Fifa-Schiedsrichterin Karoline Wacker steht Neuling zur Seite

Karoline Wacker ist in der Frauenfußball-Bundesliga und auf internationaler Bühne unterwegs, Albin Jashari pfeift derzeit seine ersten Partien. Anlässlich der DFB-Aktion „Profi wird Pate“ gibt die 32-Jährige dem 15-Jährigen bei einem D-Jugend-Spiel in Großaspach wertvolle Ratschläge.

Schiedsrichter-Neuling Albin Jashari aus Backnang ist beim D-Jugend-Spiel in Großaspach immer auf Ballhöhe. Foto: Alexander Becher

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Schiedsrichter-Neuling Albin Jashari aus Backnang ist beim D-Jugend-Spiel in Großaspach immer auf Ballhöhe. Foto: Alexander Becher

Von Steffen Grün

Albin Jashari gesteht, den Namen Karoline Wacker bis vor wenigen Tagen noch nie gehört zu haben. Als ihm aber mitgeteilt wurde, dass sie ihn zu einem Einsatz begleitet, „habe ich mich schlaugemacht, wer sie ist“. Was er las, hat ihn beeindruckt. 83 Spiele in der Frauen-Bundesliga leitete die Finanzbeamtin seit 2014. Seit ihrer drei Jahre später erfolgten Berufung auf die Fifa-Liste kamen EM- und WM-Qualifikationspartien und sogar ein Champions-League-Duell dazu. Der Höhepunkt war aber das DFB-Pokal-Finale 2022 vor 18000 Fans in Köln zwischen dem VfL Wolfsburg und Turbine Potsdam (4:0).

Als es am regnerischen Donnerstagabend beim Bezirksstaffel-Heimspiel der D-Junioren der SG Sonnenhof gegen die SGM Neustadt/Hohenacker unter medialer Beobachtung zum Treffen mit Karoline Wacker kam, war Albin Jashari „ehrlich gesagt etwas aufgeregt“. Das legte sich rasch, weil ihm die Unparteiische der SF Großerlach, die früher in Murrhardt lebte und nun in Lehrensteinsfeld wohnt, mit ihrer sympathischen, unaufgeregten Art die Nervosität nahm: „Er wollte besonders gut sein, aber ich habe zu ihm gesagt, er soll sich keinen Stress machen.“ Worte, die offenbar gut ankamen. „Sie ist nett“, stellte er fest, als sich die Patin nach einem letzten Gespräch nach dem Schlusspfiff wieder von ihm verabschiedet hatte.

Tipps für den Neueinsteiger, der im Rahmen des DFB-Pilotprojekts „Junior-Referee“ wie zehn weitere Acht- bis Zehntklässler der Mörikeschule und der Conrad-Weiser-Schule binnen einer Woche im Juli zum Schiedsrichter ausgebildet worden war (wir berichteten), hatte die erfahrene Kollegin aber bereits vor dem Anpfiff in petto. Sie habe stets ein Mäppchen mit Buntstiften im Rucksack, um auf der Spielnotizkarte die Teams mit ihrer Trikotfarbe zu markieren. „Das klingt total doof, aber das mache ich heute noch“, verriet Wacker. „Wenn es hektisch wird, kann man ansonsten manchmal Heim und Gast verwechseln.“

Es blieb zunächst aber alles ruhig, nachdem Jashari mit einem lauten Pfiff die Partie eröffnet hatte. Vielleicht auch, weil sich auf dem Kleinspielfeld mit Toren, die fünf Meter breit und zwei Meter hoch sind und an den Strafraumlinien aufgestellt werden, schnell ein einseitiges Duell mit überlegenen Aspacher Buben abzeichnete. Und so hatte die Fifa-Schiedsrichterin Zeit, sich an ihren ersten Einsatz mit 14 Jahren bei den B-Juniorinnen in Fichtenberg zu erinnern: „Ich war total nervös und froh über den Paten, den mir die Schiedsrichtergruppe Backnang an die Seite gestellt hatte.“ Sie hat nicht vergessen, wie Hans Ochoiska ihre auf halbmast hängenden Stutzen bemängelte und auf die Vorbildfunktion des Referees verwies: „Ich wollte cool sein, aber das war mir eine Lehre. Ich musste zunächst einmal in der Rolle der Schiedsrichterin ankommen und umsetzen, was ich gelernt hatte.“ Vieles machte Karoline Wacker allerdings intuitiv richtig und spürte schnelle Fortschritte.

Es bleibt abzuwarten, ob es Albin Jashari genauso geht, aber eine Sache verbindet die beiden fortan auf alle Fälle. Waren es bei ihr die Stutzen, die kritisiert wurden, so war es bei ihm das Ansinnen, seinen geschorenen Kopf bei nasskaltem Wetter mit einer Mütze zu wärmen. „Das ist keine so gute Idee“, redete es ihm die Patin aus. Abgesehen davon hatte sie beim 4:0-Pausenstand bereits viel Lob zu verteilen: „Du machst das voll cool und abgeklärt. Man sieht, dass du Fußballer bist und ein Verständnis dafür hast.“ Einige Ratschläge wollte Wacker trotzdem loswerden. Beispielsweise, sich bei einer Situation wie vor dem dritten Treffer näher zum Tor statt zur Mittellinie zu orientieren, um die Zweikämpfe vor allem auf dem großen Feld besser bewerten zu können. Oder die Mauer nicht noch einmal zu stellen, wenn sie offenkundig ohnehin bereits weiter als gefordert entfernt steht. „Das sind aber Details, die nichts mit den Entscheidungen zu tun haben. Die waren nämlich alle richtig.“

Am positiven Gesamtfazit änderte sich in der zweiten Hälfte nichts, zumal es ein geeignetes Spiel für einen Neuling war: Beim 6:1 ging es wenig emotional zu, auch vonseiten der Trainer und Eltern. Erst kurz vor Schluss wurde es doch noch etwas hektisch und es gab insgesamt drei Verwarnungen. Wackers Tipp an der Stelle: „Nicht zu weit mit gezückter Karte laufen, erst beim Spieler aus der Tasche holen.“ Kurz darauf blies Jashari in sein wichtigstes Utensil und huschte in die trockene Kabine. „Ich habe mein Bestes gegeben“, sagte der Backnanger, der für die TSG unterwegs ist. Der 15-Jährige betonte, für den Besuch der Patin dankbar zu sein: „Es ist gut, von außen ein Feedback zu bekommen, und es ist wichtig, es auch anzunehmen – und das tue ich sehr gerne.“ Wie weit es ihn bringt, darüber will er noch nicht spekulieren, zumal er breit aufgestellt ist. Noch lebt der Traum, als Fußballer ins Profigeschäft zu kommen, auch eine erste Trainerlizenz hat er schon. Die Schiedsrichterei ist nunmehr sein drittes Standbein.

DFB-Aktion im Jahr der Schiris

Profi wird Pate Der DFB und die 21 Landesverbände wollen, dass in dieser Runde alle Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter der Ersten und Zweiten Frauen- und Männer-Bundesligen sowie der Dritten Liga mindestens einmal als Patin oder Pate eines Neulings im Amateurbereich eingesetzt werden. Den Anfang machten Katrin Rafalski und Patrick Ittrich vor wenigen Wochen. Die Aktion knüpft ans Patensystem an, das zur Saison 2017/2018 eingeführt wurde, und soll helfen, die Einsteiger langfristig zu binden. Karoline Wacker sieht in den Profis als Paten „eine tolle Sache und ein wichtiges Zeichen für die Schiedsrichter an der Basis“.

Gute Entwicklung Erstmals seit mehr als 15 Jahren war in der Saison 2022/2023 die Zahl der aktiven Referees zwischen zwei vollständigen Spielzeiten nicht mehr rückläufig, sondern leicht steigend. Mehr als 53600 Unparteiische leiteten insgesamt rund 1,3 Millionen Spiele. Zudem absolvierten 5000 Frauen und Männer im ersten Halbjahr 2023 einen Neulingskurs – 34 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2022. „Profi wird Pate“ soll den Aufwärtstrend weiter unterstützen.

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Erstellt:
21. Oktober 2023, 06:00 Uhr

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