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K-Pop-Generationen – Die Evolution eines Phänomens

Seit den 90ern entwickelt sich K-Pop weiter und durchläuft verschiedene Generationen. Doch was unterscheidet die Generationen?

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Seit den 90ern entwickelt sich K-Pop weiter und durchläuft verschiedene Generationen. Doch was unterscheidet die Generationen?

Von Katrin Jokic

K-Pop ist weit mehr als nur ein Musikgenre – es ist ein globales Phänomen, das mit jeder Generation neue Maßstäbe setzt. Die Einteilung in verschiedene Generationen basiert nicht auf starren Jahrzehnten, sondern auf kulturellen, musikalischen und technologischen Entwicklungen.

Von der Geburtsstunde mit Seo Taiji and Boys über die internationale Expansion mit BTS bis hin zur neuesten Welle mit Gruppen wie BabyMonster – jede Generation hat ihre eigenen Prägungen und Idole.

Was sind K-Pop-Generationen und warum gibt es diese Einteilung?

Die Einteilung der K-Pop-Geschichte in Generationen ist nicht zufällig. Sie basiert auf bedeutenden Änderungen in der Musikindustrie, der Fan-Kultur sowie den Vermarktungsstrategien. Im Gegensatz zu einer klassischen Generationen-Definition gibt es keine fixen Zeiträume; der Übergang zwischen den Generationen ist fließend. Oftmals beeinflussen Fans aktiv den Wechsel, indem sie neue Trends und Idole etablieren.

Die K-Pop-Generationen im Überblick:

  • 1st Generation (ca. 1992 - 2003): Der Beginn moderner K-Pop-Musik mit Gruppen wie Seo Taiji and Boys, H.O.T. und S.E.S.
  • 2nd Generation (ca. 2003 - 2012): Die Hallyu-Welle bringt K-Pop in andere asiatische Länder und erste internationale Erfolge mit TVXQ, Girls' Generation und Big Bang.
  • 3rd Generation (ca. 2012 - 2018/2019): K-Pop wird weltweit bekannt, angeführt von BTS, EXO und Blackpink.
  • 4th Generation (ca. 2018 - 2023): Digitale Medien und Social Media dominieren, Gruppen wie Stray Kids, Aespa und TXT prägen die Szene.
  • 5th Generation (seit 2023): Eine neue Ära beginnt mit innovativen Konzepten und Gruppen wie BabyMonster und Riize.

1st Generation (1992 - 2003): Die Anfänge des K-Pop

Die erste Generation des K-Pop begann in den frühen 1990er-Jahren und markierte den Ursprung dessen, was heute als moderne koreanische Popmusik bekannt ist. Den Grundstein legte die Gruppe Seo Taiji and Boys, die 1992 debütierte und eine völlig neue musikalische Richtung einschlug. Sie kombinierten westliche Einflüsse aus Hip-Hop, Rock und R&B mit koreanischen Songtexten und schufen so einen einzigartigen Sound, der sich von der bis dahin dominierenden traditionellen koreanischen Popmusik unterschied. Besonders auffällig war ihr experimenteller Ansatz, der sich nicht nur auf die Musik, sondern auch auf die Performance und das Songwriting erstreckte. Diese Innovation fand großen Anklang bei der jüngeren Generation in Südkorea und ebnete den Weg für das, was später als K-Pop bekannt werden sollte.

In den darauffolgenden Jahren entstanden die ersten Idol-Gruppen, die das Konzept des K-Pop weiterentwickelten. Die Boygroup H.O.T. (High-Five of Teenagers), die 1996 von SM Entertainment gegründet wurde, gilt als erste K-Pop-Idol-Gruppe und setzte neue Maßstäbe in Bezug auf Musikproduktion, Choreografie und Fankultur. Weitere einflussreiche Gruppen dieser Zeit waren g.o.d. und Shinhwa, die das Idol-System weiter etablierten und zeigten, dass Boybands nicht nur ein kurzfristiger Trend waren, sondern eine ganze Musikkultur prägen konnten. Auch die ersten erfolgreichen Girlgroups entstanden in dieser Ära. Besonders bekannt wurden S.E.S. und Fin.K.L, die große Popularität erlangten und den Weg für nachfolgende weibliche K-Pop-Gruppen ebneten.

Parallel zur Entstehung dieser ersten Idol-Gruppen begann sich auch die Struktur der südkoreanischen Musikindustrie zu verändern. In den 1990er-Jahren wurden die drei großen Unterhaltungsunternehmen SM Entertainment, YG Entertainment und JYP Entertainment gegründet, die als die „Big 3“ die Entwicklung des K-Pop über Jahrzehnte hinweg dominieren sollten. Diese Unternehmen führten das heute bekannte Trainee-System ein, bei dem junge Talente in Gesang, Tanz und Bühnenpräsenz ausgebildet wurden, bevor sie ihr offizielles Debüt feierten. Diese professionelle Herangehensweise an die Künstlerentwicklung wurde schnell zum Standard in der Branche und trug maßgeblich dazu bei, dass K-Pop nicht nur ein nationales, sondern bald auch ein internationales Phänomen wurde.

2nd Generation (2003 - 2012): Die Hallyu-Welle

Die zweite Generation des K-Pop begann mit dem Debüt von TVXQ im Jahr 2003 und markierte eine neue Ära für die koreanische Musikindustrie. Während die erste Generation die Grundlagen des K-Pop legte, war es die zweite Generation, die das Genre auf ein neues Level hob und über die Landesgrenzen hinaus bekannt machte. Die sogenannte „Hallyu-Welle“, die steigende Popularität koreanischer Kultur in ganz Asien, wurde maßgeblich von K-Pop angetrieben. Besonders die Gruppen TVXQ, Girls' Generation, Big Bang, Super Junior und 2NE1 spielten eine Schlüsselrolle in der internationalen Verbreitung des K-Pop.

Diese Generation war geprägt von einer weiterentwickelten Ästhetik, sowohl in der Musik als auch in den visuellen Konzepten. Die Musikvideos wurden aufwendiger, die Choreografien noch präziser und die einzelnen Gruppen setzten verstärkt auf ein wiedererkennbares Image. In dieser Zeit entstanden die ersten klar definierten Konzepte für K-Pop-Gruppen, darunter „Cute & Innocent“, „Sexy“, „Bad Boy“, „Dark“ oder „Retro“.

Ein weiteres bedeutendes Element dieser Generation war die verstärkte Kommerzialisierung des K-Pop. Die Unterhaltungsagenturen professionalisierten das Marketing ihrer Künstler und erkannten das enorme Potenzial von Merchandise und Fankultur. In dieser Zeit entstanden zwei der beliebtesten Fanartikel im K-Pop: der Lightstick und die Fotokarte. Diese Entwicklungen führten zu einer völlig neuen Interaktion zwischen Fans und Idols, die bis heute ein zentrales Element der K-Pop-Kultur ist.

Musikalisch gesehen erweiterte sich das Genre in der zweiten Generation erheblich. Während die erste Generation stark von amerikanischer Popmusik inspiriert war, entwickelten K-Pop-Künstler nun einen eigenständigen Sound, der Pop-, Rock- und R&B-Elemente mit eingängigen Refrains, Rap-Parts und synchronisierten Tänzen kombinierte.

Gleichzeitig feierte K-Pop auch erste internationale Erfolge: BoA und TVXQ wurden in Japan zu Megastars, Wonder Girls schafften es 2009 als erste K-Pop-Gruppe mit ihrem Song „Nobody“ in die US Billboard Hot 100 Charts, und Gruppen wie Big Bang und 2PM tourten erfolgreich durch ganz Asien.

Zusammenfassend war die zweite Generation des K-Pop die Ära der Expansion und Professionalisierung. Die Musikindustrie wurde kommerzieller, das Fan-Erlebnis intensiver und die Künstler begannen, sich außerhalb Koreas einen Namen zu machen. Diese Generation bildete die Grundlage für die globale Popularität des K-Pop und ebnete den Weg für den internationalen Erfolg der dritten Generation.

3rd Generation (2012 - 2018/2019): Der globale Durchbruch

Die dritte Generation des K-Pop, die etwa zwischen 2012 und 2018/2019 datiert wird, markierte den endgültigen internationalen Durchbruch des Genres. Während die zweite Generation K-Pop bereits in Asien populär machte, schafften es Gruppen dieser Ära, eine weltweite Fangemeinde aufzubauen und in westlichen Medien eine beachtliche Präsenz zu erlangen. Die wichtigsten Vertreter dieser Generation waren bzw. sind BTS, EXO, Blackpink, TWICE, Seventeen, GOT7 und Monsta X, die das Genre auf ein völlig neues Level brachten.

Ein entscheidender Wendepunkt für den internationalen Erfolg war der virale Hit „Gangnam Style“ von PSY im Jahr 2012. Mit über einer Milliarde YouTube-Aufrufen setzte der Song K-Pop auf die globale Landkarte und bewies, dass koreanische Musik ein Massenpublikum erreichen konnte. Doch der eigentliche Durchbruch als Mainstream-Phänomen wurde vor allem durch BTS erreicht. Die siebenköpfige Boygroup, die 2013 debütierte, schaffte es ab 2017, westliche Musikmärkte zu erobern, unter anderem mit mehreren Nummer-1-Alben in den USA und restlos ausverkauften Stadiontourneen rund um den Globus.

K-Pop wurde zunehmend von verschiedenen Musikgenres beeinflusst. Die Bühnenperformance wurde immer wichtiger, mit aufwendigen Choreografien, ausgefeilten Lichtshows und detailreichen Musikvideos, die sich qualitativ immer stärker an westlichen Produktionen orientierten.

Ein weiteres charakteristisches Element der dritten Generation war die enorme Bedeutung von Social Media. Während K-Pop zuvor stark auf traditionelle Marketingstrategien setzte, nutzten Gruppen dieser Ära intensiv Plattformen wie YouTube, Twitter, Instagram und später auch TikTok, um mit ihren Fans zu interagieren. Dies führte zu einer neuen Form der Fankultur, in der Fans nicht nur passiv konsumierten, sondern aktiv an der Verbreitung ihrer Lieblingskünstler beteiligt waren. Besonders BTS‘ „ARMY“-Fandom zeigte, wie soziale Netzwerke genutzt werden konnten, um eine Gruppe global populär zu machen, Konzertkarten in Minuten auszuverkaufen und Musikveröffentlichungen in den Charts zu platzieren.

Ein besonderes Phänomen dieser Zeit war der Aufstieg von sogenannten Survival-Shows. Unterhaltungskonzerne nutzten TV-Sendungen, um talentierte Trainees in einer Art Wettbewerb gegeneinander antreten zu lassen. Daraus entstanden Gruppen wie Stray Kids und TWICE, die oft schon vor ihrem offiziellen Debüt eine große Fangemeinde hatten.

Zusammenfassend war die dritte Generation des K-Pop der endgültige Schritt in die globale Musikwelt. Sie führte das Genre in westliche Musikmärkte ein, professionalisierte die Fan-Interaktion durch digitale Plattformen und brachte ikonische Gruppen hervor, die K-Pop zu einem der wichtigsten popkulturellen Phänomene des 21. Jahrhunderts machten.

4th Generation (2018 - 2023): Digitale Innovationen und Performance-Kunst

Die vierte Generation des K-Pop, die ungefähr zwischen 2018 und 2023 stattfand, war stark geprägt von der Digitalisierung, der weltweiten Vernetzung und der zunehmenden Internationalisierung des Genres. Die neuen Gruppen dieser Ära, darunter Stray Kids, ATEEZ, TXT, ITZY, (G)I-DLE, Aespa, IVE und NewJeans, konzentrierten sich von Anfang an nicht nur auf den koreanischen Markt, sondern zielten direkt auf ein internationales Publikum ab.

Ein auffälliges Merkmal dieser Generation war die starke Dominanz von Girlgroups. Während in den vorherigen Generationen Boygroups oft die größeren Erfolge feierten, erlebten Girlgroups ab 2020 einen regelrechten Boom. Gruppen wie ITZY, Aespa, IVE, Le Sserafim und NewJeans setzten neue Maßstäbe in Sachen Performance, Mode und musikalischer Vielfalt. Ihre Songs mischten verschiedene Genres, darunter Hyperpop, House und R&B, und experimentierten verstärkt mit unkonventionellen Strukturen. Gleichzeitig gab es weiterhin starke Boygroups wie Stray Kids, ATEEZ, TXT und Enhypen, die neue Trends setzten.

Die Ästhetik und Konzepte der vierten Generation veränderten sich ebenfalls spürbar. Gruppen entwickelten aufwendige, oft futuristische Universen, die über verschiedene Musikvideos und Alben hinweg erzählt wurden. Verschiedene Gruppen setzten verstärkt auf CGI-Effekte, digitale Avatare und Virtual Reality-Elemente in ihren Musikvideos und Performances.

Ein weiteres zentrales Merkmal dieser Generation war die Erweiterung des Trainee-Systems auf ein globales Level. Immer mehr internationale Mitglieder aus Ländern wie Japan, China, Thailand, den USA und sogar Brasilien wurden in K-Pop-Gruppen integriert. Während es in früheren Generationen zwar bereits nicht-koreanische Idols gab, wurde dies in der vierten Generation zur Regel statt zur Ausnahme.

Ein einschneidendes Ereignis für diese Generation war die COVID-19-Pandemie, die den K-Pop-Markt erheblich beeinflusste. Da klassische Live-Konzerte und Fanmeetings nicht mehr möglich waren, mussten die Unterhaltungsunternehmen neue Wege finden, um die Fanbindung aufrechtzuerhalten. Die Lösung lag in kostenpflichtigen Online-Konzerten, digitalen Fanevents und Live-Streams, die sich als äußerst erfolgreich erwiesen. Selbst nach der Pandemie blieben diese digitalen Events fester Bestandteil der K-Pop-Industrie.

Zusammenfassend war die vierte Generation des K-Pop die Ära der digitalen Transformation, der internationalen Mitglieder und der neuen Girlgroup-Dominanz. Die Musikindustrie passte sich verstärkt dem digitalen Zeitalter an, soziale Medien wurden essenziell für die Karriere von Idols und Live-Performances erreichten ein neues visuelles Niveau. Diese Generation veränderte nicht nur, wie K-Pop produziert wurde, sondern auch, wie Fans mit ihren Lieblingskünstlern interagierten.

5th Generation (seit 2023): Eine neue Ära beginnt

Die fünfte Generation des K-Pop, die seit 2023 begonnen hat, markiert den aktuellen Wandel innerhalb des Genres und bringt eine neue Welle von Innovationen mit sich. Gruppen wie RIIZE, Zerobaseone, BoyNextDoor, Xikers, BabyMonster, Kiss of Life, Illit und tripleS gelten als die ersten Vertreter dieser Ära.

Ein markantes Kennzeichen der fünften Generation ist die Vermischung von Nostalgie und Moderne. Viele neue Songs greifen Elemente der 2. und 3. Generation auf, indem sie sich an längeren Songstrukturen orientieren und einen höheren Anteil koreanischer statt englischer Texte verwenden. Gleichzeitig bleibt K-Pop visuell und konzeptionell innovativ: Y2K-Ästhetik, Androgynie und experimentelle Denim-Kombinationen sind beliebte Stilmittel, die sich sowohl in Musikvideos als auch in Bühnenperformances widerspiegeln. Insbesondere Gruppen wie NewJeans und Kiss of Life setzen auf einen Retro-Sound, gepaart mit moderner Produktionstechnik.

Auch in der Struktur der Gruppen zeichnet sich ein Wandel ab. Einige Gruppen, wie tripleS, setzen auf flexible Mitgliederwechsel, wodurch verschiedene Konstellationen innerhalb der Band ermöglicht werden. Andere Gruppen werden zunehmend von kleinen bis mittelgroßen Entertainment-Firmen produziert, anstatt ausschließlich von den etablierten „Big 4“ (HYBE, SM, JYP, YG). Dies sorgt für mehr Vielfalt in Konzepten und Musikstilen.

Die soziale Medien-Strategie der neuen Generation ist ebenfalls bemerkenswert. Während in der vierten Generation Plattformen wie TikTok und YouTube bereits essenziell waren, setzen Gruppen der fünften Generation verstärkt auf Live-Interaktionen, virale Trends und eine neue Nähe zu den Fans. Inhalte werden immer kürzer, spontaner und interaktiver gestaltet, um die Fanbindung in einer zunehmend digitalisierten Welt weiter zu stärken.

Zusammenfassend steht die fünfte Generation des K-Pop für eine neue Balance zwischen Vergangenheit und Zukunft. Während klassische K-Pop-Elemente bewahrt bleiben, setzen Gruppen auf flexible Strukturen, diverse Musikstile und stärkere Interaktion mit der globalen Fangemeinde.

Diese Generation hat gerade erst begonnen, sich zu entfalten – und es bleibt spannend zu beobachten, welche neuen Trends sie in den kommenden Jahren prägen wird.

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Erstellt:
19. März 2025, 15:00 Uhr

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