Vor 13.000 Jahren ausgestorben

Jurassic Park in echt: Was ist Urzeit an den Schattenwolf-Hybriden?

„Jurassic Park“ lässt grüßen: Was bisher nur in Kinofilm funktioniert hat, könnte demnächst vielleicht Realität werden: die Wiederbelebung ausgestorbener Tierarten wie des Mammuts mithilfe moderner Gentechnik. Wissenschaftlern ist nach eigener Aussage jetzt ein Durchbruch gelungen.

Dieses Foto der US-Biotech-Firma  Colossal Biosciences zeigt die beiden Welpen Romulus und Remus, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie Ähnlichkeiten mit dem vor 13.000 Jahren ausgestorbenen Schattenwolf aufweisen.

© Colossal Biosciences/AP/dpa

Dieses Foto der US-Biotech-Firma Colossal Biosciences zeigt die beiden Welpen Romulus und Remus, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie Ähnlichkeiten mit dem vor 13.000 Jahren ausgestorbenen Schattenwolf aufweisen.

Von Markus Brauer/dpa

Ein Szenario wie in den berühmten Steven-Spielberg-Filmen, wo im „Jurassic Park“ lange ausgestorbene Saurier-Kreaturen mit Hilfe modernster Gentechnologie wieder zum Leben erwachen, sind natürlich nicht mehr als Science-Fiction.

Bis vor kurzem ging man in der Wissenschaft noch davon aus, dass das Erbgut, also die DNA, nicht über mehrere Millionen Jahre überleben könne, da alle bis dahin gefundenen DNA-Reste deutlich jünger waren. Die Entdeckung einer US-Biotech-Firma könnte – trotz aller Skepsis von Experten – dennoch ein Meilenstein in der Forschung darstellen.

Ob Mammut, Tasmanischer Tiger oder Dinosaurier: Schon lange träumen nicht nur Film-Regisseure, sondern auch Wissenschaftler davon, lange ausgestorbene Tierarten wieder zum Leben zu erwecken. Dieser Forschungszweig der Gen-Technologie nennt sich De-Extinktion.

Doch was in Filmen einfach scheint, hat in der Praxis zahlreiche und kaum zu lösende Tücken. Dennoch hat sich das Biotechnologie-Unternehmen Colossal Biosciences in den texanischen Städten Austin und Dallas die Wiedererweckung gleich mehrerer ausgestorbener Tierarten zum Ziel gesetzt.

Ein Durchbruch ist dem Unternehmen dabei Anfang März 2025 gelungen: Die Forscher haben jüngst erstmals Mäuse mit Mammut-Fell kreiert. Ziel war es herauszufinden, welche Gene des Wollhaarmammuts für sein dichtes Fell und weitere Kälteanpassungen verantwortlich waren, um so der Erschaffung eines echten Mammuts einen Schritt näherkommen.

Erste Schattenwölfe seit 13.000 Jahren

Nun hat Colossal Biosciences eigenen Angaben zufolge zum ersten Mal tatsächlich eine ausgestorbene Art wieder zum Leben erweckt: den Schattenwolf – Aenocyon dirus. Diese Raubtiere sind keine direkten Vorfahren der heutigen Wölfe, gehörten aber wie diese zur Familie der Hunde (Canidae).

Schattenwölfe waren während der Eiszeiten des Pleistozäns in Nordamerika und in Teilen Südamerikas verbreitet und bis zu einem Viertel größer als moderne Grauwölfe. Ihre Ära endete vor etwa 13.000 Jahren am Ende der letzten Eiszeit.

Drillinge Romulus, Remus und Khaleesi

Bei den drei Jungwölfen mit hellem Fell handelt es sich um gentechnisch veränderte Grauwölfe, die einige Gene jenes „dire wolf“ (englisch für: schrecklicher Wolf) in ihrem Genom tragen. Colossal Biosciences hat die Hybriden jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt:

  • Die bereits Anfang Oktober 2024 geborenen Rüden Romus und Remulus – passenderweise nach den mythologischen Gründervätern Roms benannt, die von einer Wölfin gesäugt wurden.
  • Sowie das Ende Januar 2025 zur Welt gekommene Weibchen Khaleesi. Ihr Namensvorbild ist eine Figur aus der Fantasy-Serie „Game of Thrones“, in der Schattenwölfe ebenfalls eine große Rolle spielen.

Ihren ausgestorbenen Vorfahren ähneln die drei Jungtiere nach Angaben des Unternehmens mit dem dichten hellen Fell, einer größeren Statur und angeblich auch mit einem speziellen Heulen.

„Für viele Menschen sind Schattenwölfe mythische Wesen, die nur in einer Fantasiewelt existieren, aber in Wirklichkeit haben sie eine reiche Geschichte“, sagt „Game of Thrones“-Autor und Colossal-Investor George R. R. Martin. „Ich habe den Luxus, über Magie zu schreiben, aber Colossal hat Magie geschaffen, indem es diese majestätischen Tiere zurück in unsere Welt gebracht hat.“

Genvergleich zeigt: Schattenwölfe hatten weißes Fell

„Ich könnte nicht stolzer auf das Team sein. Dieser gewaltige Meilenstein ist das erste von vielen kommenden Beispielen, die zeigen, dass unsere End-to-End-De-Extinktions-Technologie funktioniert“, erklärt Ben Lamm, CEO von Colossal Biosciences.

Die Forscher veränderten das Erbgut von Grauwölfen (Canis lupus) an 20 Stellen in 14 Genen entsprechend. Insgesamt enthält das Erbgut von Grauwölfen etwa 19.000 Gene. Die entstandenen Hybriden sind also weitaus enger mit dem Grauwolf als dem Schattenwolf verwandt.

Die veränderten Zellkerne wurden in entkernte Eizellen gepackt, zunächst entwickelten sich nach Angaben des Unternehmens 45 Embryonen. Diese wurden Hundemüttern eingepflanzt. Die am Ende noch resultierenden drei Jungwölfe leben den Angaben zufolge in einem Gehege, dessen Standort nicht mitgeteilt wurde.

Wirklich ein erfolgreicher Fall von De-Extinktion?

Doch inwieweit diese Schattenwölfe-Klone tatsächlich als erfolgreicher Fall von De-Extinktion gelten können, ist unter Wissenschaftlern strittig. Das hängt vor allem damit zusammen, wie die drei Welpen mit flauschigem weißem Fell geschaffen wurden.

Als Ausgangspunkt diente erhaltene Schattenwolf-DNA aus einem 13.000 Jahre alten Zahn und einem 72.000 Jahre alten Schädel, die die Forscher detailliert auslasen und mit dem Erbgut moderner Vertreter aus der Familie der Hundeartigen verglichen – darunter mit Schakalen, Füchsen und Wölfen.

Dabei zeigte sich, dass die DNA moderner Grauwölfe zu 99,5 Prozent mit der der ausgestorbenen Schattenwölfe übereinstimmt, was sie zu deren nächsten noch lebenden Verwandten macht.

In einem nächsten Schritt analysierten die Forscher jene 0,5 Prozent an DNA-Abschnitten, die sich unterschieden. Mit anderen Worten: Jene Gene, die einen Schattenwolf zum Schattenwolf machen. Dabei entdeckte das Team unter anderem, dass Schattenwölfe als Anpassung an ihren schneebedeckten Lebensraum einst weißes Fell besaßen – eine Eigenschaft, die sich allein aus fossilen Knochen niemals hätte ableiten lassen können.

Schattenwolf oder nicht?

Unabhängige Fachleute kommentieren die Präsentation der Tiere kritisch. „Colossal Biosciences hat einen Grauwolf mit Eigenschaften geschaffen, die denen eines Schattenwolf ähneln – es handelt sich nicht um einen wiederbelebten Schattenwolf, sondern um einen Hybriden“, betont Nic Rawlence von der neuseeländischen Universität Otago. Dass die speziellen Eigenheiten tatsächlich von Schattenwölfen stammten, sei lediglich eine Vermutung, so der Zoologe.

„Um etwas wirklich wieder aufleben zu lassen, müsste man es klonen, erläutert Rawlence. „Das Problem ist, dass wir ausgestorbene Tiere nicht klonen können, weil die DNA nicht gut genug erhalten ist.“ Selbst wenn man das Genom sequenziere, lasse sich die DNA nicht in ausreichend großen Stücken extrahieren, wie das bei einem lebenden Tier möglich sei.

Viel sinnvoller als der Ansatz des Unternehmens sei es, Technologien und Wege dafür zu entwickeln, die das Aussterben von Arten verhindern. Also das zu erhalten, was wir noch haben.

Das generelle Problem bei der De-Extinktions-Technologie ist: Aus Fossilien extrahierte DNA allein wäre zu bruchstückhaft, um sie zu klonen. Stattdessen verwendete das US-Team auch Grauwolf-DNA als Basis und nahm insgesamt 20 Genom-Editierungen an 14 verschiedenen Genorten vor. Dabei lag der Fokus auf jenen Kernmerkmalen, die Schattenwölfe einst einzigartig machten: ihre Größe und Muskulatur sowie ihre Fellfarbe, -textur, – länge und -zeichnung.

Zahlreiche gentechnische Durchbrüche

Doch auch Kritiker wie Rawlence sind beeindruckt von den gentechnischen Durchbrüchen, die nötig waren, um die Schattenwolf-Hybriden zu erschaffen. Dazu gehören Fortschritte bei der Rekonstruktion des Genoms alter DNA und bei der Gen-Editierung.

Auch ist es Colossal erstmals gelungen, Zelllinien aus endothelialen Vorläuferzellen zu etablieren, die in standardmäßig entnommenem Blut – etwa im Rahmen einer tierärztlichen Untersuchung – enthalten sind. Zuvor waren invasivere Methoden wie Stanzproben von Gewebe nötig.

  • Zur Info: Bei endothelialen Zellen handelt es um spezialisierte, flache Zellen, die das Endothel – also die innere Schicht der Blutgefäße – bilden.

Mit diesem neuen gentechnischen Verfahren hat Colossal Biosciences bereits zwei Würfe geklonter Rotwölfe (Canis rufus) zur Welt gebracht – die am stärksten gefährdeten Wolfsart der Welt. Die Schattenwolf-Hybriden Romulus, Remus und Khaleesi hingegen werden ihr Leben in einem über 2000 Hektar großen eingezäunten Naturschutzgebiet verbringen, das von Kameras, Sicherheitspersonal und Drohnen überwacht wird, wie Colossal berichtet.

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Erstellt:
9. April 2025, 12:46 Uhr
Aktualisiert:
9. April 2025, 13:56 Uhr

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