Laxe Arbeitsmoral in Deutschland
78 Prozent der Arbeitnehmer machen „Dienst nach Vorschrift“
Ist Deutschland zum Land der Lustlosen geworden? Noch nie wurde so häufig Dienst nach Vorschrift gemacht, wie im vergangenen Jahr, haben Forscher herausgefunden.

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„Dienst nach Vorschrift“ machen inzwischen der Studie zufolge 78 Prozent der Arbeitnehmer. 2023 lag dieser Anteil noch bei 67 Prozent.
Von Markus Brauer/dpa/AFP
Der sprichwörtliche „Dienst nach Vorschrift“, wenn Beschäftigte in ihrem Job also nur noch das Nötigste tun, hat in Deutschland einer Studie zufolge im vergangenen Jahr deutlich zugenommen.
Emotionale Bindung, Loyalität und Vertrauen in die finanzielle Zukunft des Arbeitgebers seien dagegen eingebrochen, fanden Wissenschaftler des Instituts Gallup für den Gallup Engagement Index 2024 heraus.
Gerade hat Gallup den Engagement Index für #Deutschland 2024 vorgestellt. Es sieht noch schlechter aus als die Jahre zuvor. Zitate: „Mit 78 Prozent (2023: 67 %) erreicht der Anteil der emotional gering Gebundenen, die Dienst nach Vorschrift machen, einen historischen… pic.twitter.com/RBMUThAJE9 — Florian Becker (@DrFlorianBecker) March 13, 2025
Trauriger Rekord
Der Anteil derer, die emotional an ihren Arbeitgeber hochgradig gebunden sind, ist demnach auf ein Rekordtief von neun Prozent eingebrochen:
- 2023 waren es noch 14 Prozent.
- Nur noch die Hälfte der Beschäftigten wolle mehr als ein Jahr beim aktuellen Arbeitgeber bleiben, nur etwas mehr als ein Drittel wolle mehr als drei Jahre bleiben.
„Dienst nach Vorschrift“ machen inzwischen der Studie zufolge 78 Prozent der Arbeitnehmer. 2023 lag dieser Anteil noch bei 67 Prozent.
Milliarden-Einbußen durch „innere Kündigungen“
„Das heißt, dass fast zwei Millionen weniger Arbeitnehmende als im Vorjahr mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache waren“, heißt es in der Studie. Gallup geht davon aus, dass sich die volkswirtschaftlichen Kosten in Form von Produktivitätseinbußen durch „innere Kündigungen“ auf einen Wert zwischen 113 Milliarden und 135 Milliarden Euro belaufen – etwas weniger als im Vorjahr.
„Die vorherrschende schwach ausgeprägte emotionale Bindung trägt zur Wechselwilligkeit bei, während sich die Einschätzung des Arbeitsmarktes zunehmend von der wirtschaftlichen Lage entkoppelt“, erklärt Marco Nink, einer der Autoren der Studie.
„Trotz der zahlreichen schlechten Nachrichten der letzten Monate scheinen die Beschäftigten in Deutschland ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt weiterhin positiv einzuschätzen, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel täglich zu spüren ist.“
Daten deuten auf tiefe Skepsis hin
Unternehmen hätten es zwar geschafft, „innere Kündigung“ durch gezielte Maßnahmen wieder zu reduzieren. Aber sie hätten es bisher nicht geschafft, Motivation zu wecken. Ziel müsse es sein, durch eine motivierende Führungskultur zu hoher emotionaler Bindung zu kommen und damit die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Der aktuelle Trend geht demnach jedoch in die komplett falsche Richtung:
- Nur noch 21 Prozent der Beschäftigten vertrauen ihrer jeweiligen Führungskraft – ein Absturz um 20 Punkte im Vergleich zum Vorjahr.
- 2019 lag dieser Anteil noch bei 49 Prozent.
„Die Daten deuten auf tiefe Skepsis und ein Empfinden von Entfremdung in weiten Teilen der Arbeitnehmerschaft hin“, heißt es in der Gallup-Studie.
Für die Studie, die seit 2001 erstellt wird, wurden im November und Dezember rund 1700 Beschäftigte telefonisch befragt. Die Ergebnisse sind nach Angaben des Unternehmens repräsentativ.