Rückgang des Wohneigentums
Auch im Südwesten besitzen immer weniger ihre eigenen vier Wände
Auf der BAU-Messe in München zeichnen Fachverbände und Institutionen der Bauindustrie ein düsteres Bild: Von massiven Rückgängen bei Baugenehmigungen, verunsicherten Bauwilligen und einer Förderpolitik, die keine Lösungen bietet.
Von Janina Link
In Deutschland wird der Traum vom eigenen Zuhause laut einer neuen Studie des Pestel-Instituts für immer weniger Menschen Realität. Die Eigentümerquote im Land ist seit 2011 kontinuierlich gesunken und liegt derzeit bei unter 44 Prozent. Im Vergleich mit 19 anderen europäischen Ländern landet Deutschland somit auf dem vorletzten Platz – nur die Schweiz schneidet noch schlechter ab. Während etwa in Österreich mehr als die Hälfte der Haushalte in den eigenen vier Wänden lebt, scheint der Traum vom Eigenheim in Deutschland für viele zunehmend unerreichbar.
Auch in Baden-Württemberg war in den vergangenen Jahren ein Rückgang des durchschnittlichen Eigentümeranteils zu beobachten. Während die Quote im Jahr 2011 noch bei 52,1 lag, sank die Zahl laut der Pestel-Studie bis 2022 auf 50,6 herab. Im Vergleich zu anderen Bundesländern schneidet Baden-Württemberg aber noch gut ab. In der bundesweiten Rangliste besetzt das Land den dritten Platz, hinter Rheinland-Pfalz mit 53,5 und dem Saarland mit 58,6. Das Schlusslicht bildet – wenig überraschend – Berlin mit einer Quote von gerade einmal 15,8.
Politik erzeugt Unsicherheit bei Bauwilligen
Während einer Pressekonferenz auf der BAU-Messe in München standen Fachverbände und Institutionen der Bauindustrie Rede und Antwort. Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts, das vom Bundesverband des Deutschen Baustoff-Fachhandels (BDB) mit der Studie zum Wohneigentum in Deutschland beauftragt worden war, sieht die Veränderungen in der Branche insbesondere in der politisch erzeugten Unsicherheit begründet. Auf der BAU-Messe stellte er ebenjene Studie vor – und übte Kritik an der Politik.
„Viele Menschen haben Angst, heute ein Haus zu bauen, weil sie befürchten, dass künftige gesetzliche Anforderungen Investitionen nötig machen, die sie sich nicht leisten können“, sagte er. Das könne dazu führen, dass weniger Menschen Wohneigentum erwerben – ein Trend, der nicht nur die Eigentumsquote, sondern auch die Altersvorsorge gefährde. Günther: „Die Armutsgefährdungsquote bei Senioren ist in den letzten Jahren überproportional gestiegen.“ Und der beste Schutz vor Altersarmut sei eben nun mal eine bezahlte eigene Immobilie. Wenn die Politik jetzt nicht in die Wohneigentumsförderung investiere, so Günther, müsse sie dafür später höhere Sozialausgaben zur Grundsicherung tragen.
„Das Gesundbeten schlechter Zahlen muss ein Ende haben“
Katharina Metzger, Präsidentin des BDB, kam „noch etwas atemlos“ direkt von einer Podiumsdiskussion mit Bauministerin Klara Geywitz zur Pressekonferenz und berichtete kritisch davon: „Man konnte da gerade leicht den Eindruck bekommen, die Regierung und das Bauministerium haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen top Job gemacht, aber das sehen wir anders.“ Sie machte klar, dass es mit „immer neuen Förderprogrammen, die ohne Wirkung bleiben“, nicht weitergehen könne. „Das Gesundbeten von dramatisch schlechten Fertigstellungs- und Baugenehmigungszahlen muss endlich ein Ende haben“, so Metzger.
Als besonders besorgniserregend sieht sie den Einbruch bei den Baugenehmigungen an: Für Ein- und Zweifamilienhäuser seien die Zahlen unter der Ampelkoalition und Ministerin Geywitz laut einer Prognose von 126 000 im Jahr 2021 auf 50 000 im Jahr 2024 abgestürzt – ein Rückgang von rund 60 Prozent. Auch bei Mehrfamilienhäusern sehe es nicht besser aus.
Christian Bruch, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM), kritisierte auf der BAU-Messe vor allem die Umstellung der Breitenförderung auf eine ambitionierte Spitzenförderung: „Wer sich ohnehin ein Haus leisten kann, bekommt Geld dafür, dass es energetisch noch besser gebaut wird. Das führt zwar zu besseren Gebäuden, aber nicht zu mehr Gebäuden.“ Dabei sei das doch gerade das eigentliche Bestreben.
Wohnungsbaukasse wurde „geplündert“
Die Förderpolitik der vergangenen Jahre habe laut Christian Bruch nicht nur die Ziele der Bundesregierung – 400 000 neue Wohneinheiten pro Jahr – verfehlt, sondern diese sogar „konterkariert“. Auch den Umgang der Bundesregierung mit Fördermitteln sieht Bruch kritisch. „Die Wohnungsbaukasse wurde – so muss man es leider sagen – geplündert, um das Heizungsgesetz zu finanzieren.“ Und die daraufhin eingeführten Programme seien lediglich noch „Schaufensterprogramme“ gewesen.
Metzger wiederum warnte, dass diese Entwicklung nicht nur den Traum vom Eigenheim für viele platzen lasse, sondern auch den Mietmarkt belaste: „Wenn 70 000 Familien pro Jahr nicht in die eigenen vier Wände kommen, fehlen eben diese 70 000 Wohnungen auf dem Mietwohnungsmarkt. Und das treibt natürlich noch weiter die Mieten an.“ Metzgers Appell: „2025 muss ein Bauwendejahr werden.“ Deutschland brauche mehr Sozialwohnungen, mehr bezahlbare Mietwohnungen – und endlich wieder eine Perspektive für Wohneigentum.„Und das nicht nur als Wahlversprechen, sondern als klare Zielsetzung“, betonte die Präsidentin des Deutschen Baustoff-Fachhandels .