„Tatort“-Kritik
„Lass sie gehen“: Wie war der neue „Tatort“ aus Stuttgart?
Der neue Stuttgarter „Tatort“ hat überzeugend die schwer erträgliche Enge des Dorflebens gezeigt. Der Preis ist hoch, egal, ob man ausbricht oder bleibt.

© SWR / Benoît Linder
Die Eltern (Moritz Führmann und Julika Jenkins) der Toten schwanken zwischen Disziplin und Verzweiflung.
Von Adrienne Braun
Was taugt „Lass sie gehen“? Der neue „Tatort“ aus Stuttgart im Schnellcheck.
Die Handlung in zwei Sätzen
Hanna hat die enge Heimat, das Gasthaus der Eltern und den Ex im Einfamilienhaus verlassen, um in Stuttgart ein freieres Leben zu suchen. Als sie ermordet wird, tun sich Abgründe in der engen Dorfgemeinschaft auf, die ihr den Ausbruch verübelt hat.
Zahl der Leichen
2
Eisern
Auch wenn manches Klischee bedient wird, wirkt es überzeugend, wie in dem Provinznest der Pietismus regiert: „Nicht hängen lassen! Nicht aufgeben!“ – so lautet die Devise. Eigene Wünsche und Bedürfnisse müssen unterdrückt werden.
Hairstyling
Toleranz und Freiheit beginnen im Kopf – nicht darauf. Deshalb konnte Martin (Sebastian Fritz) seine Ex auch mit gefärbten Haaren nicht zurückgewinnen.
Illusion
Von wegen große Freiheit in der Großstadt. Auch in Stuttgart ist das Opfer angeeckt bei den Nachbarn und war zu laut, zu wild und hatte „komische Freunde, die haben nicht mal gegrüßt.“
Tragik
Der Preis für die Anpassung ist hoch – die einen werden gewalttätig, die anderen zerbrechen innerlich am Druck.
Unser Fazit
Der Autor und Regisseur Andreas Kleinert hat den Widerspruch zwischen Freiheit und Enge auf vielen Ebenen überzeugend durchgespielt und trotz ruhiger Erzählweise die Spannung durchweg gehalten.
Spannung
Note 2
Logik
Note 2

© SWR/Benoît Linder
Thorsten Lannert (Richy Müller, l.) und Sebastian Bootz (Felix Klare) führt ein Mord aufs Land in den Gasthof Hirsch. Die Tochter der Wirtsleute wurde ermordet.

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Luise Riedle (Julia Jenkins) versucht Haltung zu bewahren, aber der Tod ihrer Tochter wirft sie aus der Bahn. Die beiden hatten Streit.

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Hannes Riedle (Moritz Führmann) hatte Verständnis für den Freiheitsdrang der Tochter, die ein neues Leben in der Stadt beginnen wollte.

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Emma Riedle (Irene Böhm) fühlte sich von der Schwester im Stich gelassen, weil sie allein in der Gaststätte der Eltern helfen muss. Thorsten Lannert (Richy Müller,l.) und Sebastian Bootz (Felix Klare) versuchen, mit ihr zu reden.

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Sebastian Bootz (Felix Klare) kehrt nach Stuttgart zurück, wo das Opfer seine Freiheit genossen hatte.

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Das Verhältnis der Toten zu Pia (Hannah Elischer) scheint sehr eng gewesen zu sein.

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Marek Gorsky (Timocin Ziegler) hat das Opfer geliebt. Die Dorfbewohner halten ihn für den Täter, zumal er Migrationshintergrund hat.

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Hannes Riedle (Moritz Führmann) ist hin- und hergerissen zwischen seinem eigenen Wunsch nach Freiheit und Toleranz – und den Erwartungen der Dorfgemeinschaft und seiner Frau.

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Sebastian Bootz (Felix Klare, l.) und Thorsten Lannert (Richy Müller) führt ein älterer Fall in die Stuttgarter Stadtbibliothek.