Weinbauern in Frankreich sind wütend

Keulenschlag für die Winzer

Paris warnt vor „idiotischem“ Handelskrieg. US-Präsident Trump will die Preise für französischen Wein und Champagner durch Strafzölle verdreifachen. Aufgebrachte Winzer machen auch die EU verantwortlich.

Weinernte im Bordeaux – die US-Zölle sorgen bei den Winzern für Aufregung.

© dpa//Patrick Bernard

Weinernte im Bordeaux – die US-Zölle sorgen bei den Winzern für Aufregung.

Von Stefan Brändle

Sie sei gerade aus den Reben zurückgekommen, als sie die Neuigkeit gehört habe, erzählte Winzerin Sophie Kessler-Matière. „Ein amerikanischer Strafzoll von 200 Prozent, und das in unserem Hauptexportmarkt, das klingt schon fast surreal“, meinte die langjährige Vorsteherin des Provence-Weingutes Château Calissane. „Zuerst dachte ich, die Amerikaner hätten eine Null zu viel angehängt.“

Haben sie aber nicht. Präsident Donald Trump kündigte am Donnerstag an, dass er Wein und Champagner aus Frankreich und anderen EU-Ländern mit einer Steuer belegen werde – wenn Brüssel seine am Mittwoch beschlossenen Zölle auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey, Jeans, Zahnseide, Erdnussbutter oder Harley Davidson-Motorräder nicht sofort zurücknehme. Diese 26 Milliarden Euro schwere EU-Maßnahme war ihrerseits eine Antwort auf Trumps 25-prozentige Strafzölle für Stahl und Aluminium aus Europa. 200 Prozent Verteuerung, das hatte es im Welthandel noch kaum gegeben. Eine Ausnahme waren die rein politischen Strafzölle von bis zu 218 Prozent, die China 2020 vorübergehend gegen Australien wegen einer Covid-Kritik erlassen hatte.

Bei 200 Prozent kommt der Export zum Erliegen

200 Prozent, das bedeutet eine Verdreifachung des Flaschenpreises: Von beispielsweise 15 Euro klettert er auf 45 Euro. „Da können wir unsere US-Exporte, die über zehn Prozent unserer Produktion ausmachen, gleich einstellen“, erklärte Sophie Kessler-Matière. Weinhändler geben ihr recht: Bei 100 Prozent Strafsteuer gehe der Export jeweils um 70 Prozent zurück, bei 200 Prozent komme er ganz zum Erliegen.

Betroffen sind nicht nur unabhängige Weinbauern, sondern auch Großkonzerne wie LVMH, Pernod-Ricard oder Rémy Cointreau mit weltbekannten Weinen, Champagner-, Cognac- oder Pastis-Marken. Ihre Titel verloren an der Börse mehrere Prozentpunkte, als Trump sein Ultimatum bekanntgab.

Die französische Presse sprach am Freitag von einem „Keulenschlag für unsere Winzer“. Ihre Branche steckt bereits in einer mehrjährigen Absatzkrise des Heimatmarktes Frankreich; aber auch in China und Fernost kommen Bordeaux-Wein, Cognac oder Armagnac aus der Mode. Umso wichtiger sind die Exporte in die USA. Seit einem Handelsabkommen von 1997 führen die europäischen Winzer ihre Weine dorthin ohne Zollschranken aus. Die französische Weinbranche verkauft heute rund 15 Prozent ihrer Produktion in die Vereinigten Staaten. Dort würden Importeure und Weinhändler ebenso getroffen.

Wütende Reaktionen gibt es in Frankreich gegen Trumps Hüftschüsse, aber auch gegen die EU. Der Weinmarktberater Jean-Marie Cardebat wirft der EU einen schweren strategischen Fehler vor. Sie „kitzle“ die USA geradezu, wenn sie emblematische US-Produkte wie Jack Daniel’s oder Harley Davidson besteure. Betroffen werde gerade auch der Senator des US-Staates Kentucky, Mitch McConnell, der noch als einer von wenigen Republikanern Trump Paroli biete. Mit diesem Verhalten manövriere sich die EU-Kommission in die Sackgasse, denkt Cardebat in Bordeaux: „Wenn sie zurückkrebst, verliert sie international an Glaubwürdigkeit. Wenn nicht, verurteilt sie die französischen Weine und Spirituosen. Was für ein Irrtum!“

Vielleicht blufft Trump nur

Die französische Branche hofft noch, dass Trump nur bluffe. Premierminister François Bayrou erklärte, seine Regierung müsse hart bleiben, denn: „Wir können uns von diesem Mann nicht plattmachen lassen.“ Finanzminister Eric Lombard ruft allerdings durch die Blume zu Verhandlungen auf. Ein Handelskrieg sei kein Nullsummenspiel, vielmehr hätten beide Seiten nur zu verlieren. „Das ist idiotisch“, ärgerte sich der Minister.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte schon am Donnerstag in einer Pressekonferenz erklärt, sie bleibe offen für Verhandlungen. Ihr Kommissär werde mit dem zuständigen US-Handelsminister noch diese Woche Verhandlungen aufnehmen. Trumps Ankündigung eines bewusst überrissenen 200-Prozent-Zolls lässt allerdings nicht viel Spielraum für eine vernünftige Lösung. Die Vorsteherin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, meinte, die Handelskrieg würde zuerst die USA treffen. Ob die Botschaft in Washington ankommt, ist unsicher.

Zum Artikel

Erstellt:
16. März 2025, 12:06 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen