„Die Zeit hat mir mehr Leichtigkeit beschert“
Interview Die scheidende Schwäbische Waldfee Leonie Treml blickt auf drei Jahre als magisches Wesen zurück. Die Begegnungen, insbesondere mit Kindern, waren für die Murrhardterin sehr wertvoll. Die Pandemie brachte die Chance mit sich, die Natur als großen Schatz kennenzulernen.

© Pressefotografie Alexander Beche
Waldfee Leonie Treml – die Aufnahme stammt aus dem Jahre 2019 bei ihrer Amtseinführung, neben ihr steht Liedermacher Tom Lugo. Foto: J. Fiedler
Demnächst übernimmt Kim-Laura Rützler als neue Schwäbische Waldfee. Wenn Sie dann endgültig alles – außer das Wirken in der Waldfeengruppe – abgeben können, sind Sie nach drei Jahren vor allem froh und erleichtert oder spielt gefühlsmäßig auch Wehmut eine Rolle?
Wehmut ist schon dabei, weil es auch ein Abschied ist und eine schöne Zeit endet. Mein Kopf sagt aber, dass es gut ist, das Amt weiterzugeben, damit wieder neuer Schwung reinkommt. Und es ist für mich persönlich auch gut, dass ich dadurch wieder Zeit für andere Dinge habe. Es ist also wirklich beides. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es ist total easy für mich, das Amt abzugeben. Drei Jahre sind einfach auch eine lange Zeit.
Und es war eine ungewöhnliche Zeit. Corona hat die Situation auch für die Natur zugespitzt, viele haben sie als Ausgleich genutzt. Wer streng ist, sagt vielleicht, eine Werbung für die Region läuft Gefahr, den Konsum von Natur zu fördern und Menschen anzulocken, die nicht wirklich hinschauen, hinhören und Rücksicht nehmen. Hatten Sie auch solche Begegnungen und was gab es für Möglichkeiten zu reagieren?
Es gab da die Kritikerinnen und Kritiker, die gesagt haben, ihr lockt die Leute in den Schwäbischen Wald und die hinterlassen ihn wie einen Saustall, und es war ja zu merken, dass es Klein und Groß aus allen möglichen Städten zu uns gezogen hat, weil es einfach schön hier ist. Die Kritik war teils auch berechtigt. Man hat gesehen, dass die Wanderpfade teils hoch frequentiert waren. Die Mülleimer waren voll, wenn der Müll denn im Eimer gelandet ist. Aber ich glaube, dass es eben auch Zeit und Mühe kostet, um zu erreichen, dass die Menschen all das schätzen lernen. Ich denke, man kann jetzt nicht einfach sagen, wir machen keine Werbung mehr für die Region nach dem Motto, dann bleibt der Wald so schön, wie er ist, und es kommen nur die fünf rein, die eh immer gut aufpassen. Ich glaube, es ist wichtig, Kinder und Erwachsene überhaupt ans Thema heranzuführen. Sie vielleicht auch erst mal einzuladen, zu sagen, schaut euch mal an, wie schön es hier ist.
Was schlagen Sie vor?
Lasst die Natur im übertragenen Sinne zu eurem eigenen Wohnzimmer werden, verhaltet euch wie zu Hause, räumt auf, oder sogar, das ist das Wohnzimmer eurer Freunde und verhaltet euch wie Gäste. Ich glaub, wer etwas schätzen lernt, schützt es auch. Das ist meine Überzeugung. Nur durch Verbote oder Vermeidungsstrategien wird man einen schlechten Umgang mit der Natur nicht verhindern können. Deshalb ist sie am besten geschützt, wenn möglichst alle sie schätzen. Und der Wald gehört auch nicht nur denen, die ihn schon von klein auf schätzen gelernt haben. Ich arbeite ja in Cannstatt, die Leute haben keinen Balkon und keinen Garten, und da ist es umso wichtiger, dass man rauskommt.
Ich bin auch kein Fan von Verboten, überlege aber, wie man diese Rücksichtnahme oder ein Bewusstsein dafür fördern kann, dass auch noch Tiere da sind und ihnen nicht zu viel Raum genommen wird.
Ja, es muss ein gutes Gleichgewicht und gutes Miteinander sein, es ist ja das Zuhause der Tiere und Bäume und nicht das der Menschen. Die von zu Hause zu vertreiben, geht auf gar keinen Fall. Deshalb ist es, glaube ich, auch gut, darauf hinzuweisen, dass man auf den vorgesehenen Strecken wandert und nicht querfeldein. Da gibt es auch Schilder wie „Das ist der Salat meiner Kühe und nicht das Klo Ihres Hundes“. Das finde ich einfach gut, weil es das sehr bildlich vermittelt und daran erinnert, die Natur sauber und lebenswert zu hinterlassen.
Das heißt, es ist gut, auch mit Humor darauf hinzuweisen und nicht müde zu werden.
Ja, ich glaube, das ist der Punkt, nicht müde werden. Es ist klar, wenn man fünf verschiedene Gruppen sieht und die immer wieder – aus der eigenen Perspektive – mit Füßen treten, was die Natur bietet, dann macht das einen müde. Aber man muss einfach aufpassen, dass man wach bleibt und einlädt zu schützen.
Würden Sie sagen, frau kann das Feenamt auch prägen und persönliche Anliegen und Botschaften anbringen?
Ich glaube, im Kleinen schon. Man kann nicht wahnsinnig viel verändern, aber man hat viel Kontakte, beispielsweise auch bei Festen. Und da kann ich ja auch auf Menschen zugehen, und zwar nicht nur auf die mir bekannten, sondern auch auf die, die beispielsweise neu in der Stadt sind oder das Augenmerk auf Menschen legen, die in der Gesellschaft vielleicht nicht so integriert sind und die noch einen Platz suchen. Wenn man das schafft, im Kleinen, kann man schon zufrieden mit sich sein. Ja und es sollte einem ein Stück weit klar sein, dass die Schwäbische Waldfee auch Markenbotschafterin ist und insofern es auch einen klaren Auftrag gibt.
Was hat Ihnen das ehrenamtliche Engagement persönlich gebracht?
Mir sind zuerst die Kontakte eingefallen, die ich jetzt habe, das ist natürlich ein großer Schatz, den man mitnehmen kann. Was aber für mich persönlich noch wichtiger war, dass die Zeit als Fee mir wieder mehr Leichtigkeit beschert hat. Es war möglich, wieder mehr an das Magische zu denken, auch einfach loszulegen, zu machen, und viel mehr Fröhlichkeit. Insofern hat das Amt insgesamt mehr Leichtigkeit in mein Leben gebracht. Es ist ja einfach auch ein anderer Rahmen, in dem man sich bewegt. Die Begegnungen, vor allem mit den Kindern, sind beflügelnd. Wie die Magie, die einen verzaubert, und das verzaubert einen auch selbst.
Das hat auch über die drei Jahre funktioniert?
Natürlich gab es auch Phasen, da habe ich gedacht, puhhh. Vor dem Hintergrund von Corona war es keine leichte Zeit, auch für die Fee nicht. Es gab wenig Auftritte und persönliche Rückmeldungen im Gespräch mit Kindern oder Erwachsenen. Aber für den Schwäbischen Wald war es eine tolle Zeit, weil er zeigen konnte: Hallo, ich bin hier und ich bin direkt vor eurer Haustür. Genießt mich, kommt rein, schützt mich.
Jetzt winken vermutlich einige freie Wochenenden mehr. Wollen Sie diese Freiheit erst mal genießen oder gibt es Ideen für ein neues ehrenamtliches Engagement, auf das Sie Lust haben?
Es gibt kein neues, sondern ein altes Engagement, das ich wieder mehr leben möchte oder für das ich mir mehr Zeit nehmen will, und zwar bei der Demokratieförderung, also dem Verein „Vielfalt tut gut“. Dort möchte ich wieder mit mehr Energie reingehen und mich auch wieder stärker politisch engagieren. Diese Arbeit bekommt wahrscheinlich am meisten Zeit von der wiedergewonnenen ab. Und klar, darüber hinaus kann ich einfach auch mal durchatmen und das Wochenende ohne Termine genießen.
Das Gespräch führte Christine Schick.
Kinderfest Die neue Schwäbische Waldfee Kim-Laura Rützler sollte eigentlich beim Kindernaturerlebnisfest am Sonntag, 1. Mai, ins Amt eingesetzt werden. Der Stabwechsel muss allerdings krankheitsbedingt verschoben werden. Das Kinderfest in der Auenwaldhalle in Unterbrüden findet aber wie geplant statt. Weitere Informationen im Netz auf www.schwaebischerwald.com.