Zum Tod der Malerin Cordula Güdemann
Für die Kunst muss man streiten
Kunst und insbesondere die Malerei war für Cordula Güdemann ein Gut, das jeden Tag neu bestätigt sein wollte. Nach langer Krankheit ist Güdemann jetzt im Alter von 68 Jahren gestorben.
Von Nikolai B. Forstbauer
Wirklich gelöst, frei und befreit lachend, hat man Cordula Güdemann kaum je gesehen. Dazu war ihr die Kunst eine zu ernste und auch eine zu gefährdete Angelegenheit. Schnell landeten Dialoge mit ihr bei der Frage, was ermöglicht werden sollte, was möglich sein müsste. Nicht ihr, nicht nur für sie – um ihre Studierenden an der Kunstakademie Stuttgart ging es ihr, um deren Fragestellungen, um deren Möglichkeiten. Die Klasse Güdemann – das war denn auch von 1995 bis 2021 ein eigener Kosmos auf dem Weißenhof. Bedingungslos international. Früh weit offen vor allem für junge Künstlerinnen und Künstler aus Südkorea, aus China. Bald den Weltbogen in alle Richtungen spannend. Künstlerinnen und Künstler wie Yongchul Kim, Tesfaye Geleta Urgessa, Xianwei Zhu oder Ivan Zozulya künden hiervon ebenso wie Stefanie Fleischhauer oder Alessia Schuth.
In ihrem eigenen Werk bleibt die Malerin und Zeichnerin Cordula Güdemann viele Jahre der Figur verbunden. Eigenwilliger Zweifel bestimmt die Szenerien – und vielleicht auch deshalb zieht es die einstige Dieter Krieg-Schülerin an der Düsseldorfer Akademie in regelrechten Wogen immer wieder mitten hinein in das Farbmeer, in die Malerei an sich. Um das Jahr 2000 verbindet sich beides in großformatigen Kronzeugen eines kaum mehr vermuteten Antritts – die „Friedensengel“ katapultieren Cordula Güdemann dorthin, wo sie ihre Studierenden wissen wollte: ins Rampenlicht. Kopflose Männer, die sich, starr vor selbst gesetzten Vorgaben, doch nicht dem Krieg entgegen stellen. Man kann nur ahnen, wie sehr Cordula Güdemann mit diesen Bildern, mit diesem Thema gerungen hat.
1955 im badischen Wehr geboren und früh geehrt – 1985 mit dem Villa Romana-Preis, 1988 mit dem Villa Massimo-Stipendium – denkt, malt und zeichnet Cordula Güdemann in Themenblöcken. Mitunter gleichen die Auseinandersetzungen mit einem solchen Thema einem Abarbeiten – wie in den Jahren 2000/2001 in der Serie „La deutsche Vita“. Ist die Lehre so immer auch eine Möglichkeit, zurückzutreten, neu und anders zu filtern?
Nicht weniger wichtig sind indes die anderen Künste. Musik und Literatur zuvorderst. Erst vorsichtig, dann immer konsequenter folgt Cordula Güdemann, in Stuttgart früh durch die Galerie Manus Presse und anhaltend durch die Galerie Schlichtenmaier begleitet, seit den 2010er Jahren dem Klang der Bilder. Und doch ist nicht zu verkennen, das Güdemanns Hinwendung zur puren Farbform auch ein Bekenntnis zur (europäischen) Peinture im eigentlichen Sinn ist, zu einer Malerei, die gänzlich aus dem Willen zur Freiheit an sich erwächst.
Auf Usedom ist nach der Zeit an der Stuttgarter Akademie ein neuer Antritt geplant, doch dazu kommt es nicht mehr. Ihr Körper blockiert. Der Schreck in Cordula Güdemanns immer schon offensiv fragenden Augen, ist enorm – und umso eindrucksvoller das anhaltende Interesse für die Wege ihrer früheren Studierenden. Am 18. September ist Cordula Güdemann gestorben. In einem Moment, da ihre „Friedensengel“ erneut beängstigende Aktualität gewinnen.