Die Lage im Tabellenkeller spitzt sich zu

Das 0:1 in Bahlingen ist Großaspachs dritte Pleite in Serie. Der Drittliga-Absteiger versinkt auch in der Fußball-Regionalliga immer tiefer im Schlamassel, weil vorne die Durchschlagskraft fehlt und sich hinten der eine oder andere Fehler zu viel einschleicht.

Andreas Ivan und seine Aspacher Kollegen entwischten den Bahlingern durchaus ab und zu, doch vor dem Tor fehlte die Konsequenz. Foto: Eibner

© Eibner-Pressefoto

Andreas Ivan und seine Aspacher Kollegen entwischten den Bahlingern durchaus ab und zu, doch vor dem Tor fehlte die Konsequenz. Foto: Eibner

Von Steffen Grün

Zwei Dreier zu Beginn des neuen Jahres hatten bei der SG Sonnenhof bereits auf eine Trendwende hingedeutet. Mittlerweile wirken das 2:0 in Kassel und das 3:0 bei Schott Mainz aber eher wie ein Strohfeuer, weil das Punktekonto seitdem keinen weiteren Zuwachs bekommen hat. Beim zu hoch ausgefallenen 0:4 in Elversberg haderte der Klub aus dem Fautenhau mit dem Referee, ärgerte sich mit Blick aufs selbst verschuldete 0:1 und die versiebten Torchancen aber auch über eigene Unzulänglichkeiten. Beim 0:1 in Frankfurt gab es am Schiedsrichter spätestens nach dem Videostudium nichts mehr zu mäkeln, die knappe Niederlage beim aktuellen Tabellenführer war die Folge offensiver und defensiver Nachlässigkeiten. Ähnlich sah es nun beim 0:1 in Bahlingen aus, bei dem Aspachs Trainer jedoch auch dem Unparteiischen wieder einen Fehler attestierte.

„Es war kein Foul und damit ein unberechtigter Freistoß“, kommentierte Hans-Jürgen Boysen die Aktion in der 75. Minute, die dem entscheidenden Tor der Hausherren vorausging. Das mag sein, doch aus einer Standardsituation im Mittelfeld, wie es sie in allen Partien immer wieder gibt, muss nicht zwingend Zählbares entstehen – auch dann nicht, wenn der Rivale wie in diesem Fall die Bahlinger mit Hasan Pepic einen Spezialisten in den Reihen hat. „Der Freistoß war sehr gut getreten, aber man kann in dieser Situation auch besser verteidigen“, sagte Boysen, ohne eine persönliche Schuldzuweisung betreiben zu wollen. Es gebe bei Standards „eine ganz klare Zuordnung, aber die will ich in der Öffentlichkeit nicht breittreten“. Offen bleibt damit allerdings auch, ob es wirklich Jan Ferdinand war, der sich um den Torschützen Shqipon Bektasi kümmern sollte und ihn nicht energisch genug beim Kopfball störte. Oder ob der Angreifer nur versucht hatte, die Kohlen für einen schlafmützigen Kollegen aus dem Feuer zu holen.

SG-Trainer Boysen findet lobende Worte für sein Team, das vor dem Tor aber viel zu harmlos bleibt.

Sicher ist dagegen, dass diese Situation letztlich den Unterschied zwischen beiden Teams ausmachte. In einem Duell, das davon abgesehen für Boysen eigentlich „ein typisches Unentschiedenspiel“ war. Der 63-Jährige hatte durchaus lobende Worte für seine Elf übrig: „Wir waren fußballerisch besser, hatten eine gute Ballzirkulation und Spielkontrolle. Für ein Auswärtsspiel bei einem der heimstärksten Vereine der Liga hat mein Team vieles richtig gemacht.“ Bahlingens Taktik, basierend auf einer kompakten Defensive auf Konter zu lauern und auf die Stärke bei Standardsituationen zu setzen, sei Ausdruck des Respekts vor der Spielstärke der SG gewesen. Tatsächlich war für die Gäste ein leichtes Plus bei der Torchancenstatistik zu notieren, doch die sogenannten Hundertprozentigen waren eben auch wieder nicht dabei. „Die Hereingaben und die Abschlüsse haben nicht gestimmt“, bemängelte Boysen.

Die fehlende Durchschlagskraft in der Abteilung Attacke der Aspacher manifestiert sich in bislang erst 19 Saisontreffern, also durchschnittlich exakt einem Tor pro Partie. Weniger haben im Feld der 22 Vereine nur Koblenz (18), Schlusslicht Stadtallendorf (17) und Pirmasens (16) zustande gebracht. Wäre da nicht Marvin Cuni, der mit seinen neun Buden den geteilten siebten Platz in der Torjägerliste belegt, sähe es so richtig düster aus. Weil der 19-Jährige in Bahlingen eine Gelbsperre verbüßte, war es umso weniger überraschend, dass die SG-Offensive ziemlich zahnlos daherkam. Drei Treffer genügen Jonas Meiser, um den zweiten Rang im internen Klassement zu belegen. Joel Gerezgiher jubelte bislang zweimal. Alle anderen Aspacher – auch die Offensivakteure wie Jan Ferdinand, Andreas Ivan oder Dominik Widemann – steuerten allenfalls ein mageres Törchen oder noch überhaupt keines bei.

Vorne meist nur ein laues Lüftchen und hinten zieht oft Sturmgefahr auf, weil die SG entweder die Konsequenz in der Rückwärtsbewegung vermissen lässt oder sich folgenreiche Unkonzentriertheiten leistet – summa summarum bedeutet das momentan den 18. Platz, der am Saisonende den Absturz in die Oberliga bedeuten würde. Das führt beinahe zwangsläufig zur Frage, ob der Trainer noch sicher im Sattel sitzt. Joannis Koukoutrigas antwortet ein wenig ausweichend, indem er zunächst feststellt, dass „allerspätestens jetzt jedem bewusst sein muss, dass wir im Abstiegskampf angekommen sind“. Der Sportdirektor verweist dann auf das Duell mit Walldorf am Mittwoch und betont: „Wir spielen gegen einen direkten Konkurrenten und müssen auf jeden Fall punkten, am besten dreifach.“ Wer die üblichen Gesetzmäßigkeiten der Branche kennt, der ahnt, dass die Luft für Boysen dünn werden würde, wenn erneut kein Sieg herausspringen sollte. Zumal Koukoutrigas schon mehrfach durchblicken ließ, dass er an der nötigen Qualität des Kaders keinerlei Zweifel hat. Deshalb „und weil wir auch wirtschaftlich nicht in der Lage dazu waren, noch einmal nachzulegen“, tat sich gestern am letzten Tag in der Wintertransferperiode nichts mehr. Offensivmann Can Karatas von Bayern München II und der zuletzt vereinslose Nico Purtscher als zusätzlicher Keeper – dabei bleibt es. Der Abstieg und die dadurch fehlenden TV-Einnahmen sowie die Auswirkungen der Coronakrise haben den Handlungsspielraum stark eingeschränkt.

Die Woche der Wahrheit

Ein sogenanntes Sechspunktespiel bestreitet Aspach am Mittwoch (18.30 Uhr). Der Tabellenachtzehnte erwartet den FC Astoria Walldorf, der als 16. bei sechs Absteigern exakt den Platz belegt, der am Ende gerade so die Rettung bedeuten würde. Beide Teams trennen nur zwei Zähler, zudem hat die SG eine Partie weniger ausgetragen.

Das Duell mit Walldorf ist aber nur der Auftakt für die Woche der Wahrheit, denn die SG hat zwei weitere Heimspiele gegen direkte Kontrahenten im Keller vor sich. Am nächsten Sonntag kreuzt der 17. aus Pirmasens im Fautenhau auf, am Mittwoch, 10. Februar, der Viertletzte aus Koblenz. „Ich mache keine Hochrechnungen“, sagt Trainer Hans-Jürgen Boysen, „aber klar ist: Wir müssen punkten.“ Gut ist, dass die in Bahlingen gesperrten Marvin Cuni und Joel Gerezgiher ebenso wieder dabei sind wie der zuletzt verletzte Sandro Sirigu. Dagegen fällt Jan Ferdinand (Finger-OP) aus. Hinter Sebastian Schiek steht ein Fragezeichen.

Zum Artikel

Erstellt:
1. Februar 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt Sport

SV Unterweissach nimmt die Favoritenrolle an

Der Tabellenführer will in der Fußball-Kreisliga A2 auch gegen den Nachbarn SV Allmersbach II nichts anbrennen lassen. Verfolger VfR Murrhardt steht vor einem schwierigen Auswärtsspiel.

Murrhardt Sport

SG Sonnenhof Großaspach: Ein 50-Meter-Tor als Sahnehäubchen

Mert Tasdelen setzt beim 5:0-Heimerfolg des Fußball-Oberligisten aus dem Fautenhau gegen den FC 08 Villingen II den glanzvollen Schlusspunkt. Mit dem nunmehr schon zehnten Sieg in Serie stellt Großaspach den Vereinsrekord aus der Verbandsliga-Meistersaison 2004/2005 ein.