Backnanger Derbys als Fußball-Feiertage

70 Jahre Fußball an Rems und Murr (1980 bis 1990): Duelle zwischen der TSG und dem FCV lassen die Fans strömen. Die Kicker des Sonnenhof beginnen ihren Erfolgsweg.

Trainer Helmut Loistl, Spielleiter Horst Liebentritt, Routinier Heinz Hahn, Vorstandsmitglied Heinz Runge und Youngster Tobias Ruoff (von links) bejubeln den 1:0-Sieg des FC Viktoria im Derby gegen die TSG. Mit dem Erfolg gegen den großen Nachbarn hatte der FCV die jahrzehntelang festgezurrten Machtverhältnisse im Backnanger Fußball vor 3000 Zeugen im Karl-Euerle-Stadion zumindest kurz in Frage gestellt. Foto: M. Melchert

Trainer Helmut Loistl, Spielleiter Horst Liebentritt, Routinier Heinz Hahn, Vorstandsmitglied Heinz Runge und Youngster Tobias Ruoff (von links) bejubeln den 1:0-Sieg des FC Viktoria im Derby gegen die TSG. Mit dem Erfolg gegen den großen Nachbarn hatte der FCV die jahrzehntelang festgezurrten Machtverhältnisse im Backnanger Fußball vor 3000 Zeugen im Karl-Euerle-Stadion zumindest kurz in Frage gestellt. Foto: M. Melchert

Von Dieter Gall

VfL Schorndorf und TSG Backnang in der Verbandsliga. Höhenflug des FC Viktoria Backnang bringt Titel in der Bezirks- und Landesliga. Erfolgsstory des FC Sonnenhof beginnt in der Kreisliga B, Staffel 2.

Kurze Glanzzeit des VfR Murrhardt. Ende der Sechziger hatten sich in der Walterichstadt der SV Murrhardt und der FC Murrhardt-Alm zusammengeschlossen. Zwölf Jahre später kämpfte der VfR in der Landesliga um Punkte. In der Saison 1980/81 schafften Torwart Herbert Sturm und seine Vorderleute gegen Vereine wie den späteren Oberligisten FC Marbach, den heutigen Oberliga-Spitzenreiter SGV Freiberg, den Traditionsklub Germania Bietigheim und die TSG Backnang als Aufsteiger Rang elf. Ein Jahr später verfehlte Murrhardt als Viertletzter den Klassenverbleib nur knapp.

Backnanger Derbys als Fußball-Feiertage

TSG Backnang steigt erstmals in die Verbandsliga auf: Nach der Saison 1980/81 stieg mit dem VfL Schorndorf der letzte Rems-Murr-Vertreter aus der Verbandsliga ab. Allerdings kehrten die Daimlerstädter schon ein Jahr später wieder in Württembergs höchste und Deutschlands damals vierthöchste Liga zurück. Die TSG zog als Landesliga-Meister der Saison 1982/83 nach. Im letzten und entscheidenden Spiel bei der Spvgg Rommelshausen siegte die Elf von Trainer Helmut Loistl nach Toren von Dieter Kurz und Harald Drechsler (2) vor mehr als 2000 Zuschauern mit 3:0. Der Jubel über den ersten Verbandsliga-Aufstieg war groß. Nach Schorndorfs erneutem Abstieg im Sommer 1984 war die Etzwiesen-Elf gar einziges Team aus dem Fußballbezirk. Das aber nur kurz, setzte doch ein anderer Backnanger Klub zum Höhenflug an.

FC Viktoria Backnang sorgt für Furore: In der Saison 1983/84 machte der FC Viktoria Backnang sein Meisterstück in der Bezirksliga. Dabei setzte sich die Elf um den gerade mal 25 Jahre alten Spielertrainer Ralf Rangnick unter anderem gegen den VfR Murrhardt, bei dem Ex-Profi Werner Nickel als Spielertrainer das Sagen hatte, durch. Nette Episode vom Rande des Konkurrenzkampfs der beiden Teams aus dem Murrtal: gemeinsam büffelten Rangnick und Nickel unter der Woche in Köln für die Lizenz zum Fußballlehrer. Die Landesliga war für Rangnick und seine Mitstreiter wie Erwin Weitbrecht, Görge Kalb oder Manfred Haerer noch nicht das Ende. Der Aufsteiger mischte auch in der neuen Liga die Konkurrenz auf, um schließlich als Meister in die Verbandsliga aufzusteigen. Für Rangnick waren die Titel mit seinem Heimatverein bekanntlich nur der Anfang einer großen Karriere. Wobei es für den gebürtigen Backnanger nach dem Verbandsliga-Aufstieg als Trainer zunächst einmal nur vom Murrufer an den Neckar zu den Amateuren des VfB Stuttgart und für den FCV ein Jahr später schon wieder runter in die Landesliga ging. In der zählten die Backnanger danach allerdings stets zur Spitzengruppe.

Startete als Spielertrainer in Backnang und nun in der Fußballwelt daheim: Ralf Rangnick. Foto: M. Melchert

© Monika Melcert

Startete als Spielertrainer in Backnang und nun in der Fußballwelt daheim: Ralf Rangnick. Foto: M. Melchert

FC Sonnenhof lässt erstmals aufhorchen: Gefeiert wurde 1989 in Kleinaspach, Der erst seit der Saison 1987/88 am Spielbetrieb des WFV teilnehmende FC Sonnenhof Kleinaspach holte sich den Titel in der Kreisliga B 2. Es war der erste Schritt auf dem Weg nach oben, der 26 Jahre später mit dem Drittliga-Aufstieg als SG Sonnenhof Großaspach seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden hat.

TSG und FCV gleichauf in der Verbandsliga: Der FC Viktoria wurde in der Saison 1988/89 unter Trainer Harry Griesbeck und mit Torjäger Michael Lemberger erneut Meister in der Landesliga und kehrte zurück in die Verbandsliga. Dort war Lokalrivale TSG unter Trainer Markus Elmer Sechster geworden. Das ermöglichte in der Saison 1989/90 zwei Derbys, die einmal fast und einmal gut 3 000 Fans in die Etzwiesen und auf die Maubacher Höhe strömen ließen. Überhaupt waren die Pokal- und Punktspiele zwischen den Roten (TSG) und den Grünen (FCV) in jener Zeit richtige Fußball-Feiertage, bei deen es regelmäßig um die 2000 bis 3000 Fans gab. In der Saison 1989/90 gab es ein 1:1 im Hinspiel und einen 1:0-Heimsieg des FCV am 3. März 1990 im Karl-Euerle-Stadion (Tor: Jimmy Carter). Die Backnanger Kreiszeitung schrieb von einer „kleinen Palastrevolution“. Am Ende blieb’s ein Revolutiönchen. Das Team von Helmut Loistl, der bekanntlich einige Jahre zuvor den Etz-wiesenklub in die Verbandsliga geführt hatte, wurde Siebter und lag damit einen Platz hinter der TSG um Akteure wie Routinier Axel Bohmwetsch, Armin Scheiffele und den damals noch jungen Angreifer Markus Sailer. Das änderte aber nichts daran, dass die FCV-Elf um Carter, Haerer, Reiner Ebert, Heinz Hahn und Ralf Kropf die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte gespielt hatte.

Mit der Serie blicken wir auf die sieben Jahrzehnte Fußball im Murrtal und auch an der Rems nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Wir erzählen von großen Erfolgen, heißen Duellen und Vereinen sowie Ligen, die es nicht mehr gibt oder andere Namen haben.

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Erstellt:
11. März 2021, 06:00 Uhr

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