Klassiker treffen slowakische Werke

Stanislav Šurin beeindruckt beim Internationalen Orgelzyklus mit Programm und musikalischer Präsenz.

Stanislav Šurin kann nicht nur aus einem bemerkenswerten Repertoire auswählen, sondern hat auch eigene Kompositionen vorgestellt. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Stanislav Šurin kann nicht nur aus einem bemerkenswerten Repertoire auswählen, sondern hat auch eigene Kompositionen vorgestellt. Foto: Stefan Bossow

Von Petra Neumann

Murrhardt. Beim 37. Konzert des Internationalen Orgelzyklus in der Stadtkirche waren hierzulande wenig bekannte Stücke zu hören, denn der slowakische Organist Stanislav Šurin hatte aus seinem bemerkenswerten Repertoire Kompositionen ausgewählt, die auf dem traditionellen slowakischen Musikfundus basieren. In seiner Einführung erzählte der Musiker, dass die slowakische Stadt Leutschau (Levoča) früher ein wichtiges Musikzentrum gewesen sei. In den Jahren 1660 bis 1670 wurden über 100 Weisen festgehalten und von Jan Valach für Orgel bearbeitet. Auffallend ist, dass die tradierten Weisen die eher nachdenkliche, nahezu melancholische Grundstimmung Alter Musik aufweisen, doch in dieser Version einen nahezu festlichen Unterton erhalten. Die Tonsetzung erfährt immer neue Facetten und obgleich die Notenwerte sehr flink und lebendig sein können, wirken sie wie von einer besonnenen Präsenz gelenkt und in Zaum gehalten.

Von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750) stellte der Künstler die berühmte „Toccata und Fuge d-Moll, BWV 565“ vor und konnte auf der Orgel wirklich in die Vollen gehen. Dadurch erhielt das Werk eine Intensität wie ein gewebter, elektrisierender Klangteppich und erfüllte in seiner Schönheit und Vielschichtigkeit den Kirchenraum.

César Franck (1822 bis 1890) griff in seinem Werk „Prélude, Fugue et Variation, op.18“ auf Elemente der Barockmusik zurück. Die Klänge sind irdisch und doch von einer Sehnsucht erfüllt, die das anstrebt, was jenseits des Vorstellungsvermögens liegt. Die Musik ist daher zeitlos.

Der Komponist Petr Eben (1929 bis 2007) beschäftigte sich viel mit den Werken des mährischen Philosophen und Theologen Johann Amos Comenius (1592 bis 1670). „Die süßen Ketten der Liebe“ aus „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens“ erzählt von der bittersüßen Ambivalenz von Liebesbeziehungen. Auch hier wirkt die Melodie von einer wehen Traurigkeit durchzogen und fern, gleichsam zwischen Realität und Fiktion schwebend. Sie scheint sich des Wunderbaren und des Wunders bewusst zu sein, aber auch, dass sie einer anderen Sphäre angehört und nicht der Wirklichkeit, weswegen sie mitunter rastlos wirkt, um schließlich doch noch ein harmonisches Ende zu finden.

Auch Stanislav Šurin ist Komponist und hat drei seiner Werke vorgestellt. Er selbst sagte von sich: „Ich bin von unterschiedlichen Musikrichtungen beeinflusst und komponiere nicht atonal.“ Er präsentierte aus seinem Werk „A Modale Prelude“, „Nostalgia for Alenka“ und „Fanfare“. „Fanfare“ bezieht sich auf eine Hochschule in Bratislava. Auch in Šurins Eigenkompositionen sind die Einflüsse der traditionellen wie auch der kirchlichen Musik hörbar. Obgleich das jeweilige Thema eher übersichtlich erscheint, wird es von komplexem musikalischem Dekor umrankt. Die Vielfalt der klanglichen Möglichkeiten der Orgel weist den Kompositionen vielschichtige räumliche und zeitliche Ebenen zu, so als wollten diese den Zuhörer in unterschiedliche Zeiten und Schauplätze entführen.

Voller Trauer und Schwermut ist die „Melodia“ des ukrainischen Tonsetzers Myroslaw Skoryk (1938 bis 2020). Der Organist spielte dieses emotional aufwühlende Werk als Hommage an die Ukraine. Jiří Ropek (1922 bis 2005) stammte aus Tschechien. „Er war ein sehr guter Organist und Improvisator. Seine „Variations on ,Victimae Paschali Laudes‘“ wurden zum ersten Mal in Großbritannien herausgegeben. Sie bedienen sich des französischen Stils, doch basiert die Musik nicht auf französischen Musikelementen“, erläuterte Stanislav Šurin. Gemäß der Leidensgeschichte ist die Melodie schwer und bedrückend und doch so gehalten, als würde hinter allem Leid das große Licht scheinen, das die Erlösung bringt.

Der mit Ehrenpreisen bedachte Organist hat dieses wirklich eindrucksvolle und besondere Konzert nicht nur ausgezeichnet gestaltet, sondern es war auch viel persönliches Engagement an diesem Abend zu spüren.

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Erstellt:
30. April 2024, 06:00 Uhr

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