteil des Umsatzes in der Gastronomie der Stadt, zudem gilt das CSM als wichtiger Partner der Schullandheime und Jugendherbergen in der Walterichstadt und deren Umkreis. „Der Ausfall der Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Führungsgebühren wird leider durch die geplanten Fördermaßnahmen des Landes und Bundes nicht ersetzt. Dies gilt auch für zahlreiche selbstständige Naturparkgästeführer und Limes-Cicerones“, bedauert der Museumsleiter. Er weist auf die hohe wirtschaftliche Bedeutung des Museums als Kultureinrichtung für Stadt und Gesellschaft hin: „Der Tourismus in Murrhardt wird einige Zeit benötigen, voraussichtlich bis zu einem Jahr, um wieder Tritt zu fassen, denn die ausgefallenen Schul- und Vereinsausflüge im Frühjahr und Sommer, die alle abgesagt wurden, lassen sich nicht mehr kompensieren.“ Überdies bekomme das CSM als private Kultureinrichtung, untergebracht im Gebäude, das sich im Besitz der Familie Schweizer befindet, keine Mietkosten oder sonstige Kosten ersetzt, da das CSM keine Firma im steuerrechtlichen Sinne ist.
Hinzu kommt nun, dass das CSM in den vergangenen drei Jahren saniert wurde und die neue stadtgeschichtliche Abteilung darin Platz fand. Mit den verschiedenen Arbeiten beauftragte die Kultureinrichtung 14 Firmen, hauptsächlich Handwerksbetriebe aus Murrhardt und der Region. Die dafür erforderlichen Investitionen in Höhe von 360000 Euro erfolgten aus privaten Rücklagen, werden jedoch über eine EU-Leader-Regionalförderung Schwäbischer Wald mit etwa 40 Prozent bezuschusst. Aber: „Die Abrechnung dieser Maßnahme erfolgt nun unter denkbar ungünstigen personellen Bedingungen, da die EU nicht bereit ist, die dafür festgelegten Fristen aufgrund der Coronakrise zu verlängern“, kritisiert Schweizer. Im Zentrum des Projekts stand die Einrichtung der neuen stadtgeschichtlichen Abteilung in bisher nicht zugänglichen Räumen im Erdgeschoss des CSM.
Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Murrhardter Notgeld
Die Ausstellung dokumentiert wichtige Themen der Stadtgeschichte im Zeitraum von 1550 bis 1950. Einige davon wird die Murrhardter Zeitung nun im Rahmen einer sechsteiligen Serie – quasi als Appetithappen, bevor sie besichtigt werden können – vorstellen. Somit können unsere Leser einen virtuellen Rundgang durch die neue Abteilung unternehmen, auf spannende Zeitreisen in unterschiedliche Epochen gehen und dabei einige bisher noch kaum bekannte Ereignisse und bedeutende Entwicklungen entdecken. Im ersten Teil stehen Murrhardt im 16. Jahrhundert von 1550 bis zum Dreißigjährigen Krieg und das älteste bekannte Murrhardter Schützen- und Vereinsfest 1591 im Fokus. Der zweite Teil blickt in der Zeit vom Ende des Dreißigjährigen Kriegs 1650 bis nach dem Stadtbrand 1765 auf die Gesundheitsversorgung und die Apotheke. Im Zentrum des dritten Teils steht die Zeit von 1766 bis 1830 mit den Napoleonischen Kriegen als Schwerpunkt. Der vierte Teil zeigt, wie in der Zeit von 1830 bis 1871 während der Industrialisierung erste Fabriken gegründet wurden. Der fünfte Teil betrachtet die Zeit des Kaiserreichs von 1871 bis 1918 und den Eisenbahnanschluss der Walterichstadt 1878. Der abschließende sechste Teil blickt zurück auf die Zeit von 1918 bis 1950, im Zentrum stehen die Weimarer Republik und die Inflation 1923 mit Murrhardter Notgeld.
In den vergangenen Wochen hatte Familie Schweizer die Dioramen mit verschiedenen Tieren und Vögeln in der naturkundlichen Abteilung mit Pflanzen und Bäumen wieder erneuert, damit sie zur geplanten Saisoneröffnung fertig waren. Sobald die aktuelle Krisensituation vorüber ist, kann diese zugänglich gemacht werden, aber die offizielle Einweihung und Eröffnung der neuen Abteilung wird erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, kündigt Museumsleiter Christian Schweizer an.