Bewährungsstrafe für Kinder- und Jugendbetreuer und Bademeister
Ein ehemaliger Fußball-Funktionär des TSV Gaildorf wird unter anderem wegen eines sexuellen Übergriffs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

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Von Anfang an gab sich der 44-Jährige reumütig und geständig. Symbolfoto: okanakdeniz - stock.adobe.com
Von Oliver Färber
Schwäbisch Hall/Gaildorf. Er war, wie zur Tatzeit aktive Fußballer des TSV Gaildorf als Zeugen am Dienstag in Schwäbisch Hall vor Gericht aussagen, eine Vertrauensperson für die Mannschaftsmitglieder oder sogar ein Freund für sie und wurde sehr für sein Engagement geschätzt. Umso größer sei laut der jungen Leute die Enttäuschung, ja die Fassungslosigkeit, über die nun erwiesenen Taten des heute 44-Jährigen gewesen, wegen derer er sich diese Woche zwei Tage lang vor dem Schöffengericht verantworten musste.
Wegen eines sexuellen Übergriffs auf einen jungen Mann, heimlichen Filmens in der TSV-Umkleidekabine und wegen des Besitzes von mehr als 30000 Kinderpornos auf seinem Computer wurde er zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Zahlung von 10000 Euro an den Kinderschutzbund verurteilt. Zudem erhielt er die Auflage, künftig weder Kinder noch Jugendliche betreuen zu dürfen und seine bereits begonnene Psychotherapie fortzusetzen.
Den Stein ins Rollen brachte eine Meldung des Internetkonzerns Google aus den USA an das Bundeskriminalamt. Über einen der Server wurden Bewegungen mit kinderpornografische Inhalten bemerkt, die zu dem Angeklagten zurückverfolgt wurden, wie ein Kripobeamter vor Gericht erklärte.
Bei einer Hausdurchsuchung wurden Computer, Handy und Datenträger beschlagnahmt und darauf Bilder und Videos gefunden, die meist Jungen im Alter unter zehn Jahren unbekleidet und bei sexuellen Handlungen zeigen. Außerdem wurden bei der Auswertung auch Videos entdeckt, die der 44-Jährige in der Umkleidekabine und Dusche des TSV Gaildorfs unbemerkt in den Jahren 2018 und 2019 mit einer Minikamera aus der Hand gefilmt hatte und Fußballer auch unbekleidet zeigen.
Die Dateien seien laut dem Beamten allerdings gelöscht und von der Polizei wieder hergestellt oder in einem Bereich gefunden worden, in dem der Computer Daten vom Benutzer unbemerkt zwischenspeichert.
Von Anfang an gab sich der 44-Jährige reumütig und geständig, auch wenn er nach Ansicht des Staatsanwalts dabei „Schutzbehauptungen“ aufstellte. Auch dass er einen jungen Mann bedrängt haben soll, bestritt er nicht. Dieser zeigte an, dass ihn der Angeklagte im Februar 2021, während er im selben Zimmer gelegen und zunächst noch schlief, belästigt habe.
Der Angeklagte verband sowohl das heimliche Filmen in der Kabine als auch das Surfen im sogenannten Darknet auf kinderpornografischen Seiten nur mit einer Neugier, wie und ob das funktioniere. „Ich wollte eine rote Linie überschreiten“, sagte er. Sexuelle Hintergründe habe er beides nicht gehabt. Zum einen sei Nacktheit für ihn als Bademeister, der auch Saunen betreue, etwas Alltägliches, zum anderen hätten ihn die Bilder und Videos aus dem Internet eher angeekelt. Außerdem führte er an, bei den nächtlichen Surfaktionen am Computer meist mehr oder minder stark alkoholisiert gewesen zu sein. An den Übergriff auf den jungen Mann könne er sich wegen seines exzessiven Alkoholgenusses vor der Tat nicht einmal erinnern, weil er dabei einen „Filmriss“ gehabt habe. Er sei erst am Morgen danach vom Gastgeber der Feier darüber aufgeklärt worden. Auch zu ihm hatte er bereits – wie vor Gericht bekannt wurde – einige Zeit vorher bei einer Übernachtung in einem geteilten Hotelzimmer gegen dessen Willen körperliche Nähe gesucht. Auch dabei sei viel Alkohol im Spiel gewesen.
Auch wenn er beide Handlungen nicht abstritt, erklären konnte er sich diese nicht. Er sei heterosexuell, seit über zehn Jahren fühle er sich aber eher als asexuell. „Ich habe kein Interesse mehr an körperlichen Beziehungen“, erklärte er im Prozess. „Ich war mit meiner Arbeit verheiratet“, fügte er hinzu. Diese habe Flexibilität verlangt, außerdem sei er in seinem Ehrenamt als Fußballbetreuer und Funktionär im Verein voll aufgegangen. „Es war wie eine Familie“, so der 44-Jährige.
Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe habe er sich zurückgezogen und damit alle Sozialkontakte verloren. Erstmals gebremst habe er sich schon 2016, als er bemerkte, dass das Surfen im Darkweb zu weit in die falsche Richtung geführt habe. Damals habe es alles, auch den dafür notwendigen Tor-Browser, gelöscht. Der Kripobeamte bestätigte, dass dieser nicht mehr auf dem Computer installiert gewesen sei. In Psychotherapie habe er sich im Oktober vergangenen Jahres begeben – wegen seiner Taten und des immer wieder vorkommenden exzessiven Alkoholgenusses. Früher habe er keinen Termin bei einem Therapeuten bekommen.
Jetzt habe er mit einem neuen Job seit 1. April als Hausmeister in einem anderen Bundesland das Leben in Gaildorf hinter sich gelassen, nicht aber die Gedanken darüber, was er getan habe.
In seinem Plädoyer forderte der Staatsanwalt eine Gesamtstrafe von drei Jahren und drei Monaten Haft – was eine Bewährung nicht mehr ermöglicht hätte. Die Verteidigung beantragte eine Bewährungsstrafe mit Auflagen. „Ich bereue das, was passiert ist, zutiefst“, sagte der Angeklagte vor dem Urteil noch. „Es ist ein erheblicher Schaden entstanden“, erklärte der Richter nach dem Urteilsspruch. Der Verein und seine Mitglieder, vor allem aber der im Schlaf überfallene Mann litten stark darunter. Zu sehen sei auch, dass ihm auch kleine Kinder für Schwimmkurse anvertraut wurden. Aus seinem Berufsleben seien immerhin keine Verstöße bekannt geworden. Daher die Bewährungsstrafe.