Der VfB kann nicht mehr gewinnen

Das Team von Sebastian Hoeneß erlebt gegen Bayer Leverkusen ein Drama und verliert nach einer 3:1-Führung noch mit 3:4. Der Siegtreffer der Werkself fällt in der Nachspielzeit. Die Stuttgarter stehen auf Platz zehn, der Abstand zu den Europapokalplätzen ist weiter angewachsen.

Von Heiko Hinrichsen

Stuttgart - Am Ende sackten die VfB-Profis im Kollektiv zusammen. Sie sanken auf den Boden, denn das, was da soeben passiert war, haute sie um, und das nicht nur im übertragenen Sinne. 3:4 verloren sie am Sonntag gegen Bayer Leverkusen nach einer 3:1-Führung. 3:2 stand es noch bis zur 88. Minute. Dann machte die Werkself das, was sie im Grunde immer macht in der jüngeren Vergangenheit gegen den VfB: Sie schlug spät zu, dieses Mal doppelt. Patrik Schick erzielte in der Nachspielzeit sogar nach das Siegtor – in einer Partie, in der die Stuttgarter lange wie die Gewinner aussahen.

Jetzt aber herrscht nach dem späten Nackenschlag Tristesse pur bei den Weiß-Roten – nach dem fünften sieglosen Spiel nacheinander, in dem das Team von Sebastian Hoeneß nun zum fünften Mal in Folge eine Führung aus der Hand gab. Jetzt ist der Abstand zu den Europapokalplätzen weiter angewachsen, der VfB steht auf Platz zehn.

„Wir müssen es einfach über die Bühne kriegen, drei Tore sollten zum Sieg reichen“, sagte der VfB-Offensivmann Nick Woltemade: „Wir haben eine sehr gute Leistung gezeigt, ich kann es nicht verstehen, wie wir das Spiel verlieren konnten.“

Trainer Hoeneß hatte gegen Bayer seinen kriselnden Offensivmännern Deniz Undav und Chris Führich vor dem Spiel einen Denkzettel verpasst. Die beiden saßen gegen die Werkself nur auf der Bank – und sahen von dort aus zunächst einen verhaltenen Beginn von beiden Teams. Die Aktionen waren nach dem Negativtrend beider Mannschaften zuletzt wenig überraschend eher nicht geprägt von großem Selbstvertrauen, bis der VfB zuschlug – und wie.

Maximilian Mittelstädt behauptete gegen seinen zu zögerlichen Nationalmannschaftskollegen Jonathan Tah den Ball, leitete ihn auf Woltemade weiter, der nach rechts auf den freien Jamie Leweling passte. Dessen Schuss konnte Bayer-Keeper Lukas Hradecky nur nach vorne abwehren. Ermedin Demirovic stand da, wo ein Stürmer dann stehen sollte und staubte nach 15 Minuten mit der ersten Chance des Spiels zum 1:0 ab.

In der Folge verflachte das Spiel wieder, Bayer vermisste in der Offensive seinen verletzten Topstar Florian Wirtz an allen Ecken und Enden. Auch der VfB spielte nicht gerade die Sterne vom Himmel, auch wenn er die Partie gegen den Meister zunächst kontrollierte. Vom höchsten Niveau der Spektakel-Duelle aus der vergangenen Saison gegen Leverkusen war das Treiben am Sonntagabend nun meist weit entfernt in Hälfte eins. Einzig Nick Woltemade fiel mit einigen starken Aktionen und Dribblings so richtig auf.

Gegen den Doublegewinner das Geschehen meist im Griff zu haben, sprach aber für die Hoeneß-Elf, die in die Pause mit der verdienten 1:0-Führung ging – die noch hätte höher ausfallen können. Wenn nicht müssen. Denn in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs hatte Woltemade den nächsten starken Akzent gesetzt, er passte toll in die Tiefe auf Enzo Millot, der freistehend an Hradecky scheiterte. Angelo Stiller brachte den Nachschuss auch nicht im Tor unter.

In Hälfte zwei dann setzte sich die Woltemade-Show fort, mit ihrem vorläufigen Höhepunkt: dem Tor zum 2:0 in Minute 48. Millot hatte einen tollen Sololauf von außen nach innen hingelegt und auf den Stürmer gepasst, der frei vor dem Tor kühlen Kopf bewahrte und überlegt einschob.

Die Glücksgefühle des Stuttgarter Anhangs sollten allerdings nur von kurzer Dauer sein. Denn bereits in der 56. Minute kam Leverkusen heran. Nach einer Standardsituation verteidigte der VfB im Kollektiv zu inkonsequent, irgendwann landete der Ball bei Jeremie Frimpong, der zum 1:2 einschoss.

Die Hoeneß-Elf aber verdaute das Gegentor gut, denn noch bevor Bayer zum ersten großen Sturmlauf ansetzen konnte, stellte der VfB den alten Zwei-Tore-Abstand wieder her. Wieder war, na klar, Woltemade beteiligt, er passte nach rechts auf Jamie Leweling, der bediente den freistehenden Demirovic in der Mitte – der an Hradecky scheiterte. Doch der Ball sprang Granit Xhaka aus kurzer Distanz an den Körper und von da aus ins Tor (62.).

Nun entwickelte sich die Partie doch noch in Richtung des Spektakel-Niveaus der Vorsaison, denn nur fünf Minuten später gab es das nächste Tor – und es stand nur noch 3:2. Piero Hincapie traf mit sattem Schuss: wieder nach einer Standardsituation, schon wieder hatte die Stuttgarter Defensive viel zu inkonsequent verteidigt. Bayer drängte nun auf den Ausgleich, der VfB stemmte sich dagegen. In der 82. Minute vergab Leverkusens Joker Amine Adli eine hundertprozentige Chance, als er den Ball aus kurzer Distanz freistehend am Tor vorbeischoss.

Und dann, ja dann nahm das Drama aus VfB-Sicht seinen Lauf. Der eingewechselte Victor Boniface brachte den Ball von links nach innen im Strafraum, wo der Stuttgarter Mittelfeldmann Angelo Stiller fatalerweise den Fuß hinhielt und die Kugel so ins lange Eck verlängerte. Eigentor, Ausgleich zum 3:3 – der schon bitter genug war.

Doch es kam noch schlimmer. Jeremie Frimpong flankte in der Nachspielzeit, Bayer-Torjäger Patrik Schick hielt den Kopf hin und erzielte das 4:3 für Leverkusen. Wenig später war Schluss – und der VfB lag am Boden. Nach der Länderspielpause geht es am 29. März zu Eintracht Frankfurt (18.30 Uhr).

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Erstellt:
16. März 2025, 22:20 Uhr
Aktualisiert:
16. März 2025, 23:53 Uhr

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