Hohe Investitionen für Abwasserentsorgung
Der Murrhardter Gemeinderat votiert für die Umsetzung des über sechs Millionen Euro teuren Projekts zum Anschluss des Stadtbezirks Kirchenkirnberg an die Sammelkläranlage Murrhardt.
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Bereits am 22. September 2022 hatten die Stadträtinnen und Stadträte entschieden, Variante zwei des Strukturgutachtens zur Abwasserentsorgung umzusetzen. Dessen Ziel ist es, alle Gebiete und Gebäude, die bisher an die technisch veraltete Kläranlage Kirchenkirnberg angeschlossen sind, an die Sammelkläranlage Murrhardt anzuschließen. Dazu hatte der Gemeinderat die Stadtverwaltung beauftragt, Planungsaufträge zu erteilen und Haushaltsmittel einzustellen. In der Gemeinderatssitzung erfolgte nun der erste Schritt zur Umsetzung des Großprojekts.
Wegen der hohen Kosten von schätzungsweise über sechs Millionen Euro ist es unbedingt erforderlich, dass die Stadt Fördermittel bekommt. Verbindliche Voraussetzung dafür ist die Vergabe öffentlicher Aufträge ab einer Honorarsumme von 221000 Euro für Planungsleistungen über ein Verfahren gemäß der Vergabeverordnung (VgV), erklärte Bürgermeister Armin Mößner.
Im Auftrag der Stadtverwaltung übernahm ein darauf spezialisiertes Büro ein europaweites VgV-Verfahren, das die kompletten Planungsleistungen beinhaltet. Dies sei ein sehr komplexer Prozess, der einen Teilnahmewettbewerb und ein anschließendes Verhandlungsverfahren mit Anbieterpräsentationen und Beantwortung von Fragen umfasst, erläuterte Stadtbauamtsleiter Falk Gfrörer.
Das Verfahren rund um Ausschreibung und Auswahl des Anbieters ist komplex
Die Ausschreibung beim Amt der Europäischen Gemeinschaft erfolgte im November, Schlusstermin war Mitte Dezember 2023, das Verhandlungsverfahren fand Ende Februar 2024 in Murrhardt statt. Die Anbieter stellten sich einem Gremium aus Bürgermeister Armin Mößner, Stadtkämmereileiter Matthias Glassl, Stadtbauamtsleiter Falk Gfrörer und Abwassermeister Philipp Nentwich vor. Die höchste Punktzahl erreichte das Stuttgarter Ingenieurbüro Klinger und Partner GmbH, das bereits auf der Murrhardter Kläranlage tätig war und über die entsprechende Expertise verfügt. Zudem gab es das mit Abstand wirtschaftlichste Angebot ab. Zur Umsetzung des Projekts sind in den Finanzhaushalten 2023 und 2024 bereits 150000 Euro eingestellt, bis 2028 sind weitere 6,2 Millionen Euro vorgemerkt.
Die Fraktionssprecher zeigten sich beeindruckt von der Komplexität des Verfahrens und der enormen Investitionssumme für das Projekt. Auf Nachfrage von Rolf Kirschbaum (CDU/FWV) erklärte Gfrörer, die Planungsleistungen seien ein „Gesamtwohlfühlpaket“. Doch der Anschluss des Kirchenkirnberger Ortsteils Spielhof an die Abwasserversorgung steht immer noch aus. Auf Nachfrage erklärte der Bürgermeister dazu: „Der Spielhof ist weiterhin in der dezentralen Abwasserbeseitigung mit Kleinkläranlagen vorgesehen.“ Planungen zum Anschluss gab es bereits vor rund 15 Jahren, doch damals signalisierten die Eigentümer, es bei der dezentralen Abwasserbeseitigung zu belassen, auch da Beiträge veranlagt werden müssten, trotzdem wäre ein späterer Anschluss denkbar, so Mößner.
Es sind weitere Zuschüsse notwendig, wann die Arbeiten starten, ist noch offen
„Wann die Bauarbeiten beginnen, kann man noch nicht genau sagen. Über den Sommer werden wir den Förderantrag stellen und hoffen, zum Zuge zu kommen. Wir brauchen die Zuschüsse, auf deren Vergabe das Landratsamt Einfluss hat“, kündigte der Rathauschef auf Nachfrage des UL-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Hess an. Im Fall einer längeren Wartezeit auf die Zuschüsse müsste man die Kläranlage Kirchenkirnberg nochmals ertüchtigen. Dies sollte aber möglichst vermieden werden, denn: „Es wäre ganz schlecht, wenn man dafür noch mal investieren müsste“, fand Wolfgang Hess.
Die Kosten für das Projekt sind wegen einiger teurer Ingenieurbauwerke so hoch. So muss die Kläranlage Kirchenkirnberg komplett zurückgebaut und eine neue Pumpstation auf deren Gelände gebaut werden. Zudem muss das Pumpwerk Göckelhof auf seine Leistung überprüft und eventuell neu ausgelegt werden wegen der zu erwartenden größeren Abwassermenge.
Hinzu kommt der Bau der Abwasserleitung, die mit doppelter Ummantelung gesichert wird, im Bereich der Kaltwaldsteige als kürzester Strecke, die indes durch ein sensibles Wasserschutzgebiet mit einer Quellfassung führt. Auf besorgtes Nachhaken von Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) wegen möglicher Risiken für die Umwelt beruhigte Mößner: „Alles ist berücksichtigt, das hat das Ingenieurbüro auf dem Schirm.“ Der Anschluss ans bestehende Kanalnetz erfolgt bei Oberneustetten. Überdies muss die Sammelkläranlage Murrhardt teils saniert und erweitert werden, so ist der Bau eines zweiten Nachklärbeckens erforderlich.
Unisono beauftragte der Gemeinderat das Ingenieurbüro Klinger und Partner mit den Planungsleistungen für den Anschluss von Kirchenkirnberg an die Sammelkläranlage Murrhardt sowie deren Sanierung und Erweiterung zum Angebotspreis von rund 695290 Euro.