Neu im Kino „Alien: Romulus“

Außerirdisch böser Horror ab 16

„Alien: Romulus“ von Fede Alvarez ist kaum noch Science-Fiction. Da es maximal unappetitliche Szenen gibt, muss das Publikum hart gesotten sein.

Rain (Cailee Spaeny) im verzweifelten Kampf mit einem Xenomorph

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Rain (Cailee Spaeny) im verzweifelten Kampf mit einem Xenomorph

Von Martin Schwickert

Die Angst vor dem Fremden und die Neugier auf das Fremde waren stets zwei konkurrierende Emotionen, die das Science-Fiction-Genre angetrieben haben. Während erfolgreiche Franchises wie „Star Wars“ und „Star Trek“ in Kino und Fernsehen eine multikulturelle Gesellschaft auf intergalaktischem Niveau installierten, schürte „Alien“ von Ridley Scott die Furcht vor den unbekannten Wesen aus dem All. Scott inszenierte damals den ultimativen Space-Horror-Trip, in dem Sigourney Weaver als kompetente Einzelkämpferin einem außerirdischen Monster an Bord eines Raumschiffes entschlossen entgegentrat.

Weavers Verkörperung der tapferen Weltraumsoldatin Ripley galt über Jahrzehnte hinweg als Maßstab für starke Frauenfiguren in und außerhalb des Science-Fiction-Genres und als echte feministische Pionierarbeit in der Filmbranche. Zahlreiche Fortsetzungswerke versuchten an das filmhistorische Momentum und den Kassenerfolg anzuknüpfen, zerfaserten jedoch in inspirationsarmen Genreposen, die den psychologischen und sozialen Subtext des Originals vermissen ließen. Aber dann nahm Scott das Zepter wieder selbst in die Hand. Mit „Prometheus“ (2012) und „Alien: Covenant“ (2017) erzählte er vor dem bekannten Grundmuster zwei interessante Zukunftsgeschichten, die lose mit dem Original verlinkt waren, aber inhaltlich auf eigenen Beinen standen. Die beiden Filme waren erneut als Melange aus Science-Fiction- und Horror-Genre angelegt und diskutierten mit Beiläufigkeit semiphilosophische Fragestellungen.

Mit „Alien: Romulus“, bei dem Scott nur noch als Produzent und Fede Alvarez als Regisseur fungiert, wird ein erneuter Qualitätsverlust des Franchises eingeläutet. Gehörte ein gewisses Maß an wohl dosiertem Sadismus und blutigen Effekten auch unter Scotts Regie stets zum Image der Alien-Marke, navigiert Alvarez den Tanker nun ganz in die Gefilde des Horrorfilms.

In ferner Zukunft auf einem noch ferneren Planeten machen sich Rain (Cailee Spaeny) und ihre Freunde daran, ihrem Schicksal zu entfliehen. Die jungen Leute wollen sich nicht wie ihre Eltern als Minenarbeiter ausbeuten lassen und machen in der Nähe eine verlassene Raumstation aus, deren Energietanks ihnen die Flucht ermöglichen könnten. Aber – wir ahnen es – die Raumstation ist von außerirdischen Wesen unterwandert, die den Besuchern und der gesamten Menschheit mit parasitärer Feindlichkeit gegenüber stehen.

Schon nach 50 Filmminuten tritt das Science-Fiction-Setting in den Hintergrund und blanker Horror regiert. War es in Scotts Original ein Monster, das durchs Raumschiff wütete, sind es in „Alien: Romulus“ gleich mehrere, verschiedene Alien-Populationen, die Jagd auf die Weltraumreisenden machen. Das entspricht Alvarez’ Regie-Mantra, bei dem nicht weniger, sondern nur mehr wirklich mehr ist.

Im gefühlten Fünf-Minuten-Takt werden die Außerirdischen auf ihre Opfer gehetzt, welche auf maximal unappetitliche Weise massakriert oder als Wirtskörper benutzt werden. Schnell steigert sich „Alien: Romulus“ in ein Delirium aus brutalen Gewalt- und Penetrationsfantasien, die im Hardcore-Modus ausgelebt werden. Die FSK 16 ist hier mehr als gerechtfertigt. Mit seinen Exzessen, zu denen auch die grauenhafte Geburt eines Aliens aus einem menschlichen Frauenkörper in Großaufnahme gehört, richten sich an ein hart gesottenes Genrepublikum – und geben „Alien“ als Mainstreamprodukt den Todesstoß.

Alien: Romulus. USA 2024. Regie: Fede Alvaraz. Mit Cailee Spaeny, David Jonsson, Archie Rennaux. 119 Minuten. Ab 16 Jahren.

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Erstellt:
15. August 2024, 15:26 Uhr
Aktualisiert:
19. August 2024, 18:17 Uhr

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