Ein Fußballer wie aus der Zeit gefallen

Benjamin Bischoff ist seinem Heimatverein VfR Murrhardt bis auf einen kurzen Abstecher in der Jugend treu geblieben. Während seiner D-Jugend-Zeit beim VfB Stuttgart hat er aber unter anderem mit Sami Khedira, dem Weltmeister 2014, zusammen gespielt.

Benjamin Bischoff (weißes Trikot) ist für seinen Heimatverein VfR Murrhardt seit Jahren am Ball. Foto: A. Becher

© Sportfotografie Alexander Becher

Benjamin Bischoff (weißes Trikot) ist für seinen Heimatverein VfR Murrhardt seit Jahren am Ball. Foto: A. Becher

Von Andreas Ziegele

Es gibt viele Wörter, die Fußballspieler beschreiben. Vereinstreue ist eines, das man meist vergeblich sucht. Offensichtlich liegt das daran, dass es mehr oder weniger aus der Mode gekommen ist, länger für ein und denselben Verein zu spielen. Aber es gibt auch Ausnahmen. Benjamin Bischoff darf ohne Zweifel zu den Spielern gezählt werden, die man mit diesem Attribut belegen kann.

Zum Fußball gekommen ist er auf die, wie er sagt, „klassische Weise“. Der Vater, fußballbegeistert und überzeugter Anhänger des VfB Stuttgart, hat den heute 34-Jährigen schon als kleinen Bub mit zu den Heimspielen ins Stadion, das damals noch Neckarstadion hieß, genommen. Auch der Rest der Familie leistete seinen Beitrag, um den Jungen für Fußball zu begeistern. Neben dem Vater, der jahrelang auch sein Trainer gewesen ist, waren es auch die Mutter und zwei seiner Tanten. „Die haben auch einige Jahre selbst gespielt“, erzählt Bischoff.

Auch abseits des Fußballplatzes waren die Eltern für den Sport da. 15 Jahre lang betreuten sie das Vereinsheim im Trauzenbachtal. Es kam dann, wie es kommen musste. „Ich wurde dann als Vierjähriger beim VfR Murrhardt bei den Bambinis angemeldet.“ Und dort spielt er als Aktiver heute noch. An Möglichkeiten, bei anderen Klubs zu spielen, hat es dabei nicht gefehlt. „Ich hatte jedes Jahr im Sommer Angebote von verschiedenen Vereinen, darunter auch die TSG Backnang“, erinnert sich Bischoff. Dabei waren manche Angebote auch finanziell lukrativ. „Ich habe aber noch nie für auch nur einen Cent Fußball gespielt“, sagt er und möchte aber nicht als Fußballromantiker bezeichnet werden.

Dass es (noch) nicht ganz zu seinem 30-Jahr-Jubiläum beim VfR Murrhardt gereicht hat, liegt daran, dass Bischoff ein Jahr „fremdgegangen“ ist. Ende der 90er-Jahre wurde er als Elfähriger bei den Jugendauswahltagen gesichtet und in der Saison 1997/1998 der D-Jugend-Spieler bei seinem Herzensklub, dem VfB Stuttgart. „Das war damals schon ein Riesending und hat meinen Vater stolz wie Oskar gemacht“, erzählt der gebürtige Backnanger, der momentan in Fellbach wohnt. Ein halbes Jahr spielte er dann mit dem besten Kicker, mit dem er bis heute je zusammen gespielt hat, wie er selbst sagt. Kein geringerer als der Weltmeister von 2014, Sami Khedira, war der Mannschaftskollege von Benjamin Bischoff. Nach einem Jahr war dann, gemeinsam in der Familie besprochen, Schluss mit dem Verein aus Bad Cannstatt. „Ich habe mich auf die Schule konzentriert und mir war damals schon klar, wie wenige Jugendspieler tatsächlich am Ende Profis werden“, sagt er ohne Bedauern. Tatsächlich war es auch ein großer Aufwand, in Stuttgart zu spielen. „Damals gab es noch kein Internat. Meine Mutter musste mich von Murrhardt zum Training fahren und wieder abholen.“ Und so verwöhnt wie heute die VfBJugendlichen war er damals auch nicht. „Meine Eltern mussten 700 Mark für die Ausrüstung bezahlen“, erinnert sich Benjamin Bischoff.

Seinen größten sportlichen Erfolg feierte er nach seiner eigenen Einschätzung mit dem VfR Murrhardt. „Das war 100-prozentig der Aufstieg in die Bezirksliga im Jahr 2010“, kommt es ohne Zögern von Bischoff. „Wir hatten einen Lkw gemietet, mit dem wir nach dem Aufstiegsspiel von Winnenden nach Murrhardt gefahren sind, wo uns auf dem am Marktplatz gleichzeitig stattfindenden Marktplatzfest mehrere Hundert Menschen begrüßten und mit uns feierten. Es war einfach sensationell“, wie er immer noch begeistert erzählt. Doch vor diesem Erlebnis musste er erst mit einem Schicksalsschlag oder, wie Bischoff sagt, „einem einschneidenden Schockerlebnis“ klarkommen, das ihn heute noch beschäftigt. In seiner ersten Saison als Aktiver im Jahr 2004 geschah das Unfassbare. Nach einem Auswärtsspiel in Winterbach verunglückten er und zwei seiner Mannschaftskameraden mit dem Auto auf der Rückfahrt kurz vor Murrhardt. „Der Fahrer verunglückte tödlich, der Beifahrer und ich selbst haben schwer verletzt überlebt“, erzählt Benjamin Bischoff, der damals 18 Jahre alt war.

Er spricht in diesem Zusammenhang von Dankbarkeit, überlebt zu haben und wieder gehen zu können. Ein Jahr war danach erst mal nicht mehr an Fußball zu denken. Nach dem Klinikaufenthalt pflegte ihn seine Mutter, eine gelernte Arzthelferin, zu Hause. Aus dieser Dankbarkeit heraus bezog Benjamin Bischoff auch seine Motivation, wieder auf den Fußballplatz zurückzukehren. „Umso mehr genieße ich seitdem jedes Spiel. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ich heute noch aktiv bin, obwohl meine Knochen schon ab und zu nicht mehr richtig mitmachen“, sagt Bischoff.

Vom Ligaverbleib überzeugt

Zur aktuellen sportlichen Situation des VfR Murrhardt, der auf Tabellenplatz 13 in akuter Abstiegsgefahr in der Bezirksliga schwebt, gibt sich der Fußballer kämpferisch: „Ich bin überzeugt davon, dass wir in dieser Saison nicht absteigen.“ Offen ist jedoch aufgrund der Coronapandemie , ob und wie die Saison fortgesetzt wird.

Klar ist für Benjamin Bischoff hingegen, dass er in absehbarer Zeit seine fußballerische Laufbahn auch beim VfR Murrhardt ausklingen lassen wird. „Ich weiß nicht, wie lange es noch bei den Aktiven geht, aber ich werde sicher auch bei der AH-Mannschaft beim VfR auflaufen.“

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Erstellt:
24. März 2021, 06:00 Uhr

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