Angst vor Gewalt

Kevin Kühnert wurde sogar auf der Schwäbischen Alb angepöbelt

Kehrseite der Prominenz: Kevin Kühnert begründet sein Ausscheiden aus der Politik mit Anfeindungen gegen sich. Dabei geht es auch um mutmaßlich toxische Stimmungen in Baden-Württemberg.

Schafft es Kevin Kühnert noch einmal zurück in die Politik?

© IMAGO/Political-Moments/IMAGO

Schafft es Kevin Kühnert noch einmal zurück in die Politik?

Von Michael Maier

Kein klassicher Burn-Out, sondern Verzweiflung und blanke Angst: Der frühere SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert begründet sein vorläufiges Ausscheiden aus der Politik unter anderem mit Bedrohungen gegen sich, etwa von Neonazis und Corona-Leugnern. „Meine rote Linie ist da, wo Gewalt in der Luft liegt.“

„Ich bin nur 1,70 Meter groß“, sagt Kühnert der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Ausgabe vom Donnerstag, 24. April) . Selbst im Urlaub habe er sich nicht mehr sicher gefühlt und seine Ferien deshalb immer öfter in einsamen Gegenden im Hochgebirge verbracht.

Kühnert auf der Alb angepöbelt

Allerdings musste er laut „Zeit“ offenbar in immer höhere, einsamere Lagen ausweichen. Früher habe es noch gereicht, auf die Schwäbische Alb zu fahren, um ein paar Tage abzuschalten. Heute werde er dort aber in fast jedem Gasthof erkannt und gefühlt in jedem zweiten angepöbelt, so Kühnert gegenüber der Wochenzeitung.

Kevin Kühnert äußerte sich in dem Zeit-Porträt erstmals öffentlich zu seinem Ausscheiden. Er kritisiert mangelnde Zivilcourage gegen Pöbeleien, Drohungen und Anfeindungen. Außerdem habe er auch den Glauben daran verloren, gegen den Hass ankämpfen zu können, der vor allem auf Social Media verbreitet werde. „Vielleicht ist das der Punkt, wo es pathologisch geworden ist. Am Ende war da ein Gefühl von absoluter Vergeblichkeit.“

Kevin Kühnert liebt FDP-Mann

Kühnert teilte zudem erstmals mit, dass er seit einigen Jahren einen FDP-Mann liebt. Auch dank seiner Beziehung habe er noch einmal neu begriffen, wie wichtig der Respekt vor politisch Andersdenkenden sei. Der SPD-Politiker betonte: „Es braucht das ständige Bewusstsein, dass der politische Gegner auch recht haben könnte.“

Kevin Kühnert sagte der „Zeit“, er nehme links der politischen Mitte eine Unerbittlichkeit wahr, die er für ähnlich kritisch halte wie die Polemik auf der rechten Seite. Mehr als einmal war der selbst weit links stehende frühere Juso-Chef mit dem ideologisch verblendeten linken SPD-Flügel aneinandergeraten, etwa kurz vor seinem Rücktritt mit einem Interview zu Übergriffen auf schwule Männer.

Kühnert von linken Genossen enttäuscht

Kühnert meinte damals, dass er mit seinem Partner lieber nicht Hand in Hand durch Berlin gehen wolle und führte das auch auf die vielen homophoben Sprüche von Muslimen zurück. Daraufhin gab es einen Shitstorm gegen Kühnert – manche Genossen erklärten ihn kurzerhand zum Rassisten. Wahrscheinlich auch Jusos von der Sorte, die den Begriff „Islamismus“ heute am liebsten aus ihrem Neusprech und dem normalen Sprachgebrauch verbannen wollen. Wenn es nach ihnen geht, zur Vorbeugung gegen „Islamfeindlichkeit“.

Kevin Kühnert: Lebenslauf, Karriere, Partner

  • Geburtsdatum: 1. Juli 1989
  • Geburtsort: Berlin
  • Familie: Einzelkind aus Beamtenhaushalt (Mutter Arbeitsamt, Vater Bezirksamt)
  • Ausbildung: Studium in Publizistik und Kommunikationswissenschaft (ohne Abschluss)
  • Beruf: Bundestagsabgeordneter, Callcenter-Mitarbeiter
  • Gehalt: Monatliche Diäten von 11.227,20 Euro
  • Pensionsanspruch: monatlich 1122 Euro ab dem Jahr 2056
  • Eintritt in die SPD: 2005 (mit 16 Jahren)
  • Juso-Bundesvorsitzender: 2017-2021
  • SPD-Generalsekretär: Dezember 2021 bis Oktober 2024
  • Persönliches: Offen homosexuell, hat einen Partner mit FDP-Parteibuch
  • Hobbys: Bergwandern, Alpinismus

Der ehemalige SPD-General schließt laut „Zeit“ aktuell übrigens nicht aus, noch einmal in die Politik zurückzukehren: „Ich bin nicht ausgestiegen, weil ich das alles lächerlich oder überflüssig fände“, sagte er. Auch die mögliche Notwendigkeit einer Therapie für den ehemaligen Stammgast der quotenstarken deutschen Talkshows wie „Markus Lanz“ wird in dem Interview aber in den Raum gestellt – die bittere Kehrseite der Prominenz von Kevin Kühnert.

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Erstellt:
24. April 2025, 11:26 Uhr
Aktualisiert:
24. April 2025, 13:56 Uhr

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